Im Interview: Karl Heinz Snobe

von Karl Brodschneider

AMS-Geschäftsführer Karl Heinz Snobe über die neuesten Arbeitslosenzahlen und seine wachsenden Sorgen vor einem Fachkräftemangel.

 

NEUES LAND: Die neuesten Arbeitslosenzahlen für die Steiermark liegen vor. Wie viele Menschen sind derzeit bei AMS als arbeitslos gemeldet? 

Karl Heinz Snobe: Ganz aktuell haben wir mit Ende Mai in der Steiermark etwas über 33.700 arbeitslose Menschen vorgemerkt. Dazu kommen 9100 Steirerinnen und Steirer, die derzeit an Schulungen teilnehmen. Beide Zahle sind natürlich höher als in den vergangenen Jahren mit Ausnahme des katastrophalen Coronajahres 2020. Das heißt, wir haben jetzt um 21.000 Arbeitslose weniger als im Mai 2020, aber um 4100 mehr als im Mai 2019. Ich erinnere aber daran, dass wir im Mai 2019 Hochkonjunktur hatten.

NL: Gibt es Bezirke, die aus dem Rahmen fallen?

Snobe: Wir haben schon vier Arbeitsmarkt-Bezirke, die mit den Arbeitslosenzahlen bereits unter dem Wert von 2019 liegen. Das sind Liezen, Murau, Feldbach und Weiz.

NL: Sie haben die Schulungen angesprochen. Was sind deren Schwerpunkte?

Snobe: Wir legen einen sehr großen Schwerpunkt auf den Pflege- und Gesundheitsbereich. Das hat auch damit zu tun, dass die Steiermark die meisten Pflegeplätze und Pflegeheime von allen Bundesländern hat. Darüber hinaus bilden wir in den klassischen Bereichen aus, die stark von der Industrie getrieben werden. Metall und Elektro sind nach wie vor unsere stärksten Ausbildungsbereiche. Ganz neu ist der Bereich Digitalisierung und IT.

Fachkräftemangel

NL: Industrie und Wirtschaft klagen über einen immer stärker spürbar werdenden Fachkräftemangel. Können Sie diese Klagen teilen?

Snobe: Ja natürlich! Das Drama um den Fachkräftemangel wird uns so schnell einholen, wie wir es gar nicht glauben können. Mittlerweile ist die größte Herausforderung in der Arbeitsmarktpolitik die demographische Veränderung. Wenn ich die gegenwärtigen Entwicklungen fortschreibe, werden wir bis zum Jahr 2030 ein eklatantes Problem bei den Fachkräften haben.

NL: Wie kann man dagegen steuern?

Snobe: Erstens müssen wir das Alter am Arbeitsmarkt anders positionieren. Zweitens müssen wir uns die Frage stellen, ob man bei Frauen in so hohem Maße in Handwerks- und technischen Berufen auf ihre Arbeitskraft verzichten kann. Drittens muss man dazu übergehen, dass man die duale Ausbildung nicht mehr rund um das 16. Lebensjahr von jungen Menschen denkt, sondern für die Zeit vom 16. bis zum 25. Lebensjahr. In diesem Zusammenhang spreche ich von Erwachsenenlehre. Wenn man diese Potentiale nutzt und ein bisschen Glück mit dem Zuzug von qualifizierten Arbeitskräften hat, werden wir den Knick bewältigen.

In Kurzarbeit

NL: Mit den Kurzarbeitsmodellen der Bundesregierung sind viele Betriebe relativ gut durch die Pandemie gekommen. Wie ist da der aktuelle Stand?

Snobe: Wir hatten im Frühjahr 2020 den höchsten Stand an Kurzarbeit. 14.000 der 40.000 steirischen Betriebe, die zumindest einen Mitarbeiter beschäftigt haben, waren in Kurzarbeit. Der Höchstwert waren 150.000 Menschen, die in der Steiermark gleichzeitig in Kurzarbeit waren. Im Sommer vorigen Jahres ging die Zahl auf 3000 Betriebe zurück. Jetzt liegen wir bei zirka 6000 Betrieben mit 40.000 unselbständig Beschäftigten in Kurzarbeit. Das nimmt aber von Tag zu Tag massiv ab, weil die Wirtschaft jetzt voll hochfährt. Die Corona-Kurzarbeit war während der Lockdown-Phase das richtige Instrument. 

Zur Person

Karl Heinz Snobe ist gebürtiger Kärntner und wuchs in St. Andrä im Lavanttal auf. Aufgrund des Studiums (Erziehungswissenschaften, Jus) kam er nach Graz und war ab 1987 nebenbei im damaligen Arbeitsamt Graz tätig. 2002 wurde er stellvertretender Landesgeschäftsführer des Arbeitsmarktservice Steiermark, seit 2004 ist er dessen Landesgeschäftsführer. 

 

 

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