Weinlese unter eisigen Bedingungen

von Karl Brodschneider

Zwei Weinbaubetriebe in Wies führten am vergangenen Dienstag die Weinlese für den Eiswein durch. Diesmal passte einfach alles.

 

Es ist Dienstag, 12. Jänner. Eine klirrendkalte Nacht im Schilcherland geht zu Ende. Elf Grad minus zeigt das Thermometer an. Während manche das Privileg genießen, sich noch einmal im warmen Bett umdrehen zu können, geht es in Wernersdorf bei Wies für zwei Winzerfamilien und deren Helfer bereits in die Weingärten. Die Eisweinlese steht an.

Tagelang wird die Wetterlage beobachtet und den Temperaturen eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt, denn es muss alles passen, um einen Eiswein zu keltern. Zwölf Stunden in Folge soll es mindestens sieben Grad minus haben, um die Trauben in gefrorenem Zustand zu lesen. Auch zwei Weinbauern aus Wernersdorf sehen den geeigneten Zeitpunkt dafür gekommen.

Vier Rebzeilen

Weinlese in der Früh

Noch im Finstern erfolgt die Weinlese mit der Stirnlampe.

Bei der Familie Jöbstl am Schilcherberg – ihre erste Eisweinlese liegt 28 Jahre zurück – ist schon zeitig Tagwache. Über den am Südosthang gelegenen Weingarten breitet sich noch die Dunkelheit aus. 16 Leser rücken um 6.30 Uhr an, um die Schilchertrauben zu pflücken. Vier Rebzeilen, jeweils 130 Meter lang, blieben zu diesem Zweck im Herbst von der Lese ausgenommen. Die Hagelnetze, die zuletzt einen wirksamen Schutz vor gefräßigen Vögeln boten, sind abgenommen, die eisige Arbeit mit Stirnlampen kann nach einer kurzen Einweisung durch Luise und Hannes Jöbstl beginnen. Die Ausbeute bei der Eisweinlese liegt bei etwa zehn Prozent. Aus 1500 Kilo gefrorenen Trauben gewinnt man ungefähr 150 Liter. Als das 7-Uhr-Geläute der nahegelegenen Stindlhiasl-Kapelle ertönt, zeichnet sich am Horizont das erste Morgenrot ab.

Familie Pauritsch im Schnee

Die Arbeit am eisigen Dienstagmorgen ist getan. Darüber freuen sich Groß und Klein.

Nur einen Kilometer entfernt haben Andrea und Stefan Pauritsch um 7 Uhr eine rund 20-köpfige Helferschar – darunter auch Weinhoheit Lisa – um sich versammelt. Warm eingepackt und ebenfalls mit Stirnlampen ausgestattet, geht es vorbei am Klapotetz im Schnee zum Ried Kogl. Auch hier ist Abstand-Halten oberstes Gebot. Noch vor Sonnenaufgang ist die Eisweinlese der 0,35 Hektar großen Fläche abgeschlossen. Während Stefan Pauritsch die Kisten mit gefrorenen Schilchertrauben zum Pressen in den Keller transportiert, genießen die Helfer den morgendlichen Ausblick auf die verschneiten Ausläufer der Koralpe. „Das Spannende an einer Eisweinlese ist, die Trauben so lange gesund zu erhalten und abzuwarten, ob und wann eine Ernte überhaupt möglich ist“, so Stefan Pauritsch.

35 Zuckergrade

Bald darauf trifft schon ein beeideter Mostwäger auf den Betrieben ein. Die Messung ergibt in beiden Fällen 35 Zuckergrade nach der Klosterneuburger Mostwaage (KMW). Mindestens 25 Zuckergrade muss der Eiswein aufweisen. „Das ist ein geradezu Super-Abschluss des Weinjahres 2020“, freut sich Stefan Pauritsch. Der mittlerweile vierte Eiswein wurde erstmals im neuen Keller des „Lebensprojektes 2000“ von Andrea und Stefan Pauritsch gepresst. „Auch der neue Jahrgang ist viel versprechend.“ Fazit: Die Qualität unserer Winzer bleibt selbst in Corona-Zeiten positiv. Und das ist gut so!

Übrigens: Am Tag danach, also am Mittwoch, hätten die Minusgrade für eine Eisweinlese im Schilcherdorf Wernersdorf nicht mehr ausgereicht…

 

Text und Beitragsfotos: Josef Fürbass

 

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