Raumordnung und Baugesetz: Heiß umfehdet, wild umstritten

von Franz Tonner

Die Novellen zu Raumordnung und Baugesetz wurden vom Landtag nach langen und intensiven Vorbereitungen beschlossen. 

Es gibt selten ein Themenfeld mit so vielen divergierenden Meinungen wie bei Raumordnung und Baugesetz. „Das vorrangige Wesen der Raumordnung ist der sorgsame Umgang mit Grund und Boden, die Vermeidung von Nachbarschaftskonflikten und eine nachhaltige Entwicklung der Siedlungsräume – auch im Hinblick auf Naturgefahren“, umschreibt Landesrat Hans Seitinger die breite Thematik der beschlossenen Novellen. Dementsprechend intensiv wurden diese Themen in der Regierungskoalition behandelt.

Novelle

Mit den nun beschlossenen Novellen zur Raumordnung und zum Baugesetz, sowie mit dem Zweitwohnsitz- und Wohnungsleerstandsabgabengesetz wurde auf die brisanten Bereiche Bodenverbrauch, leistbares Wohnen, Sicherung der regionalen Lebensmittelversorgung und Klimaschutz reagiert. Für die Entwicklungsmöglichkeiten bäuerlicher Betriebe ist die Bau- und Raumordnung von zentraler Bedeutung. Bis zuletzt haben die Abgeordneten des Bauernbundes mit Agrarlandesrat Hans Seitinger und den fachlichen Expertisen der Landwirtschaftskammer um Verbesserungen zu den derzeit geltenden Regelungen gekämpft. Seitinger: „Unser Ziel auch in Zukunft landwirtschaftliche Produktion zu ermöglichen und dabei Rechtsicherheit zu geben, konnte in weiten Teilen erreicht werden. Dennoch war es in diesem harten politischen Prozess nicht möglich alle Forderungen gänzlich umzusetzen. Das ist das Wesen der Demokratie.“

Verbesserungen

Trotzdem ist die Liste an Verbesserungen herzeigbar und bringt zahlreiche Entwicklungsmöglichkeiten mit sich. Dies ist schon allein deshalb wichtig, weil der ländliche Raum eine gedeihliche Zukunft braucht – und mit ihm vor allem die Lebensmittel- und Energieproduktion. So werden zum Beispiel einerseits Umbauten zu Tierwohlzwecken auch im einfachen Meldeverfahren ermöglicht, andererseits gibt es dafür Erleichterungen, die aus fördertechnischer und gesetzlicher Sicht notwendig sind. Darüber hinaus wurde eine umfassende Baulandmobilisierung mit Ausnahmen für die Landwirtschaft beschlossen und die Regelungen für nachträglich zugezogene Nachbarn bei Tierhaltungsbetrieben werden wesentlich verschärft.

Ebenso neu sind die Bedingungen für einen künftigen Photovoltaik-Ausbau. AGRI-PV-Anlagen können in Zukunft einfacher errichtet werden und sind bis zu einem halben Hektar im Freiland ohne Sondernutzung möglich. Im Sachprogramm „Erneuerbare Energie“ werden die Grundlagen für eine nachhaltige Energiegewinnung unter Bedachtnahme auf den Erhalt unserer wertvollen Böden definiert. Neubauten ab einer gewissen Größe haben eine Verpflichtung zur Errichtung von PV- oder Solaranlagen. Gemeinden müssen eine Energieraumplanung durchführen.

Boden erhalten

Um den kostbaren Boden zu erhalten, wurde die vorrangige Bauland-Entwicklung von innen nach außen als Raumordnungsgrundsatz verankert. Die Erweiterung von Auffüllungsgebieten nach außen entfällt und um die Flächenversiegelung von Handelsbetrieben zu verringern, müssen Parkplatzflächen reduziert und Bauten mehrgeschossig ausgeführt werden. Als zusätzliche Raumordnungsziele wurden u.a. die Themen leistbares Wohnen, Erhaltung der Orts- und Stadtkerne sowie der Klimaschutz verankert, denn so Landesrat Hans Seitinger: „Letztlich muss es auch für unsere Jugend noch einen Lebensraum mit Entwicklungsmöglichkeiten geben.“

Für Kammerpräsident Franz Titschenbacher ist die Zuversicht der Ernüchterung gewichen: „Neben einigen positiven Aspekten ist die große Frage der Angleichung von Baugesetz und Raumordnung bei den Emissionen noch nicht gelungen.“ Gemeindebundpräsident und Chefverhandler Erwin Dirnberger resümiert: „Das neue Gesetzespaket trägt auch dazu bei, die Tierhaltungsbetriebe vor heranrückender Wohnbebauung zu schützen, gleichzeitig soll aber eine maßvolle strukturelle Entwicklung in den Gemeinden und Dörfern zugelassen werden. Um das zu erreichen und zusätzliche Rechtssicherheit zu schaffen, wird die Richtlinie für Geruchsberechnung in eine Verordnung gegossen.“ Für ÖVP-Agrarsprecher Hubert Lang bringt die Novellierung eine klare Verbesserung für unsere Bäuerinnen und Bauern: „Wir schaffen damit mehr Rechtssicherheit bei Investitionen sowie klarere Regeln bei der Berechnung von Geruchsemissionen und bei der Energieerzeugung und -bereitstellung.“

Weitere Informationen zu den umfassenden Neuregelungen finden sich unter www.lebensraum-steiermark.at.

Beitragsfoto: Ambros

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