Wenn Opa den Most holt

von NEUES LAND

Der Südsteirer Karl Oswald hat zwei neue Bücher mit Dutzenden Lebensgeschichten und vielen alten Kochrezepten herausgebracht.

 

„Opa hul an Most“ und „Oma bind die Schiatzn“ um.“ Mit diesen oft gehörten und durchaus liebevoll gemeinten Aufforderungen verbindet Karl Oswald persönliche Erinnerungen an seine Großeltern, die ihm auch Motivation für die Entstehung der zwei Bücher waren. „36 Leute von der Koralmseite über die Süd- und Oststeiermark bis hinauf ins Mürztal erzählen 72 Geschichten.“

Die Ausflüge an jedem Sonntag zu den Großeltern nach Leutschach bezeichnet Karl Oswald rückblickend als Ritual. „Die Oma hat für die ganze Familie aufgekocht.“ Und spätestens, wenn es hieß „Opa hul an Most“ wussten alle, dass es nun bald Zeit zum Essen war. Während der Opa also in den Keller ging, wo nicht nur die Fässer mit dem Most lagerten, sondern auch die „Brotrem“ (ein hölzerner Behälter für die Laibe) von der Decke hing, versammelte sich in der Stube die Familie um den Tisch.
Nach dem üppigen Mahl zog sich der Opa gerne für ein „Natzerl“ (Nickerchen) auf die Bettbank zurück, während die Oma mit dem Abwaschen des Geschirrs beschäftigt war. Nach getaner Arbeit legte sie die Arbeitsschürze ab und band sich die Sonntagsschürze um. Nun fand auch sie endlich Zeit, um sich zum Plaudern zu den anderen zu setzen. Dann war es Zeit für einen gemeinsamen Spaziergang, denn auch dieser gehörte zu den sonntäglichen Gepflogenheiten. Der ganze Grund wurde abgeschritten, um zu sehen, ob alles in Ordnung war und was demnächst an Arbeit bevorstand.

Alltagsleben von früher

Es sind lustige, aber auch traurige Geschichten, die das Alltagsleben der letzten 100 Jahre widerspiegeln. Garniert werden die Beiträge mit rund 260 alten Kochrezepten. „Die Leute waren damals sehr geistreich und konnten aus bescheidenen Zutaten köstliche Gerichte zubereiten.“

So beispielsweise ein Kraftsupperl. Jedoch auch mit Baumwoll-Koch, Schweinernem, Sterzauflauf, Krautspatzen, Brottommerl, Hendl mit Bandnudeln, Kürbiseintopf, Apfelstrudel oder Grießschmarren macht Karl Oswald den Mund seiner Leser wässerig. „Das Faszinierende an diesen alten Rezepten ist, dass sie einfach zum Nachkochen sind und fast jeder die Zutaten daheim hat, ohne extra dafür einkaufen gehen zu müssen.“

Die Speisen sind – vom Auflauf über Eintopf, Gulasch, Knödel, Sterz und Suppe bis hin zum Tommerl – in Gruppen gegliedert. Erdäpfel-, Fisch-, Fleisch-, Hendl-, Kraut-, Schwammerl- und Strudelgerichte machen ebenfalls Gusto auf die Küche von anno dazumal. Natürlich geht es dabei auch um das tägliche Brot.

Alte Kochrezepte

Es ist ein historischer Rückblick, mit dem Karl Oswald die Auswahl seiner Kochrezepte „abschmeckt“. Denn zufällig ist ihm vor ein paar Jahren ein in Kurrentschrift verfasstes Heft in die Hand gekommen, dass jemand auf dem Dachboden gefunden hatte. Die Aufzeichnungen von 1892 handeln nur von einem Thema – es geht ums Kochen. Allem Anschein nach dürfte es sich um eine große Bäuerin gehandelt haben, die ihre Rezepte einer schreibkundigen Person zum Notieren gegeben hat. Darauf lassen nicht zuletzt die vielen Fleischgerichte schließen, die in früherer Zeit eher selten und höchstens an Sonn- und Festtagen auf den Tisch gekommen sind.“ Karl Oswald hat das Kochheft von seinem Lektor transkribieren lassen. Beispiele gefällig? Erbsen-Koch, Wein-Koch, Nudelpastetchen, Pomeranzen Bufferln…
Die beiden je 150 Seiten starken Publikationen – für Oma und Opa gilt somit das Gleichheitsprinzip – sind im Buchhandel oder unter 0664 1140876 auch einzeln erhältlich. Am 22. Dezember kann man Karl Oswald übrigens ab 19 Uhr bei einer Lesung im Buschenschank Stelzl-Altenbacher in Oberhaag erleben. Motto des Abends: Advent: Es darf gedacht und gelacht werden! Dabei wird es wohl auch heißen: „Vota, hul an Most!“

 

Beitragsfoto: Fürbass

 

 

 

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