Im Interview: Dagmar Karisch-Gierer

von Karlheinz Lind

Dagmar Karisch-Gierer steht dem Verein „Die Forstfrauen“ als Obfrau vor. Der Erfahrungs- und Meinungsaustausch steht im Mittelpunkt.

NEUES LAND: Kürzlich fand in Kobenz eine besondere Jubiläumsveranstaltung statt. Dabei standen die Initiative ‚Wald in Frauenhänden‘ sowie der Verein ‚Die Forstfrauen‘ im Mittelpunkt. Wo lagen die Höhepunkte?

Dagmar Karisch-Gierer: Es war eine wahnsinnig tolle Veranstaltung, die Stimmung war sehr positiv. Diesmal haben wir unserer Jugend eine große Bühne geboten. Sowohl Schülerinnen und Schüler der Forstschule Bruck als auch der Land- und forstwirtschaftlichen Fachschule Kobenz kamen zu Wort. Ein besonders Highlight war auch der Blick in andere Branchen. Eveline Breitwieser-Wunderl von der Porsche Holding Gmbh und Viktoria Rammer von der FH Oberösterreich beschäftigten sich mit dem Thema, wie man Frauen für technische Berufe stärker begeistern kann.

NL: Wie ist der Verein ‚Die Forstfrauen‘ eigentlich entstanden?

Karisch-Gierer: Bereits bei meinem Forststudium wurde mir klar, dass es sich dabei um eine reine Männerdomäne handelt. Auf der BOKU lag der Frauenanteil bei rund zehn Prozent. Dies hat sich im Berufsalltag nicht verändert. Bei vielen Veranstaltungen hieß es in der Begrüßung ‚Sehr geehrte Frau, sehr geehrte Herren‘, da ich die einzige Frau war. Als Hermine Hackl die Presseabteilung der Land&Forst Betriebe Österreichs übernahm, waren wir plötzlich zu zweit. Wir starteten eine Umfrage und haben bei einem Treffen im Winter 2001/2002 besprochen, was wir machen wollen. Dies war die Geburtsstunde der Forstfrauen.

 

NL: Wollte man sich dadurch in der männerdominierten Forstwirtschaft mehr Gehör verschaffen?

Karisch-Gierer: Unsere Ziele waren und sind, Frauen in der Forstwirtschaft zu vernetzen, zu unterstützen und etwas für die Forstwirtschaft zu machen. Das ganze Projekt ist ja nicht aus einer Not heraus entstanden. Wir Frauen wurden in den forstlichen Gremien immer akzeptiert und geschätzt.

 

NL: Wie ging es weiter?

Karisch-Gierer: Unser Start erfolgte als loses Netzwerk mit rund 50 Teilnehmerinnen. Nach einiger Zeit haben wir aber gesehen, dass es in dieser Form schwer zu führen ist. Deshalb wurde im Jahr 2003 ein Verein gegründet, um die notwendigen Rahmenbedingungen und Verbindlichkeiten zu schaffen. Mittlerweile zählt unser Verein knapp 130 Mitglieder, sieben davon sind Männer. Sie stammen aus den unterschiedlichsten Branchen, von der Waldbesitzerin bis hin zur Landesforstdirektorin.

 

NL: Welche Veranstaltungen werden im Jahreslauf abgehalten?

Karisch-Gierer: Einmal im Jahr gibt es eine Generalversammlung in Kombination mit einer Exkursion. Alle anderen Veranstaltungen werden anlassbezogen durchgeführt. Während der Corona-Pandemie haben sich die Online-Treffen verstärkt. Dies brachte einen sehr positiven Effekt mit sich. Bei der internationalen Forstfrauenkonferenz im April hatten wir viel Publikum aus dem Ausland. Deshalb sind wir gerade dabei, einen internationalen Dachverband für Forstfrauen zu gründen. Der Vereinssitz wird in Österreich sein.

 

NL: Wie finanziert sich der Verein?

Karisch-Gierer: Auf unsere Unabhängigkeit sind wir besonders stolz. Alle Tätigkeiten werden ehrenamtlich und somit unentgeltlich durchgeführt.

 

NL: Was hat es mit der Initiative ‚Wald in Frauenhänden‚ auf sich?

Karisch-Gierer: Rund ein Viertel aller Waldbesitzer sind Frauen. Von Paul Lang vom Waldverband und Carl Croy von den Land&Forstbetrieben Steiermark wurde vor vielen Jahren die Bitte an mich herangetragen, etwas für unsere Waldbesitzerinnen oder für Frauen mit Interesse an der Forstwirtschaft zu tun. Oft haben sie keine forstliche Ausbildung und sind aber trotzdem für die Bewirtschaftung der Flächen zuständig. Unser klares Ziel war und ist es, bei diesen Frauen ein forstliches Basiswissen zu schaffen. Das heißt ja nicht, dass sie mit der Motorsäge in den Wald sollen. Besonders beliebt sind unsere Waldspaziergänge für Frauen. Heuer finden diese übrigens unter dem Motto ‚Bäume der Zukunft‘ statt. Infos erhält man auf fastpichl.at.

Zur Person

  • Dagmar Karisch-Gierer hat nach dem Gymnasium das Studium der Forstwirtschaft an der Universität für Bodenkultur (BOKU) in Wien absolviert.
    Die zweifache Mutter hat 1998 beim Ländlichen Fortbildungsinstitut Steiermark (LFI) am Standort der Forstlichen Ausbildungsstätte Pichl ihre berufliche Laufbahn gestartet.
  • Seit 2011 ist sie bei der Landeskammer Steiermark beschäftigt, ebenfalls an der FAST Pichl.
  • Seit 18 Jahren steht sie den Forstfrauen als Obfrau vor.
  • Karisch-Gierer, wohnhaft in Frohnleiten, besitzt zwei Ponys. Zur ihren Hobbys zählen Lesen und die Gartenarbeit.

Beitragsfoto: Lind

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