Leicht war es nie in 125 Jahren

von Karl Brodschneider

Wie es zur Gründung des Steirischen Bauernbundes im Jahr 1899 kam und wann der Bauernbund aufgelöst und sein Vermögen konfisziert wurde.

 

Heuer feiert der Steirische Bauernbund einen ganz besonderen Geburtstag, denn vor 125 Jahren erfolgte seine Gründung durch den oststeirischen Bauern- und Reichsratsabgeordneten Franz Hagenhofer. Die Organisation nannte sich damals Katholisch-konservativer Bauernverein für Mittel- und Obersteiermark. Binnen kurzer Zeit traten 14.000 steirische Bauern dem neugegründeten Verein bei. Aus heutiger Sicht war diese Gründung wohl auch eine Reaktion auf die einsetzende Zersplitterung des konservativen politischen Lagers einerseits und dem immer stärkeren Auftreten der Liberalen andererseits.  

Die Geschichte der Interessenvertretung der bäuerlichen Bevölkerung geht in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. Hans Kudlich hat bereits im Revolutionsjahr 1848 mit seinem Antrag im Reichstag die Bauern zu gleichberechtigten Staatsbürgern gemacht. Von diesem Zeitpunkt an war es den Bauern möglich, ihre Interessen selbst in die Hand zu nehmen und gegenüber der Obrigkeit zu vertreten.

Extreme Landflucht

Doch die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts war für die Landwirtschaft eine schwierige Zeit. Mit der zunehmenden Industrialisierung setzte eine riesengroße Landflucht ein. Der politische Liberalismus mit seinem marktwirtschaftlichen Denken traf viele Bauern völlig unvorbereitet. Aber auch die damals traditionelle politische Vertretung des Bauernstandes, die katholische-konservative Parteiführung, wollte keine eigene Bauernvertretung zulassen.

Wichtig waren dem neugegründeten Katholisch-konservativen Bauernverein die Wiederherstellung der konfessionellen Schulen, das Organisieren der Selbsthilfe durch die Errichtung bäuerlicher Auskunftsstellen, der Bauernvereinskasse und des Feuerversicherungsvereins sowie die Schaffung eines bäuerlichen Genossenschaftswesens. Von Beginn an stand die Interessenspolitik vor der Parteipolitik.

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges erschien vielen jungen Mitgliedern, aber auch den vom Krieg heimkehrenden, der Bauernverein als zu plump, schwerfällig und altmodisch. Die „Revolution der Kapläne“ Josef Steinberger und Leopold Zenz führte zur Erneuerung im christlich-sozialen Sinn. Vor allem die Ausplünderung des Landes durch die Stadt, wie sie seitens der Sozialdemokraten immer stärker betrieben wurde, ließ eine neue und wirksame Solidarität innerhalb der Bauernschaft entstehen.

Der sonntägliche Kirchgang – meist die einzige Möglichkeit der Zusammenkunft – wurde zur Organisationsform der neu entstandenen Gemeinschaft. Im Dezember 1919 wurde der Landesbauernrat als Unterorganisation der Christlichsozialen Partei konstituiert. Der nach wie vor existente Bauernverein hatte zu dieser Zeit rund 50.000 Mitglieder, die zumeist aber auch dem Landesbauernrat angehörten.

Christlich und sozial

Diese Zeit war auch von großen Auseinandersetzungen zwischen den traditionell katholischen und den antiklerikal-freisinnigen Bauernvertretern geprägt. Angesichts dieser Gegnerschaft kam es 1920 zum Zusammenschluss des „Christlich-sozialen Bauernrates“ mit dem „Katholischen Bauernverein“. Unter Obmann Alois Riegler wurde mit dem neuen Namen „Katholischer Bauernverein für Steiermark“ aus der reinen Standesvertretung eine politische Vereinigung, die sich auch für nichtbäuerliche Gesinnungsfreunde öffnete. Neu geschaffen wurde die Funktion des Direktors des Bauernvereins. Pfarrer Leopold Zenz nahm sie ein. Von der Reitschulgasse in Graz aus errichtete man ein dichtes Netz von Ortsgruppen über die gesamte Steiermark.

Die politische Auseinandersetzung wurde mit dem Auftreten eines starken Gegners in Form des Landebundes härter. Sogar die Rinderrassenfrage führte zu politischen Auseinandersetzungen. So war der deutschliberale Landbund für die Anerkennung des Braunviehs als Landesrasse, alle anderen waren dagegen. Eine Folge davon war, dass der Bauernverein im Jahr 1927 in „Katholischer Bauernbund für Steiermark“ umbenannt wurde. Das war aber auch in Zusammenhang mit den ersten Landwirtschaftskammerwahlen zu sehen, bei denen der Landbund überraschend gut abschnitt.

Mit dem Beginn der Weltwirtschaftskrise verschärfte sich nach 1929 auch die wirtschaftliche Lage der steirischen Bauern. Zahlreiche Versteigerungen bäuerlichen Besitzstandes führten zur Gründung von Notgemeinschaften. Diese Unzufriedenheit wurde unter anderem auch von der KPÖ und bald darauf mit ungleich größerem Erfolg von der NS-Propaganda instrumentalisiert.

Auflösung des Bauernbundes

Im Jahr 1934 erfolgte bei einer Großkundgebung in Graz die neuerliche Umbenennung in den heute nach wie vor gültigen Vereinsnamen „Steirischer Bauernbund. Engelbert Dollfuß träumte vom Bauernstaat. Maßnahmen zu dessen Errichtung wurden ergriffen. Mit seinem neuen Publikationsorgan, dem „Bauernbündler“, kam es zu einer Öffnung Richtung Landbund, der teilweise in den Bauernbund aufging. Aber mit der Machtübernahme Adolf Hitlers und dem Anschluss Österreichs wurde der Steirische Bauernbund aufgelöst und sein Vermögen konfisziert.

Schmiedtbauer Titschenbacher

Beim Landesbauernrat im Herbst 2023 wurde Franz Titschenbacher neuer Bauernbund-Landesobmann. Seine Stellvertreterin Simone Schmiedtbauer ist neue Agrarlandesrätin.

Mit der Gründung der neuen ÖVP nach dem Krieg 1945 ist auch der Steirische Bauernbund wieder erstanden und spielte fortan in der Landes- und Bundespolitik eine wichtige Rolle. Nach der Landtagswahl im November 1945 wurden die Bauernbündler Anton Pirchegger zum Landeshauptmann, Josef Wallner zum Landtagspräsidenten sowie Josef Krainer sen. und Josef Hollersbacher zu Landesräten bestellt.

Nach zehn Jahren als Obmann des Steirischen Bauernbundes legte Hans Seitinger im Herbst 2023 sein Amt aus Gesundheitsgründen zurück.

Mit dem Beginn der sozialistischen Alleinregierung 1970 unter Bruno Kreisky änderte sich das politische Gefüge Österreichs nachhaltig. Nicht mehr die gemeinsame Erfahrung im Widerstand oder die verbindenden Interessen beim Wiederaufbau standen im Vordergrund. Der Bauernbund musste seine Forderungen immer wieder mit Großkundgebungen auf der Straße kundtun. Parallel dazu legte der Bauernbund seine inhaltlichen Schwerpunkte auch als Arbeit für den ländlichen Raum an.

Beitritt zur EU

Die 1990er-Jahre waren vor allem vom Beitritt Österreichs zur EU geprägt. Deren Grundsätze einer gemeinsamen Agrarpolitik haben den einheimischen Bauern völlig neue wirtschaftliche Rahmenbedingungen, aber auch viel Bürokratismus beschert. Dazu kam, dass der immer stärker spürbar werdende weltweite Agrarhandel auch große Auswirkungen auf die heimische Land- und Forstwirtschaft hatte und nach wie vor hat. Bei all den damit zusammenhängenden Fragen musste und muss der Bauernbund eine gemeinsame Position innerhalb aller österreichischen Bundesländer ausarbeiten, diese den eigenen „Leuten“ und den jeweiligen politischen Verantwortungsträgern auf Landes- und Bundesebene klarmachen und danach trachten, dafür „grünes Licht“ in Brüssel zu erhalten.

 

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Martin Krenn 3. Januar 2024 - 17:04

Der obrige Text:leicht war es nie… Gehört den ortsgruppen geschickt, damit sie es in den WhatsApp Gruppen verteilen können

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