Die Zahl der Neobiota, der eingeschleppten Arten, nimmt weiter zu. Es gibt bereits 1.200 davon – einige sind hoch problematisch.
Bereits seit Hunderten von Jahren siedeln sich Tiere, Pflanzen, Pilze oder Mikroorganismen durch Aktivitäten des Menschen fern ihrer Heimat an und erobern neuen Lebensraum. Die Hauptverschleppung aber ist analog zur Bedeutungszunahme der Globalisierung erst in den vergangenen Jahrzehnten erfolgt. Rund zehn bis 15 Prozent dieser Neobiota sind „invasiv“, haben also negative Auswirkungen auf Mensch oder Umwelt.
Nach 1492
Unter Neobiota fallen alle Arten, die nach 1492 – die Entdeckung Amerikas gilt als Start der Globalisierung und des weltweiten Handels – verschleppt wurden. Erst ab dem Jahr 1800 beschleunigte sich das Phänomen. Mehr als ein Drittel (37 Prozent) der gebietsfremden Funde wurden allerdings erst in den vergangenen 40 Jahren aufgezeichnet. Derzeit entdeckt man im Schnitt jeden Tag irgendwo auf der Welt eineinhalb neue Bio-Invasoren.
Wie nie zuvor
„Für die meisten der Gruppen ist die Geschwindigkeit der Einführung so hoch wie nie zuvor – wir müssen mit vielen neuen Arten rechnen“, betont Franz Essl vom Department für Botanik und Biodiversitätsforschung der Universität Wien. Invasive Neobiota können heimische Arten durch Konkurrenz um Nahrung, Licht oder Brutplätze verdrängen und die Artenvielfalt reduzieren. Sie ändern die Beziehungen der Arten untereinander und können durch Hybridisierung und Rückkreuzung die genetischen Zusammensetzungen von heimischen Arten verändern.
Nicht zuletzt verursachen Neobiota Schäden in der Land- und Forstwirtschaft und haben etwa als Krankheitsüberträger und Allergieauslöser Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen, Tieren und auch Pflanzen.
Neuzugänge
Eine besondere Rolle spielt bei der Thematik der Gartenhandel. „Permanent kommen Neuzugänge hinzu, es gibt Modetrends wie bestimmte Prärie-gräser, Kakteen oder fleischfressende Pflanzen. Werden diese Arten ausgepflanzt, können sie aussamen und sich weiter ausbreiten“, so der Experte.
Der Klimawandel und die damit einhergehende Erwärmung werde die Ausbreitung artfremder Pflanzen weiter fördern, das gelte auch für Hirsearten und wärmeliebende Gräser, die sich vor allem in Mais- und Sojafeldern breit- und Landwirten das Leben schwermachen: „Sie kommen mit dem Klimawandel gut zurecht“, sagt Essl.
Hoher Anteil
„In Österreich haben wir 1.200 eingeschleppte Arten und 3.000 heimische – also einen sehr hohen Anteil“, so der Forscher. Essl: „Manche Pflanze ist aus Sicht des Naturschutzes unbedenklich, aber für den Menschen heikel – etwa der Riesen-Bärenklau, der Verätzungen auf der Haut hervorrufen kann.“ Ackerunkräuter wie Ragweed wiederum seien zwar eine Plage für Landwirte und Allergiker, aber für die Natur keine Bedrohung.
Kürzlich wurde eine EU-Verordnung zu 37 invasiven Arten als Zeichen einer gemeinsamen Kraftanstrengung erlassen. Es soll verhindert werden, dass die in der Liste aufgeführten Tiere und Pflanzen gehalten, verkauft oder weitertransportiert werden. Aber bei 12.000 Arten ist das nur die Spitze eines Eisbergs.
Asiatische Hornisse
Was hat aktuell Bedeutung in Sachen invasive Arten? Besondere Sorgen bereitet die sich unter anderem von Honigbienen ernährende Asiatische Hornisse, die sich innerhalb weniger Jahre über Frankreich nach Spanien, Portugal, Italien, Belgien und Deutschland ausgebreitet hat und wohl auch bald in unseren Breiten auftauchen wird.
(Diese Story ist die gekürzte Version eines APA-Science-Dossiers. Die Originalfassung finden Sie unter science.apa.at.)
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