Im Interview: Martin Schaller

von Karlheinz Lind

RLB-Generaldirektor Martin Schaller mit einer Corona-Zwischenbilanz über Liquiditätshilfen und Veränderungen im Zahlungsverhalten.

 

NEUES LAND: Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise und deren Bewältigung rücken immer mehr ins Zentrum. Wie schätzen Sie aktuell die Situation der heimischen Wirtschaft ein?

Generaldirektor Martin Schaller: Nach dem schrittweisen Hochfahren der Wirtschaft sehen wir positive Signale, sowohl was die Auslastung der Betriebe und den Konsum als auch die Beschäftigung betrifft. Allerdings steht der schwierige Aufstieg aus dem Konjunktur-Tal noch bevor und dieser wird von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich anspruchsvoll. Viele Betriebe waren schon bisher sehr gut aufgestellt und werden diese Herausforderungen meistern.

 

NL: Welche Entwicklungen sehen Sie in der Landwirtschaft?

Schaller: Die Landwirtschaft ist sowohl unmittelbar als auch mittelbar betroffen. Unmittelbar durch die Schließung der Betriebe, Gastronomie und Schulen, mittelbar durch die Preisrückgänge bei Fleisch, Milch und Holz. Ein Lichtblick ist, dass Konsumenten während der Corona-Krise die Bedeutung der heimischen Landwirtschaft noch stärker bewusst wurde. Die Landwirtschaft kann darauf aufbauen und Aspekte wie Versorgungssicherheit, Qualität, Frische, Arbeitsplatz-Sicherung nachhaltig verankern.

 

NL: Was ist mehr angebracht: Sorge oder Hoffnung?

Schaller: Aus meiner Sicht braucht man gerade in schwierigen Zeiten Zuversicht, denn diese ist stärker als Angst. Damit meine ich nicht die Einstellung – wird schon irgendwie gehen –, sondern das Vertrauen auf die eigene Kraft und Kreativität sowie die Entschlossenheit zur Umsetzung. Man sieht jetzt sehr gut die Stärken und Schwächen und nun geht es darum, konsequent Weichen für die Zukunft zu stellen.

 

NL: Welche Maßnahmen hat Raiffeisen ergriffen?

Schaller: Steiermarkweit steht Raiffeisen den Kunden mit mittlerweile in Summe 715 Millionen Euro an Liquiditätshilfen zur Seite. 380 Millionen Euro davon entfallen auf Überbrückungsfinanzierungen, 270 Millionen Euro auf Soforthilfen für AMS-Kurzarbeit und 65 Millionen Euro auf Stundungen für Kreditraten. Raiffeisen hat dabei sehr rasch reagiert, sodass rund 95 Prozent der Finanzierungen genehmigt beziehungsweise ausgezahlt sind. Und bei den Kreditstundungen war unsere Bankengruppe überhaupt die erste österreichweit, die ein einfaches Verfahren geschafft hat, das viele andere kopiert haben.

 

NL: Während des Lockdowns waren viele Menschen zuhause gebunden. Viele Online-Services haben einen Boom erlebt, auch das Online-Banking?

Schaller: Der schon bisher erkennbare Trend in Richtung Internetbanking hat sich ab März deutlich verstärkt, besonders in Richtung Banking App am Smartphone. Kontostände wurden schon bisher meist via Mein ELBA-App abgerufen, neu ist hingegen, dass nun bereits 65 Prozent der Überweisungen via App am Smartphone erledigt werden.

 

NL: Stichwort Bankkarte: Wie hat sich Corona auf das Bezahlverhalten der Steirer ausgewirkt?

Schaller: Für bargeldfreie Zahlungen mittels Debit- und Kreditkartenzahlungen sowie dem Smarthone gab es einen „Turbo“. Allein in den ersten fünf Monaten 2020 legten diese Zahlungen um 25 Prozent zu. Mittlerweile liegen die bargeldfreien Zahlungen von Raiffeisen Steiermark bei über 100.000 pro Tag. Bargeld wird aber auch weiterhin große Bedeutung haben, daher bieten wir das dichteste BankAutomaten-Netz des Landes.

 

Zur Person

  • Komm.-Rat MMag. Martin Schaller ist seit 2013 Generaldirektor der Raiffeisen-Landesbank Steiermark.
  • Zuvor war er in mehreren führenden österreichischen Banken tätig.
  • Er studierte Handelswissenschaften sowie Politikwissenschaft und Publizistik in Wien.
  • Martin Schaller wurde in Linz geboren, ist verheiratet und hat vier Kinder.

 

Beitragsfoto: Raiffeisen

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