Die moderne Lebensweise wirkt auch auf das Miteinander der Generationen am Hof. Eine Studie zeigt die größten Konflikte.
Über 90 Prozent der österreichischen Landwirtschaften werden als Familienbetrieb geführt. Geprägt ist dieser durch die Einheit von Arbeitsplatz und Familienhaushalt, das Zusammenleben mehrerer Generationen und die Weitergabe des Betriebs innerhalb der Familie. Doch sind die heutigen gesellschaftlichen Idealvorstellungen von Wohnen, Arbeit und Familie noch mit all dem vereinbar? Die Studie Bäuerliche Lebenswelten in Österreich gibt Aufschluss.
Studie
Eine aktuelle Studie des Instituts für Soziologie an der Karl-Franzens-Universität Graz, widmet sich der bäuerlichen Lebensweise im 21. Jahrhundert. Die Ergebnisse daraus sind nun auch in Buchform (siehe Bild) beim Verlag Leykam erschienen. Und dabei springt ein Aspekt ganz besonders ins Auge: Die Zufriedenheit mit dem Familienleben steigt bei allen Altersgruppen deutlich an, wenn die Generationen in getrennten Haushalten leben. Bei den unter 40-jährigen – damit bei vielen Hofübernehmern – ist der Anstieg am stärksten. Während nur etwa die Hälfte der Jungen mit gemeinsamen Wohnräumen zufrieden ist, finden mehr als drei Viertel der Befragten eine deutliche Trennung optimal.
Rückzugsgebiet
Die Soziologin Eva-Maria Griesbacher, eine der Autorinnen der Studie: „In einer Reihe von Interviews haben wir viele verschiedene Gründe für die Unzufriedenheit mit dem Familienleben von Landwirtinnen und Landwirten gehört, meistens steht aber ein fehlendes Rückzugsgebiet im Vordergrund“. Jede Generation brauche ihren Freiraum und ihre Privatsphäre, besonders betroffen seien aber die Jungen, sagt Griesbacher. Oft müsse das Hofübernehmerpaar alle privaten Gespräche auf ihr einziges Rückzugsgebiet verlegen – das Schlafzimmer. Ein Paar hat bei der Befragung sogar verraten, dass es sich bis ins Auto zurückziehen musste, um endlich ungestört miteinander reden zu können. „Vor allem wenn das erste Kind da ist, verschärft sich dieses Problem noch deutlich“, so Griesbacher.
Konfliktherd
Ein weiterer Konfliktherd ist, laut Studie, die Beziehung zwischen angeheirateter Schwiegertochter und Schwiegermutter. Obwohl sich die Eltern für ihren meist männlichen Nachfolger eine Partnerin wünschen, fällt die Akzeptanz der Schwiegertochter oftmals schwer. Dies ist besonders dann der Fall, wenn man ihr vorwirft, sich nicht an die Traditionen des Hofes anzupassen. Einer der befragten Hofnachfolger erinnerte sich noch an die regelmäßigen Kontrollgänge seiner Mutter durch Haus und Hof, um danach seiner Frau jeden gemachten Fehler vorhalten zu können. „Eine solche Situation ist für die junge Frau meist sehr belastend und kann die Hofnachfolge bis in die übernächste Generation hinein negativ beeinflussen“, besagt die Studie. Gemeint ist damit, dass sich durch Schwierigkeiten dieser Art eine schlechte Beziehung zwischen den Enkelkindern und den Großeltern entwickeln kann.
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