Eine Frage des Geschmacks

von NEUES LAND

Welche Apfelsorten werden wir in Zukunft anbauen und essen? Ein Thema, das sich ständig weiterentwickelt und dabei so aktuell wie noch nie ist.

Schon Erzherzog Johann war es ein besonderes Anliegen, neue Apfelsorten zu beschaffen. Sein Lieblingsapfel war die steirische Schafsnase, ein um 1800 entstandener Zufallssämling, der mit seiner orange-roten Farbe besticht. Heute nur noch in wenigen Hausgärten zu finden, entsprechen solche alten Sorten oft nicht mehr dem Geschmacksempfinden der meisten Konsumenten. Andere, die es täten, haben nur geringe Erträge oder sind nicht lange haltbar. Und damit sind wir schon mitten im Problem, das derzeit sehr viele Obstbauern beschäftigt – die Sortenfrage.

Thomas Rühmer, Sortenexperte an der Versuchsstation für Obst- und Weinbau in Haidegg dazu: „Um die Problematik zu verstehen, muss man drei Perspektiven berücksichtigen. Erstens die des Konsumenten: Er möchte wohlschmeckende Früchte und diese im Geschäft auch wiedererkennen. Zweitens die des Produzenten: Er will einen stabilen, möglichst hohen Ertrag und wenig Probleme in der Produktion. Drittens die des Handels: Dieser möchte, dass die Früchte nahezu unbegrenzt haltbar und rundherum gleich gefärbt sind.“ Diese drei Blickwinkel zu vereinen scheint naturgemäß sehr schwer, doch was bedeutet das nun für die Steiermark?

Thomas Rühmer Haidegg

Thomas Rühmer, Sortenexperte an der Versuchsstation für Obst- und Weinbau in Haidegg. Foto: Haidegg

Ein Erlebnis

Rühmer weiter: „Derzeit überwiegen bei uns sicher die Bedürfnisse von Handel und Produktion – der Geschmack steht eher im Hintergrund. Unsere Hauptsorten sind geschmacklich zwar in Ordnung, aber sicher nicht überragend. Die Maximierung der Produktionsmengen pro Hektar und eine tendenziell oft zu frühe Ernte, um die Lagerfähigkeit zu erhöhen, wirken sich teilweise negativ auf den Geschmack aus.“ Daher gibt es für den Experten nur einen Schluss daraus: „Einen Apfel zu essen muss wieder ein Erlebnis werden. Oft genug sehe ich die überraschten Gesichter von Besuchern in Haidegg, die sehr wohlschmeckende Sorten verkosten und so etwas offensichtlich noch nie gegessen haben.“ Eine Chance auf die Rückkehr zu alten Apfelsorten sieht Rühmer nicht: „In der Direktvermarktung und mit kleinen Mengen im Handel haben Sorten wie Kronprinz Rudolf, Rubinette und Cox Orange immer einen Platz. Für unsere heutigen Ansprüche am Markt sind sie aber nicht geeignet.“ Doch wo geht die Reise nun hin?

Clubsorten

Rühmer: „Die Situation ist derzeit noch schwer einzuschätzen, da weltweit an extrem vielen Neuzüchtungen gearbeitet wird. Wichtig ist ein wohlschmeckender Apfel, der aber die Basisanforderungen von Produktion und Handel auch gewährleistet. Die Topliga heißt derzeit Kanzi, Natyra oder Morgana.“ Hinter diesen ungewohnt klingenden Namen verbergen sich sogenannte Clubsorten. Diese unterliegen einer zentralen Kontrolle und werden nur von einer begrenzten Zahl an Produzenten – dem Club – unter einem eigenen Markennamen in den Handel gebracht. Während der Sortenschutz für Neuzüchtungen für 30 Jahre besteht, kann der Name als Markenzeichen unbeschränkt lange weiter geschützt werden.

Clubsorte Natyra

Die Clubsorte Natyra, ein aufgehender Stern am Sortenhimmel. Foto: Haidegg

Ein Spezialist auf diesem Gebiet ist auch Jürgen Wieser, Prokurist bei der Firma Kröpfl Obsthandel in Sebersdorf. Er sieht neben Vorteilen in der Steuerung von Anbau und Produktionsmenge auch einen Mehrwert im Geschmack, gibt aber auch zwei Dinge zu bedenken: „Einerseits ist es auch sinnvoll, wenn eine Clubsorte in eine gewisse Nische passt. Beispielsweise die Marke Sweetango, die sehr früh reift und deutliche Vorteile zu anderen Sorten in diesem Segment bietet. Andererseits werden bei der Produktion einer Clubsorte auch hohe Ansprüche an die Ernte gestellt. Mit vielen Pflückgängen sollte der Anteil an clubfähiger Ware, also Äpfel die den äußeren und inneren Qualitätsansprüchen der Marke genügen, maximiert werden.“

 

Unsere Sorten

Fast die Hälfte der produzierten Äpfel in der Steiermark entfallen auf die beiden Sorten Gala und Golden Delicious. Danach folgen Idared, Jonagold, Braeburn und Elstar. Im Bio-Anbau ist die Sorte Topaz sehr bekannt. Die derzeit bekannteste Clubsorte heißt Pink Lady, aber Markennamen wie Natyra, Sweetango, Kanzi und Morgana sind im Kommen.

Beitragsbild: S.Kobold – stock.adobe.com

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