Sie sind klein, vielfältig und nehmen eine tragende Rolle ein – Mikroorganismen in Böden. An der TU Graz wird dazu viel geforscht.
Böden sind der belebte Teil der obersten Erdkruste und was sich dort so alles tummelt ist wirklich enorm. Das Edaphon, so wird die Gesamtheit aller Bodenlebewesen genannt, bringt auf den ersten 30 Zentimetern pro Hektar stolze 25 Tonnen auf die Waage. Etwa fünf Tonnen davon sind Regenwürmer und andere kleine Tiere, auch Makrofauna genannt. Der Rest verteilt sich auf wesentlich kleinere Gesellen – nämlich Bakterien, Pilze und andere Mikroorganismen. Sie nehmen eine wichtige Rolle bei Auf- und Abbauprozessen im Boden ein und ihre Bedeutung für einen fruchtbaren Boden wird zunehmend erkannt.
Zusammenspiel
Am Institut für Umweltbiotechnologie an der technischen Universität in Graz steht die Mikrobiomforschung im Zentrum. Diese noch junge Wissenschaft sorgt regelmäßig für spannende Erkenntnisse. Bekannt ist mittlerweile, dass auf einem Menschen etwa zwei Kilogramm Mikroorganismen leben und vor allem die Wichtigkeit des Darmmikrobioms wird in der Medizin immer stärker berücksichtigt. Auch in Böden spielen die winzigen Lebewesen eine große Rolle. Vor allem im direkten Umfeld zu den Pflanzenwurzeln, der Rhizosphäre, geht buchstäblich die Post ab. Gabriele Berg leitet das Institut in Graz und gibt einen Überblick: „Ein vielfältiges und gesundes Mikrobiom ist nicht nur für den Menschen, sondern auch für das Funktionieren von Bodenprozessen essentiell. In der Natur finden wir ein unheimlich komplexes Zusammenspiel zwischen den winzigen Lebewesen und den Pflanzen. Seit etwa der Jahrtausendwende ist es erst möglich, die Gesamtheit von Bakterien und Pilzen in Böden zu erfassen. Die Methoden werden immer günstiger, weshalb weltweit viel Forschung in diese Richtung betrieben wird. In den letzten drei Jahren haben wir die ersten umfangreichen Analysen in der Steiermark im Obst- und Weinbau durchgeführt.“
Die Ergebnisse solcher Analysen sind natürlich spannend, weil sie in diesem Umfang in der Landwirtschaft noch nicht durchgeführt wurden. Das Forschungsteam rund um Gabriele Berg, bestehend aus Martina Köberl und Philipp Wagner, berichtet: „In 116 Proben wurden insgesamt etwa 250.000 Bakterien- und 50.000 Pilzarten gefunden. Die Vielfalt in steirischen Böden kann damit als recht gut angesehen werden. Zwischen den Proben gab es aber deutliche Unterschiede. Im Weinbau war die Vielfalt beispielsweise im Durchschnitt höher als im Obstbau. Durch die parallel durchgeführten chemischen Analysen konnten wir auch weiter ins Detail gehen. Der stärkste Einfluss auf die Biodiversität hat demnach der Säure-Base-Haushalt des Bodens. Bei niedrigen pH-Werten haben wir eine niedrigere Vielfalt festgestellt. Die Milieubedingungen sind also sehr wichtig.“
Präparate
Analysiert man nun das Mikrobiom in den Böden so detailliert, stellt sich natürlich die Frage, ob man durch eine gezielte Zufuhr von Mikroorganismen die Bodenqualität in der Praxis verbessern kann. Berg dazu: „Wir gehen stark davon aus, weil es auch im Darm möglich ist, das Mikrobiom zu beeinflussen. Wir sind in den kommenden Jahren ein wichtiger Partner bei einem großen EU-Projekt, das sich genau dieser Frage widmet. Auf Testflächen in vielen europäischen Ländern, auch in der Steiermark, werden mehrere Jahre Präparate mit nützlichen Mikroorganismen ausgebracht. Wir übernehmen für alle Projektpartner die mikrobielle Analytik und beobachten damit die Veränderungen, die im Boden passieren. So können nach dem Projekt im Idealfall gezielt Produkte zur Verbesserung der Bodenbiologie entstehen und in Zukunft für die Landwirtschaft hergestellt werden.“
Besonders in der „Humus-Forschung“ steht die Bodenbiologie im Vordergrund. Lesen Sie im kommenden Teil dieser Serie mehr zum Thema Boden-Humus.
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