Interview der Woche: Erwin Dirnberger

von Karl Brodschneider

Gemeindebund-Präsident Erwin Dirnberger über eine bundesweite Bürgermeister-Umfrage und die Wahlwiederholung in fünf Gemeinden.

NEUES LAND: Der Gemeindebund hat unter den Bürgermeistern in ganz Österreich eine Umfrage zur Corona-Krise durchgeführt. Demnach bewerten 93 Prozent der Gemeindechefs die von der Bundesregierung gesetzten Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Krise als notwendig. Deckt sich das auch mit Ihren Erfahrungen?

Erwin Dirnberger: Ja, das deckt sich. Uns im Gemeindebund war es immer wichtig, dass wir die Inhalte der jeweiligen Verordnungen des Bundes unseren Gemeinden in eigenen Mitteilungen rasch und klar erklärten. Im Sommer hat sich die Lage etwas entspannt, aber jetzt kommt es ganz stark auf die Eigenverantwortung von uns allen an, denn einen zweiten Lockdown müssen wir verhindern, das können wir uns nicht leisten.

Unterstützung des Bundes

NL: Zwei Drittel der Bürgermeister machen sich Sorgen um die wirtschaftlichen Folgen der Krise für ihre Gemeinden. Ist die vom Bund initiierte Gemeinde-Milliarde für regionale Initiativen zu wenig gewesen?

Dirnberger: Die Sorgen sind berechtigt. Es gab ein großes Minus bei den Ertragsanteilen. Das sind die Steuermittel, die auf Bund, Länder und Gemeinden aufgeteilt werden. Wir hatten damit gerechnet, dass wir bei den Ertragsanteilen bis 2024 jährlich einen Zuwachs von zirka vier Prozent erwarten konnten. Stattdessen gab es jetzt ein starkes Minus. Das wird – auf das Jahr 2020 hochgerechnet – zwischen 10 und 15 Prozent betragen. Die Gemeinde-Milliarde des Bundes ist sehr positiv, weil die Unterstützung für die Kommunen sehr unkompliziert erfolgt und die regionale Wirtschaft fördert. Wichtig war, dass auch der Wegebau und die Sanierung der Straßen in dieses Programm aufgenommen wurden. Dafür hat der Gemeindebund besonders stark gekämpft.

Von der Bundes-Milliarde entfallen 138 Millionen Euro auf die steirischen Gemeinden. Auch das Land unterstützt die Gemeinden mit weiteren 69 Millionen Euro. Dafür möchte ich mich bei den beiden Gemeindereferenten, unseren Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer und den Stellvertreter Anton Lang, besonders bedanken. Spannend wird es beim neuen Budget für das nächste Jahr, weil die Gemeinden mit weniger Ertragsanteilen und oftmals auch Kommunalsteuer-Einbußen das Auslangen finden müssen. Wir werden uns sehr bemühen, dass der Bund den Gemeinden auch im Jahr 2021 eine weitere Unterstützung zukommen lässt.

NL: Wenn Sie jetzt von Bürgermeistern zum Thema Corona-Krise angesprochen werden, was sind da die häufigsten Fragen?

Dirnberger: Sehr oft geht es um das Dienstrecht und um Veranstaltungen.

NL: In der Krisenzeit drängte alles zu Home-Office und Home-Schooling. Glauben Sie, dass der Breitbandausbau für ein leistungsfähiges Internet jetzt schneller von statten gehen wird?

Dirnberger: Gerade die Corona-Krise hat uns gezeigt, dass ein leistungsfähiges Internet genauso notwendig ist wie Strom, Wasser, Kanal und die Zufahrt. Der Ausbau ist enorm wichtig, wird aber nur erfolgen, wenn das Angebot von einem Großteil der Bevölkerung sofort genützt wird.

Wahlwiederholung

NL: Eine Frage noch zu den Gemeinderatswahlen. Hat es Sie überrascht, dass Wahlanfechtungen dazu geführt haben, dass in fünf Gemeinden neu gewählt werden muss?

Dirnberger: Es gibt bei Wahlen immer Anfechtungen – wie auch in anderen Bundesländern. Wir müssen sehr darauf achten, dass wir die Spielregeln genau einhalten. Das gilt besonders bei der immer wichtiger werdenden Briefwahl. Gerade bei der letzten Bundespräsidentenwahl haben wir das gesehen. Ein Lob möchte ich allen Gemeinden und Wählern aussprechen, dass sie mit den Corona-Präventionsmaßnahmen so sorgsam umgegangen sind.

Zur Person

Seit 30 Jahren ist Erwin Dirnberger  Bürgermeister. Von 1990 bis 2015 stand er an der Spitze der Gemeinde St. Johann-Köppling. Dann kam es zur freiwilligen Fusion mit Söding, seither leitet er die Fusionsgemeinde Söding-St. Johann. Seit 1996 ist der Landtagsabgeordneter und seit dem Jahr 2007 Präsident des Steiermärkischen Gemeindebundes.

 

Beitragsfoto: Brodschneider

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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