Der Bauer als Klimaretter

von NEUES LAND

Der letzte Beitrag der Boden-Serie widmet sich der Rolle des Bodens als CO2-Speicher und den damit verbundenen Möglichkeiten für Landwirte.

In der aktuellen Coronavirus-Krise gerät die gesamte Debatte rund um den Klimawandel und den Ausstoß von Kohlendioxid in den Hintergrund. Seine Auswirkungen bleiben aber erhalten, wie beispielweise an den immer früheren Vegetationsstarts der letzten Jahre und den damit verbundenen Spätfrostschäden erkennbar ist. Nach der überstandenen Virus-Pandemie werden wir uns als Gesellschaft dieser Problematik letztendlich stellen müssen.

Gerald Dunst, Geschäftsführer der Firma Sonnenerde und treibende Kraft beim Humusprojekt. Foto: Sonnenerde

In der Ökoregion Kaindorf hat man die Möglichkeit erkannt, Landwirte als Klimaretter zu positionieren und hat das Humusprojekt ins Leben gerufen. Eine treibende Kraft hinter dieser Struktur ist Gerald Dunst, Geschäftsführer der Firma Sonnenerde in Riedlingsdorf. Er hat jahrzehntelange Erfahrung in der Kompostierung, beschäftigt sich intensiv mit den praktischen Aspekten des Humusaufbaus und gibt einen Überblick: „Über den Aufbau von organischem Kohlenstoff im Boden wird übermäßiges Kohlendioxid (CO2) aus der Luft gebunden. Die Menge an gespeichertem CO2 kann in Form von Zertifikaten an Firmen verkauft werden, die ihre Produktionsbilanz damit verbessern können. Der Erlös kommt zum größten Teil den Landwirten zugute. Das nutzt nicht nur ihnen, sondern ist auch eine gesellschaftliche Leistung. Damit wirken sie aktiv dem Klimawandel entgegen und verbessern nebenbei auch das Image der Landwirtschaft.“

Acht Prozent

Doch viele Agrarwissenschaftler sind von diesem Vorgehen nicht überzeugt. Sie vertreten eine Lehrmeinung, nach der es standorttypische Humusgehalte gibt, die nicht über dieses Maß hinaus erhöht werden können. Bezug nehmen sie auf teils jahrzehntelange Feldversuche, in denen viele Bewirtschaftungsvarianten getestet wurden. Gerald Dunst dazu: „In sehr vielen agrarwissenschaftlichen Studien werden immer nur einzelne Parameter geändert, um eindeutige Aussagen treffen zu können. Genau das ist das Problem. Mittlerweile wissen wir, dass Humusaufbau eine systematische Veränderung vieler Komponenten benötigt. Dazu gehören beispielsweise eine möglichst dauerbegrünte Fläche, eine Anpassung der Bodenbearbeitung, eine Reduktion der Salzkonzentration im Boden, korrekte Verhältnisse bei der Basensättigung und natürlich die Unterstützung der Bodenbiologie. Außerdem müssen wir endlich verstehen, dass Humus zu sechs Prozent aus Stickstoff besteht. Möchte man ihn aufbauen, ist eine ausreichende Zufuhr der passenden Stickstoffquelle wichtig. In der Praxis haben Betriebe durch diese systematische Anpassung ihren Humusgehalt schon auf über acht Prozent gesteigert.“

Zertifikate

Mittlerweile nehmen österreichweit mehr als 300 Landwirte an diesem Projekt teil. Das CO2, das so gespeichert wird, kann von Firmen als Zertifikat erworben werden. „Derzeit kostet eine Tonne Kohlendioxid 45 Euro. Der Preis soll aber schrittweise auf 60 Euro pro Tonne nach oben korrigiert werden. Namhafte Klimaexperten sprechen von rund 200 Euro pro Tonne CO2, die notwendig wären, um eine Trendwende zu schaffen. Zwei Drittel davon erhält der erfolgreiche Landwirt, ein Drittel muss für die Deckung der Verwaltungskosten einbehalten werden“, ergänzt der Humus-Spezialist. Bis dato wurden bereits 370.000 Euro an Landwirte ausbezahlt – Tendenz steigend.

Auch in diesem Jahr gab es wieder zahlreiche Auszahlungen an erfolgreiche Landwirte. Foto: Ökoregion Kaindorf

Doch der Handel mit CO2-Zertifikaten steht immer wieder in der Kritik undurchsichtig und nahezu nutzlos zu sein. Dunst dazu: „Was beim internationalen Handel von Zertifikaten vielleicht problematisch erscheint, gilt für uns nicht. Wir bieten die einzige Möglichkeit, dass vorhandenes Kohlendioxid gebunden wird. Alle anderen Zertifikate kompensieren ja nur, beispielsweise mit erneuerbaren Energieträgern. Außerdem sind wir zu 100 Prozent transparent und vergeben nur Zertifikate, wenn die Firmen auch aktiv beim Klimaschutz sind.“

 

Zur Person

Gerald Dunst absolvierte die Gartenbaufachschule in Schönbrunn und brach kurz vor der Beendigung sein Studium an der BOKU Wien ab, weil er zu dieser Zeit bereits die erste Kompostwendemaschine gebaut hatte. Es folgten 13 Jahre als Lohnunternehmer, in denen er die Kompostierung für 130 Landwirte übernahm. 1998 gründete er die Firma Sonnenerde und baut seit 2007 in der Ökoregion Kaindorf auch das Humusprojekt auf. Er ist Autor von zwei Fachbüchern (Kompostierung und Humusaufbau)

Beitragsbild: eric-stock.adobe.com

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