Ob Maiskolben, Kürbisse oder Erd-äpfel – der Diebstahl auf den Feldern nimmt zu. Meist sind es nur Bagatelldelikte, aber der Respekt vor dem Eigentum geht spürbar zurück.
Die Zeit zum „Woazbrot’n“ ist wieder da. Ob mit der Familie, mit Freunden, Dorfleuten oder Vereinsmitgliedern – der frisch gebrockte Maiskolben mit seinen milchigen Körnern wird von allen als Delikatesse geschätzt. Noch dazu ist sie billig – aber nicht gratis! „Manche Leute glauben, dass sie die Maiskolben jederzeit aus dem nächsten Maisacker holen können, ohne den Besitzer um Erlaubnis zu fragen“, sagt der Leibnitzer Kammerobmann Gerald Holler. „Aber genau genommen ist das Diebstahl. Darum ist es schon wichtig, dass man fragt. Den Leuten soll bewusst sein, dass es sich dabei um Privateigentum handelt.“
Die Kürbis-Sammler
Nicht anders verhält es sich, wenn man einen Kürbis ungefragt vom Acker mitnimmt. Ein Bauer, der sich an der aktuellen Bauernbund-Internetumfrage zum Thema „Eigentum“ beteiligt hat, erzählt: „Einmal ist ein Autobus bei unserem Kürbisacker stehengeblieben. Einige Leute sind ausgestiegen und haben Kürbisse mitgenommen. Als ich sie angesprochen habe, ob sie überhaupt wissen, wem die Kürbisse gehören, sagte ein Mann, dass ich mich wegen der paar Kürbisse nicht aufregen soll. Einige wollten die Kürbisse dann bezahlen, aber ich habe sie ohne Kürbisse weggeschickt. Hätten sie vorher gefragt, hätte ich die Kürbisse alle hergeschenkt.“
Landeskammerrat Christian Konrad stellt fest, dass sich in der Gesellschaft die Wahrnehmung von Eigentum ändert: „Wenn etwas nicht eingezäunt ist, ist es für immer mehr Menschen ganz normal, dass man einen Kürbis mitnimmt, einen Apfel runterbrockt oder über die Wiese läuft, ohne sich dabei etwas zu denken. Die Menschen glauben, dass sie alles benützen und mitnehmen können und dass sie sogar ein Recht darauf hätten.“
Davon kann auch Gerhard Maurer ein Lied singen, der in Stattegg einen jahrelang unbewirtschafteten Bauernhof erworben hat: „Die Städter hatten sich daran gewöhnt, durch meinen Grund zu marschieren und aus dem bestehenden Hausgarten ungefragt Blumen abzureißen und mitzunehmen. Es kostete mich viele Jahre, mit Zäunen und Hinweistafeln zu erklären, dass es nun einen um den Hof führenden Ersatzwanderweg gibt. Das Resultat waren dann einige mutwillig umgetretene Zäune und Tore, umgerissene Warntafeln und endlose Diskussionen mit meiner Fragestellung: Was würden Sie tun, wenn ich durch Ihren eingezäunten Privatgarten vor Ihrem Haus trample?“
Inwieweit die strafrechtliche Verfolgung des Diebstahls von Maiskolben, Kürbis, Erdäpfeln, Äpfeln oder Nüssen etwas bringt, muss jeder Besitzer selbst entscheiden. Ein Empfehlung dafür kann die Juristin Maria Wimmer-Kickmaier von der Landwirtschaftskammer nicht abgeben: „Für Schadenersatzforderungen ist der Wert meistens sehr gering. Oft enden solche Prozesse in lang anhaltenden persönlichen Anfeindungen.“
Fülle von Kleinigkeiten
Die Stimmung bei zahlreichen Bäuerinnen und Bauern zu diesem Thema brachte ein Teilnehmer der Bauernbund-Internet-umfrage auf den Punkt: „Es gibt nicht den einen Vorfall, sondern es sind viele Kleinigkeiten an Respektlosigkeit. Die Selbstverständlichkeit, auf unseren Wiesen ungefragt zu parken, den Schnee hineinzuschieben oder mit oder ohne Hunde über unsere Wiesen zu marschieren wird noch dazu mit der Behauptung verstärkt, dass man als Bauer Förderungen erhält.“