Interview der Woche: Rudolf Behr

von Karl Brodschneider

Der neue Präsident des Kameradschaftsbundes Steiermark, Rudolf Behr, im NL-Interview der Woche über das Image, die vernachlässigte Nachwuchsarbeit und Frauen in ÖKB-Spitzenfunktionen.

 

NEUES LAND: Beim Landesdelegiertentag in Krieglach wurden Sie mit 467 der 468 anwesenden Delegierten aus den 19 Bezirksverbänden der Steiermark zum neuen steirischen ÖKB-Präsidenten gewählt. Aus der Vergangenheit wissen wir, dass solche Wahlen nicht immer so harmonisch vonstattengingen wie dieses Mal. Wie haben Sie dieses einmalige Ergebnis zusammengebracht?

Rudolf Behr: Das ist ganz schwer oder gar nicht zu erklären. Ich glaube, dass man als Kandidat authentisch bleiben muss. Mich hat dieses Ergebnis selbst sehr überrascht, weil ich in den obersteirischen Bezirken bisher kaum bekannt war. Entscheidend war auch, dass es nur einen Wahlvorschlag gegeben hat. Es ehrt mich, dass ich diesen großen Vertrauensvorschuss erhalten habe. Das bedeutet für mich aber auch einen nicht unerheblichen Druck, denn die Wahl zum Präsidenten ist mit einer großen Verantwortung verbunden.

Behr mit Dicker

Im Beisein von Landesrat Hans Seitinger wurde der scheidende Obmann Peter Dicker mit einer Urkunde bedankt.

Premiere in Österreich

NL: Eine ihrer sechs Stellvertreter ist mit Renate Haring eine Frau. Das ist österreichweit erstmals der Fall, dass eine Frau in die oberste Führungsriege des ÖKB gewählt worden ist. Welche Bedeutung spielen Frauen im Kameradschaftsbund, wird der ÖKB weiblich?

Behr: Weiblich wird er nicht werden, aber wir wollen schon die Gleichberechtigung im ÖKB herbeiführen. Schließlich sind Frauen auch bei der Polizei, im Militär, in der Justiz integriert und warum soll das nicht auch beim ÖKB der Fall sein? Die Frauen sind engagiert und im Vormarsch und ich möchte nicht, dass der Kameradschaftsbund eine reine Männerdomäne bleibt.  Wir müssen die Frauen integrieren, warum nicht auch in Führungspositionen? Im Vorstand wird zudem Ingrid Heuberger als neue Landesschriftführerin mitwirken. Sie ist Obfrau des ÖKB-Ortsverbandes Graz-Liebenau.

 

NL: In Ihrer Antrittsrede als neuer ÖKB-Präsident haben Sie angekündigt, besser auf die Jugend eingehen zu wollen. Wurde die Nachwuchsarbeit im ÖKB bisher vernachlässigt?

Behr: Leider ja! Es ist ungewollt passiert, weil die Arbeit in den Verbänden über viele Jahre und Jahrzehnte gut gelaufen ist. Aber man hat vergessen, junge Mitglieder in Vorstandsfunktionen einzubauen. Ich stelle fest, dass es überhaupt kein Problem ist, dass die Jugend dem ÖKB beitritt, wenn man sie auch anspricht. Wir müssen dringend etwas tun, denn die Zeit läuft. Wenn wir nicht massiv schauen, dass wir die Jugend zum ÖKB bekommen, kann es passieren, dass sich Ortsverbände auflösen. Derzeit haben wir in der Steiermark 349 Ortsverbände mit knapp 52.000 Mitgliedern.

 

Image in der Bevölkerung

NL: Welches Image hat der ÖKB Ihrer Meinung nach in der Bevölkerung? Und welches Image wollen Sie dem ÖKB geben?

Behr: Das ist sehr stark regionsbezogen. In den städtischen Bereichen haben wir kein gutes Image. Je ländlicher eine Gemeinde ist, desto stärker ist der ÖKB in der Bevölkerung verankert. Daher müssen wir alles unternehmen, um das Image des Kameradschaftsbundes zu heben. Wir müssen in den Gemeinden noch mehr mitwirken und das hervorheben, was in den Wurzeln des ÖKB steckt. Das sind die Kameradenhilfe und das Aufrechterhalten der soldatischen Tugenden. Um es noch einmal zu betonen, wir müssen in der Bevölkerung mehr präsent sein und unsere Mithilfe immer wieder anbieten. Dabei ist es egal, welche Tätigkeiten das sind. Wir müssen uns anbieten und helfen.

 

NL: Auffallend ist, dass der ÖKB Steiermark in den Tages-, Rundfunk- und TV-Medien selten mit Stellungnahmen zu Themen, welche die Menschen beschäftigen wie zum Beispiel Corona, vorkommt. Hat man nichts zu sagen?

Behr: Es gibt schon Punkte, wo wir uns zu Wort melden, zum Beispiel zu Fragen, die das Österreichische Bundesheer betreffen. Was Corona betrifft, ist meine Position dazu schon sehr klar und die lautet: Impfen, impfen, impfen! Weil ich glaube, dass Impfen der beste Schutz ist.

 

NL: Apropos Corona. Wie ist es den Ortsverbänden und Mitgliedern in den letzten eineinhalb Jahren gegangen?

Behr: Das Jahr war für den ÖKB absolut verloren. Wir konnten gar nichts machen und konnten viele Kameraden, die verstorben sind, nicht in der gewohnten und würdigen Form verabschieden. Wir haben schon sehr gelitten.

 

NL: Die nächsten landesweiten Auftritte des ÖKB sind zu Allerheiligen die traditionellen Totengedenkfeiern und Friedhofsammlungen. Wird es das heuer überall geben?

Behr: Wir vom Landesverband haben gesagt, dass wir wieder sammeln werden. Der Großteil unserer Mitglieder ist geimpft. Wenn aber ein Ortsverband sagt, dass er nicht sammelt, so ist das auch zu akzeptieren. Aber es ist uns schon ein Anliegen, dass wir mit diesen Friedhofsammlungen das Österreichische Schwarze Kreuz unterstützen. Und die Totengedenkfeiern werden wahrscheinlich überall unter den derzeit geltenden Coronamaßnahmen stattfinden.

 

Zur Person

Rudolf Behr (59) ist Berufsunteroffizier im Militärkommando Steiermark und wohnt mit seiner Familie in Leibnitz. Im Jahr 1980 trat er dem ÖKB-Ortsverband Kaindorf an der Sulm als Mitglied bei und ist dort derzeit geschäftsführender Obmann. 2016 wurde er Vizepräsident des Landesverbandes Steiermark und 2018 Vizepräsident des Österreichischen Kameradschaftsbundes. Am 2. Oktober 2021 wurde er in Krieglach zum neuen ÖKB-Landespräsidenten und Nachfolger von geschäftsführenden Präsidenten Peter Dicker gewählt.

 

Beitragsfotos: ÖKB/Ewald Hofer

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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