Jubiläum im Bildungshaus

von Karl Brodschneider

Österreichs ältestes Bildungshaus, das Schloss St. Martin, bietet jährlich etwa 1300 Kurse, Seminare und Veranstaltungen an.

Es beginnt mit einem Testament. Auf dem Sterbebett liegend, gibt die Mutter ihrem Sohn den letzten Auftrag. „Du hast studiert, du bist ein Geistlicher, du musst helfen, dass mit uns Bauern nicht so viel Schindluder getrieben wird.“

Der Sohn ist Josef Steinberger, katholischer Priester, später Landesrat und Gründer des ersten Volksbildungsheimes in Österreich. Das Testament seiner Mutter nimmt er sich zu Herzen. Um die Situation der bäuerlichen Bevölkerung zu verbessern, setzt er schon als Dorfkaplan in Stubenberg auf Bildung. Praxisorientierte Kurse richten sich zunächst an Bauernmädchen.

Bald schon weitet Steinberger seine Bildungsidee aus und übernimmt vor genau 100 Jahren die Leitung des Schlosses St. Martin in Graz, damals vom Stift Admont gepachtet, jetzt schon längst im Besitz des Landes Steiermark. In allen steirischen Regionen entstanden Fortbildungs- und Haushaltungsschulen – derzeit 14 Fachschulen für Land- und Ernährungswirtschaft mit über 1310 Schülerinnen und Schülern. Das Schloss St. Martin wurde zum Zentrum der bäuerlichen Volksbildung.

Das Bildungshaus Schloss St. Martin im Westen von Graz ist weithin sichtbar. Foto: Graphiczone

Die erste Frau

Die heutige Direktorin ist Anna Thaller. Sie ist nach Josef Steinberger, Johann Kern, Wilhelm Kahlbacher und Martin Schmiedbauer die erste Frau in dieser Funktion. „Wir sind die Wiege der Erwachsenenbildung, das älteste Bildungshaus in Österreich“, betont sie stolz. Jährlich gibt es im Schloss St. Martin rund 1300 Einzelveranstaltungen mit insgesamt 29.000 Teilnehmern. „Wir haben acht Seminarräume und sind top-ausgelastet!“

Direktorin Anna Thaller lädt zur Teilnahme an den zahlreichen Bildungsangeboten im Schloss St. Martin ein. Foto: Graphiczone

Was die Angebote in St. Martin von anderen Bildungshäusern unterscheidet? „Bei uns zählt die Emotion! Dabei hilft uns auch das Ambiente des Schlosses“, erlärt Thaller und verweist darauf, dass man vor allem auch Familien mit Kindern anspricht. Im Vorjahr waren es insgesamt 1800 Buben und Mädchen, die mit dabei waren.

Für Landesrat Hans Seitinger steht das Bildungshaus für lebenslanges Lernen. „Das ist ein Garant für ein erfolgreiches und sinnerfülltes Leben. Das Bildungshaus St. Martin lebt diesen Auftrag seit 100 Jahren vorbildlich“, sagt Seitinger.

Anlässlich des Jubiläums gibt es eine Reihe von besonderen Veranstaltungen. Los gegangen ist es in dieser Woche mit der Eröffnung einer Fotoausstellung. Mitte Mai folgt „100 Jahre, 100 Frauen“, unter anderem mit Landeshauptmann a. D. Waltraud Klasnic und Schauspielerin Brigitte Karner.

Jubiläumsfest

Am 14. Juni wird zum großen Jubiläumsfest geladen. Zwei Tage später gibt es ein Absolvententreffen in der Fachschule und im Bildungshaus. Am 26. Juni wird die bewegte Geschichte von St. Martin in Buchform präsentiert. Der Abschluss der Feierlichkeiten erfolgt mit dem Martinifest im Spätherbst. Bis dahin sind auch die Renovierungsarbeiten in der Schlosskirche abgeschlossen. Das ist übrigens die einzige Kirche im Besitz des Landes Steiermark.

Schloss St. Martin im Jahr 1931 mit Blick auf Graz. Foto: Erika-Verlag

Beitragsbild: Riegelnegg

 

Das Bildungshaus Schloss St. Martin im Westen von Graz ist weithin sichtbar.

Foto: Archiv

 

 

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