Im Interview: Peter Stachel

von Karlheinz Lind

Innovationsberater Peter Stachel von der Landwirtschaftskammer Steiermark über den spannenden Weg von der Idee zum Geschäftsmodell.

NEUES LAND: Sie sind seit einiger Zeit als Innovationsberater in der Landwirtschaftskammer Steiermark tätig. Wie kann man sich Ihre Arbeit vorstellen?

Peter Stachel: Meine Arbeit kann man mit drei Säulen umreißen: sensibilisieren – vernetzen – beraten. Da ich der erste Vollzeit-Innovationsberater bin, war es einer meiner ersten Aufgaben, Landwirtinnen und Landwirte für das Thema Innovation beziehungsweise neue Ideen zu sensibilisieren. Dabei halte ich bei den unterschiedlichsten Möglichkeiten Innovationsvorträge wie zum Beispiel in Schulen, Versammlungen und diversen Veranstaltungen. Beim Punkt Vernetzen greife ich auf ein sehr kompetentes Team an Fachberaterinnen und Fachberatern in der Landwirtschaftskammer zurück. Sprich, wenn es in einem Beratungsfall um rechtliche Belange oder Hygienevorschriften in der Direktvermarktung geht, dann vernetze ich zu Kolleginnen und Kollegen aus den Fachbereichen. Und Säule drei umfasst den eigentlichen Kern meiner Arbeit, nämlich Beraten und Begleiten im Prozess der Veränderung und Neuentwicklung.

 

NL: Von der Idee zur Realisierung. Wie können Sie den bäuerlichen Betriebsführern dabei helfen?

Stachel: Ich berate methodisch. Will heißen, ich arbeite mit einem Koffer mit methodischen Werkzeugen. Wir beginnen bei der Bestandsaufnahme des Betriebes und listen die unterschiedlichsten Ressourcen auf. Das beginnt bei Flächen, Maschinenpark, Gebäuden, Besonderheiten wie Quellen, Wanderwegen und vieles mehr. Spannend wird es bei den nicht materiellen Ressourcen: Was ist deine Ausbildung? Was sind die Hobbies von dir und deiner Familie und was deine Leidenschaften? Oft sind es diese Leidenschaften, die entscheidend sind, in welche neue Richtung man gehen möchte. Denn hier ist oft die größte Motivation abrufbar. Danach folgt die Ideenfindung. Hier ist es sehr wichtig, dass alle im Projekt involvierten Personen an einem Tisch sitzen und wir kreativ nach neuen Ideen suchen. Kristallisieren sich ein oder zwei Ideen heraus, werden diese weiter verfeinert und in ein so genanntes Business Model gegossen.

 

NL: Was versteht man unter einem Business Modell?

Stachel: Hier werden auf einem großen Blatt die wichtigsten Parameter für die erfolgreiche Umsetzung einer Idee zusammengeschrieben. Beginnend mit der Benennung meiner Idee, meines Produktes beziehungsweise meines Wertangebotes. Danach stellt man sich die Frage, wer konkret meine Zielgruppe ist. Im Weiteren bespricht das Business Model Kommunikationskanäle, die Art der Kundenbeziehung, die Struktur der Einnahmequellen, Schlüsselressourcen, Schlüsselpartner, Schlüsselaktivitäten und schlussendlich grob umrissen die Ausgabenstruktur. Somit sieht man auf einem Blick, was schon gut abgedeckt ist und wo wir noch Handlungsbedarf haben.

 

NL: Wo liegen die größten Herausforderungen bei der Umsetzung von Innovationen?

Stachel: Am Ideenpotenzial der steirischen Landwirtinnen und Landwirte scheitert es mal sicher nicht. Wichtig ist aber vor allem, sich auf einen Kreativitätsprozess einzulassen und sich keine Grenzen im Kopf zu setzen. Denn vor allem am Anfang gilt es: Geht net – gibt’s net! Also ganz breit denken und alle Gedanken und Ideen zulassen und notieren. Verwerfen kann man immer noch. Eine weitere Herausforderung, die entscheidend ist, ist das Wecken der Lust am Ausprobieren von neuen Dingen und das kombiniert mit der Möglichkeit des Scheiterns. Es ist nie oder sehr selten die erste Idee, die gleich zum gewünschten Erfolg führt. Herausfordernd sich auch die Kommunikation und das Marketing für den Absatz meiner Idee. Hier stellt sich die Frage, wie ich in der heutigen raschen Informationsgesellschaft mit unzähligen Informationskanälen mit meinem Produkt oder mit meiner Idee überhaupt wahrgenommen werde und auffallen kann.

 

NL: Derzeit lassen Sie mit der Webinar-Serie „Ideenacker“ aufhorchen. Was kann man sich als interessierter Landwirt davon erwarten?

Stachel: Unser Ideenacker bietet 60 Minuten Innovation, neue Ideen und Inspiration. Jeweils drei Betriebe aus den Bundesländern stellen ihre Geschäftsmodelle und Strategien vor und lassen dabei hinter ihre Kulissen blicken – Fragerunde an die Betriebe inkludiert. In diesem Jahr werden wieder vier Ausgaben stattfinden.

 

NL: Wie kann man dabei sein?

Stachel: Am besten den „Trendradar“ unter www.meinhof-meinweg.at abonnieren. Hier werden die Termine veröffentlicht. Dieser Newsletter erscheint vier Mal jährlich und bietet neben interessanten Veranstaltungstipps auch Innovatives aus dem Bereich Landwirtschaft. Mitte März 2022 findet der nächste Ideenacker statt. Anmeldung über die Website des LFI.

 

NL: Wie schätzen Sie die Innovationskraft der steirischen Bäuerinnen und Bauern ein?

Stachel: Wir finden in der Steiermark eine riesige Vielfalt an neuen Ideen vor. Die Innovationskraft findet oft im Kleinen statt. Landläufig denken wir, dass eine Innovation immer etwas richtig Großes sein muss. Aber nein, wir müssen das Rad nicht immer neu erfinden, denn es reicht schon, wenn wir etwas bereits Bestehendes adaptieren oder abändern. Wichtig ist ja, dass es Wertschöpfung für die Landwirtschaft bringt und einen Mehrwert für die Konsumentinnen und Konsumenten. Um die Innovationskraft zu steigern, ist es wichtig, mit offenen Augen und Ohren die Branche, das öffentliche Leben, aber auch branchenfremde Bereiche zu beobachten und davon einzelne Teilbereiche für mich zu integrieren.

 

NL: Von welcher Innovationsidee waren Sie eigentlich am meisten begeistert?

Stachel: Maisspindeln als Grillkohle-Ersatz. Das ist ein klassisches Beispiel für das Nutzen von landwirtschaftlichen Nebenprodukten. Wenn ich dann noch die Botschaft „Grillen und Bäume retten“ vermittle, dann bekommt das Produkt noch einen weiteren Mehrwert. Ganz nach der so genannten jobs-to-be-done-Methode. Denn ein Produkt oder eine Idee soll nicht nur seine ursächliche Funktion erfüllen, sondern im Idealfall auch einen emotionalen und sozialen Job. Da die klassische Grillkohle in Ländern ohne nachhaltige Forstwirtschaft produziert wird, leistet das Produkt hier einen ökologischen, emotionalen Beitrag und man hat dadurch für die Konsumenten einen Mehrwert geschaffen.

 

NL: Weiters gibt es auch einen Trendtalk des Innolab der Wirtschaftskammer, wo Sie als Gastreferent tätig sind. Worum geht es hier?

Stachel: Bei diesem kostenlosen 40 Minuten-Webinar geht es um das Aufzeigen neuer Lösungen und Möglichkeiten in der Landwirtschaft. Es werden Trends besprochen und auch das Thema ideale Ressourcennutzung behandelt. Der Trendtalk findet am 10. Februar 2022 statt. Anmeldungen kann man sich unter www.innolab.at/trendtalkdiezukunftderlandwirtschaft/.

Zur Person:

  • Peter Stachel (46) ist Absolvent der Höheren Bundeslehranstalt für Forstwirtschaft Bruck an der Mur.
  • Danach studierte Stachel Informations- und Kommunikationsdesign an den Fachhochschulen Joanneum Graz und Potsdam.
  • Der berufliche Werdegang führte den gebürtigen Frauentaler vom E-Commerce Marketing Ottoversand Österreich über die Arbeit als Redakteur/Sprecher der Antenne Steiermark zur Marketing & Öffentlichkeitsarbeit bei proHolz Steiermark.
  • Nun ist der Vater einer zehn Monate alten Tochter Innovationsberater in der Landwirtschaftskammer Steiermark, wohnt in Graz und liebt Ausdauersport und die Natur.

Beitragsfoto: LK/Musch

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