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Katastrophale Erzeugerpreise stellen die steirischen Bäuerinnen und Bauern derzeit – wie berichtet – vor enorme Herausforderungen. Bauernbund-Bezirksobleute beschreiben die dramatische Situation aus ihrer Sicht und stellen klare Forderungen an die verarbeitende Industrie, Lebensmittelketten und die Politik.
- Hauptbezirksobmann Christian Polz, Deutschlandsberg: „Wir sind derzeit mit einer außergewöhnlichen Situation konfrontiert. Im letzten Schweinezyklus hat es kein richtiges Hoch mehr gegeben und das bereitet mir große Sorgen. Die dadurch entstandenen, fehlenden Einnahmen gefährden die Zukunft unsere Familienbetriebe enorm. Gerade in unseren kleinen Strukturen konnten viele Höfe nur durch die Veredelungswirtschaft überleben. Können keine Ersatzinvestitionen mehr durchgeführt werden, wird der Betrieb über kurz oder lang zugesperrt. In den letzten Jahren konnten wir bereits einen massiven Rückgang bei Stallinvestitionen im Schweinebereich feststellen. Deshalb fordere ich gesetzliche Rahmenbedingungen im Bereich der Kennzeichnung. Unsere Konsumenten schätzen heimische Qualität und kaufen diese auch.“
- Hauptbezirksobmann Martin Hebenstreit, Murau: „Ganz so dramatisch wie im Obst- und Schweinebereich ist die Preissituation im Rinderbereich nicht. Obwohl der Export von trächtigen Kalbinnen sehr schwierig ist und auch die Jungkalbinnen und der Kälbermarkt immer mehr unter Druck kommen, hoffen wir auf eine baldige Trendumkehr. Es bleibt zu hoffen, dass sich der Milchmarkt weiter stabilisiert. Große Sorge bereitet uns allerdings der „Zurück zum Ursprung“-Milchbereich, wo die angebotenen Mehrerlöse die Investitionskosten bei weitem nicht abdecken. Es ist zu befürchten, dass viele Landwirte in unserem Bergebiet die baulichen Anforderungen der Handelsketten nicht erfüllen können. Es gilt daher der Appell an den Handel, unsere gepflegte Kulturlandschaft nicht zu Werbezwecken zu missbrauchen, sondern faire Preise zu zahlen.“
- Hauptbezirksobfrau Simone Schmiedtbauer, Graz-Umgebung: „Eine Aussage bei einem Kongress in Linz hat mich jüngst sehr beeindruckt und nachdenklich gemacht: Es hieß, Landwirtschaft und Medizin seien gleich wichtig, weil beide die Menschen am Leben erhalten. Das stimmt absolut und hat auch einen starken Bezug zum schmerzhaften Thema der Preismisere: Für Medizin sind wir jederzeit bereit, tief in die Taschen zu greifen, Lebensmittel hingegen dürfen nur sehr wenig kosten. Das Gefühl für die Bedeutung von Lebensmitteln ist in unserer Gesellschaft verloren gegangen –ein Umdenken muss her.“
- Hauptbezirksobmann Sepp Wumbauer, Weiz: „Investitionen in vielen Sparten der Landwirtschaft sind mittlerweile zum Hochrisikogeschäft geworden! Wir sind in der freien Marktwirtschaft angekommen. Notwendige Investitionen sind für die Bauern kaum mehr kalkulierbar, auftretende Marktstörungen kann man nicht beeinflussen. Hohe Kosten und deutlich höhere Standards bei uns in Österreich erschweren die Vermarktung. Die Erhaltung unserer einzigartigen Kulturlandschaft in der jetzigen Form braucht daher deutlich mehr Patriotismus von Seiten des Gesetzgebers, der Verwaltung und vor allem der Konsumenten.“
- Hauptbezirksobmann Leo Madl, Murtal: „Neben den niedrigen Erzeugerpreisen für unsere top qualitativen Lebensmittel, setzen uns vor allem die Rahmenbedingungen mehr und mehr zu. So gibt es keine Indexanpassung bei den Ausgleichzahlungen. Jeder Arbeitnehmer bekommt jährlich eine Gehaltsanpassung. Unsere Ausgleichszahlungen hingegen werden Jahr für Jahr weniger wert. Die Preise für landwirtschaftliche Maschinen und Geräte sowie die Kosten für Dienstleistungen der Bauwirtschaft steigen. Auch im Forst werden Arbeit und Transport stetig teurer, der Preis für das produzierte Rundholz hingegen nicht.“
- Hauptbezirksobmann Andreas Steinegger, Leoben: „Wer meint, der Bezirk Leoben ist auf Grund der nur wenigen Schweinebetrieben oder Gemüsebauern gänzlich von den derzeitigen Produktpreisproblemen ausgenommen, der irrt. Auch Pressobst ist im Preis verfallen oder wird überhaupt nicht abgenommen. Angedachte Außer-Nutzungsstellungen wären vor allem im Sektor Forstwirtschaft höchst prekär. Die Industrie braucht Holz und wir könnten nicht liefern. Holzimporte hätten negative Auswirkungen auf unsere Preise. Aber auch Nutzungskonflikte wie etwa mit dem Wolf bringen unsere Bauern zur Verzweiflung.“
- Hauptbezirksobmann Günther Rauch, Südoststeiermark: „Unser Bezirk ist von Vielfalt und kleinbäuerliche Struktur geprägt. Aufgrund der Anzahl der Betriebe und der intensiven Veredelungswirtschaft kann er als stärkster Agrarbezirk Österreichs bezeichnet werden. Neben den Dauerkulturen Obst und Wein sind es vor allem die Spezialkulturen und der Gemüsebau, aber auch die Veredelungswirtschaft, die die Wertschöpfung ermöglichen. Derzeit bereiten niedrigste Preise bei den Schweinen, aber auch bei Äpfel, Streuobst, Holunder, Aronia und Mais, große Sorgen. Ärgerlich ist, wenn Tonnen von Paradeisern, die in mühevoller Arbeit in Erde gewachsen produziert werden, unverkäuflich sind und vernichtet werden. Da kommt Zorn auf, wenn dann noch der Lebensmittelhandel auf Kosten und am Rücken der Bauern mit Regionalität Werbung macht.“
- Hauptbezirksobmann Gerald Holler, Leibnitz: Die Preissituation in der Landwirtschaft ist in vielen Bereichen äußerst schlecht. Vor allem im Ackerbau und der Schweinehaltung ist in den letzten Jahren eine desaströse Entwicklung zu erkennen. In Leibnitz haben viele Klein- und Mittelbetriebe in diesem Betriebszweig bereits das Handtuch geworfen. Nach drei äußerst schlechten Jahren hatten wir im letzten Jahr annehmbare Schweinepreise, doch nach dieser kurzen Atempause erfolgte im heurigen Jahr wieder die Ernüchterung. Die Preise aller Ausgaben steigen. Seien es die Kosten für Saatgut, Pflanzenschutzmittel, Arzneimittel, Maschinen. Wir fordern eine ehrliche Kennzeichnung in der Verarbeitung und der Gastronomie. Vom Erfolg, den die Wirtschaft durch den Beitritt zum großen europäischen Markt hat, müssen auch wir Bauern profitieren können.
Beitragsbild: agrarfoto.com