Ja! Natürlich präsentiert erste Studienergebnisse zur Zukunft des Marktes.
Seit 20 Jahren gibt es die Biomarke „Ja! Natürlich“. Für die Geschäftsführerin der Vermarktungsschiene, Martina Hörmer, Anlass, den Blick in die Zukunft zu richten, um künftige Markttrends aufzuspüren. „In einem Zeitalter von radikaler Transparenz, in der sich Ernährungsgewohnheiten immer stärker differenzieren, wird die Art, sich zu ernähren, immer mehr zu einer Ausdrucksform des eigenen Seins, des persönlichen Lebensstils, der eigenen Identität. Die Ernährungsweise definiert den Platz in der Gesellschaft“, zitierte David Bosshart, Schweizer Trendforscher und Geschäftsführer des Gottlieb Duttwieler Institutes (GDI), heute erste Zwischenergebnisse einer von Rewe in Auftrag gegebenen Studie in Wien. Auf Basis von „Acht Fragen über die Zukunft von Bio“ sollen somit wichtige künftige Entwicklungen analysiert werden. Die Frage, ob Bio Gefahr laufe, sich überflüssig zu machen und Opfer seines eigenen Erfolgs zu werden, verneint Bosshart: „Nein, Bio ist eine Grundvoraussetzung. Es wird sich weiterentwickeln und differenzieren.“
Sich gut zu ernähren, sei heute zu einem Statussymbol geworden, führte der Experte weiter aus. „Food, Sex und Real Estate seien die drei Dinge, für die es sich etwa derzeit in New York lohne, einen Status zu erarbeiten. Dabei gehe es darum, zu zeigen, dass man etwas über Nahrungsmittel weiß. „Wer heute kompetent über Ernährung sprechen kann, hat einfach einen anderen Status“, betonte Bosshart. Sex bedeute, dass man auf gutes Aussehen Wert legt, und sich gut repräsentieren kann, und Real Estate beschreibe, in welcher Umgebung man lebt.
Konsumenten legen Wert auf Ehrlichkeit und Authentizität
Laut dem Trendforscher werde sich Bio mit zunehmender Konkurrenz künftig wieder neu erfinden müssen. Durch die Fülle an Informationen und den Trends hin zu Ländlichkeit, nachhaltiger Produktion sowie „Urban Farming“ steige auch bei Bio der Druck, sich besser erklären zu müssen. Reine Marketingkampagnen würden künftig aber nicht mehr reichen, um an den Konsumenten heranzukommen. Diese wollen in Fragen der Ernährung involviert sein und an den Informationen teilhaben. „Nur wenn Verbraucher Dinge vertieft kennenlernen, haben sie Interesse, darüber zu sprechen“, weiß Bosshart. Deshalb müsse Bio in Zukunft noch besser kommuniziert werden. „Bei zunehmender Wissenschaft und Technologie in den Produkten wachsen die Sehnsüchte nach Romantik und Natürlichkeit“, sieht der Trendforscher ein Spannungsfeld. Hier gehe es aber um eine Balance und nicht um das Übertreiben. „Wenn ich ausschließlich Romantik in den Vordergrund stelle, dann wissen die Konsumenten, dass das nur Werbung ist. Man muss versuchen, ehrlich zu sein – die Bilder sollen der Realität entsprechen“, so Bosshart. „Die Konsumenten wissen, dass es keinen Idealzustand gibt, aber sie möchten auf eine ehrliche authentische Weise ihre Sehnsucht nach naturnaher und korrekter Produktion sowie optimalem Vertrieb befriedigt haben“, ergänzte der Trendforscher.
Hörmer erklärte daraufhin, dass mit dem Schwein in der Ja!
Natürlich-Werbung die Verständlichkeit sowohl für den Konsumenten als auch für den Produzenten erhöht wurde. „Werbung überzeichnet, und eine Landwirtschaft, wie wir sie in unseren Werbespots zeigen, findet man nicht überall vor – ist aber vorhanden. In Summe hat die Kampagne Einmaliges geleistet und ich kenne keine andere, die über zehn Jahre so erfolgreich war“, verteidigte sie die TV-Marketingstrategie von Ja! Natürlich.
Wettbewerb wird härter
Die Attribute natürlich, frisch, saisonal und fair werden laut Bosshart in Zukunft beim Lebensmittelkauf weiter an Bedeutung gewinnen, die aber auch in einem permanenten Dialog mit den Konsumenten ausgewiesen werden müssten. Die verschiedenen Trends wie Fair Trade, Bioprodukte oder Slow Food seien alle positiv besetzt, was innerhalb dieser bionahen Bewegungen einen Kampf und Wettbewerb auslöse. „Der Punkt ist, wem der Konsument in Zukunft das Vertrauen gibt“, legte der Experte dar. „Je mehr sich die Märkte fragmentieren und Sehnsüchte ausdifferenzieren desto wichtiger wird das Grundvertrauen und desto bedeutender wird auch die Lust, mit einem Anbieter mit bestimmten Produkten weiterzuleben“, erläuterte der Trendforscher. Die klassische Markenartikelindustrie werde es hier in Zukunft eher schwierig haben, weil sie unter anderem bei den Themen Convenience und Frische weniger nahe beim Konsumenten seien als etwa die Bioprodukte. Dennoch beobachtet Bosshart bei den Konsumenten auch eine gewisse Schizophrenie. „Obwohl es einen verstärkten Konsumpatriotismus gibt, pendeln teilweise die Konsumenten in der Schweiz etwa nach Süddeutschland, weil hier die Rinderfilets um 70% billiger sind.“
Wochenmärkte und Kleinproduzenten gewinnen an Bedeutung
Am künftigen Lebensmittelmarkt gehe es laut Bosshart darum, das „gute Leben“ noch besser zu kapitalisieren, wozu eine perfekte Mischung zwischen dem Wissenschaftlichen und dem Romantischen nötig sei. Hinsichtlich des Vertriebes sieht der Experte einen starken Trend hin zum Wochenmarkt und zu den Kleinproduzenten. Zudem werde „Urban Farming“ ein großes Thema werden und die Produktionsstandorte seien eine weitere künftige Herausforderung. „Hier muss man Antworten finden, wie neue Anbaumethoden profiliert werden können“, so der Experte. „Bio hat die Chance, mit der Verankerung des guten Geschmacks aus verantwortungsbewusster Produktion weiter in die Zukunft hineinzugehen. Für die Sparte ergibt sich künftig die Aufforderung, die Vernunft der Konsumenten sowie lustvolles Essen noch stärker zu thematisieren. Insgesamt gibt es für den biologischen Lebensmittelmarkt noch Potenzial, zu wachsen, weil das Sehnsuchtsfeld der Menschen weiter konstant wachsen werde“, schlussfolgerte Bosshart.
Die endgültigen Ergebnisse der Studie sollen auf dem Rewe-Stakeholder-Forum Anfang September präsentiert werden.
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