Auf Zeitreise

von NEUES LAND

Ein junger Wirt führt in Bodendorf das älteste Gasthaus der Steiermark. Zu dessen Erfolg haben sehr viele im Ort beigetragen.

Das Gasthaus Winter in Bodendorf in der Gemeinde St. Georgen am Kreischberg ist mit Abstand das älteste Gasthaus der Steiermark. Eine Urkunde des Patriarchen Peregrin von Aquileia aus dem Jahr 1152 belegt, dass Gräfin Hemma von Treffen damals diese als Taverne bezeichnete gastliche Stätte dem Kloster Sittich in Krain schenkte. Nach weit über drei Jahrhunderten ging sie dann an einen gewissen Cristan Krautwadl – einen von geschätzt rund 30 Eigentümern. Immerhin der sehr ähnliche Vorname verbindet diesen mit dem heutigen Besitzer. Christian Lindschinger hat den höchst ungewöhnlichen Betrieb im Jänner 2016 von seiner Mutter Heidelinde Krobath übernommen, die dort stattliche 35 Jahre Regie führte. Sie geht wohl als die jüngste Wirtin des ältesten Gasthauses der Grünen Mark in die Geschichte ein. Sie musste einst mit 18 als volljährig erklärt werden, um überhaupt Unternehmerin werden zu können. Was sie mit Bravour erledigte.

Christian Lindschinger führt das älteste Gasthaus der Steiermark.

Christian Lindschinger hat den höchst ungewöhnlichen Betrieb im Jänner 2016 von seiner Mutter Heidelinde Krobath übernommen.

In der ganzen Welt

Christian Lindschinger ist Absolvent der Tourismusschule Bad Gleichenberg. Er war viele Jahre in der ganzen Welt unterwegs, um in diesem Metier Erfahrung zu sammeln. Zuletzt war der Weltenbummler auch einige Zeit an der Seite seiner Mutter im Betrieb tätig. Da gab’s auch die gemeinsame Erkenntnis „wir müssen uns stärker profilieren“. Das Gasthaus Winter sollte – so beschloss man – seine Einzigartigkeit noch mehr  spürbar machen. An diesem Projekt halfen, erzählt Lindschinger dankbar und auch begeistert, sehr viele Leute mit: „Der halbe Ort – wir haben nur rund 200 Einwohner in Bodendorf – hat uns tolle Dekorationsstücke zur Verfügung gestellt und eine Schulklasse in Murau hat die Darstellung der gastlichen Jahrhunderte zum Projekt gemacht.“

Sie alle sind uns sehr wichtig

So wurde es möglich, dass man im Gasthaus Winter in verschiedenen Jahrhunderten sitzen, mit der Speisekarte auf Zeitreise gehen und Fensterbänke erleben kann, die musealen Charakter haben. Die Frau Mama hat auch ein starkes kulinarisches Fundament in Form steirisch bodenständiger Küche mit teilweise historischen Bezügen geschaffen, das nach wie vor sehr gefragt ist. So beispielsweise die vielgepriesene Klachelsupppe oder feinste Dinkelnockerln. Dazu kommt noch eine Besonderheit – der eigene Gemüsegarten beim Gasthaus, wo die Köstlichkeiten gleich direkt ganz frisch in die Küche geholt werden können.

Großer Wert

Das älteste Gasthaus der Steiermark liegt direkt an der Bundesstraße und ist daher auch eine beliebte Raststation für Bus- und andere Reisende. Es legt aber ebenso auf seine Bindung an das Orts- und Gemeindegebiet großen Wert. In diesem Zusammenhang freut man sich, dass die Vereine und Organisationen „sehr auf ihre Gasthäuser schauen“. Lindschinger: „Musik, Feuerwehr, Theaterverein, Sänger und andere wechseln mit ihren Treffen ganz genau so, dass jeder Betrieb drankommt.“ Nachsatz: „Das beruht auch auf Gegenseitigkeit – sie alle sind auch uns sehr wichtig!“

Die knappe und doch klare Botschaft des jungen Wirtes im ältesten Gasthaus des Landes an die Kolleginnen und Kollegen in den gastronomischen Traditionsbetrieben: „Tut was!“ Die Freude am Beruf sieht er als entscheidenden Erfolgsmotor: „Stunden darf man nicht zählen. Wenn’s dir keinen Spaß macht, lass es bleiben!“ Und er weist abschließend noch darauf hin, dass die Führung eines Gasthauses ein „durchaus riskantes Geschäft“ sei. Die Erklärung dafür: „Einmal eine falsche Ansage oder ein Fehler in der Küche und der Stammgast ist weg.“

Fotos: Privat

 

 

 

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