Das langanhaltende kühle und nasse Wetter bereitet den steirischen Imkern Sorgen. Es gibt heuer keinen Blütenhonig. Jetzt hofft man auf eine gute Tracht beim Waldhonig.
Üblicherweise beginnen die Imker jetzt schon mit dem Schleudern des Blütenhonigs, doch heuer ist alles anders. Laut den Prognosen der Zentralanstalt für Meteorologie dürften die Monate März, April und Mai in Österreich um 1,5 bis 1,9 Grad kälter ausfallen als im Schnitt der vergangenen 30 Jahre. Sieht man von der letzten März-Woche ab, als das Thermometer stellenweise in Richtung 25 Grad kletterte, war es immer zu kalt.
„Noch nie erlebt“
Für die Imker ist das derzeitige Wetter eine Katastrophe. „In den 40 Jahren, in denen ich Imker bin, habe ich es noch nie erlebt, dass ich gegen Ende Mai meine Bienen noch füttern musste“, klagt Alois Rauch, Vollerwerbsimker in Oedt bei Feldbach. Er fährt fort: „Statt eine Tonne Honig geschleudert zu haben, habe ich schon eine Tonne an die Bienen verfüttert.“
Um keinen Deut besser geht es seinem Berufskollegen Johannes Wieser aus Frohnleiten. „Ich wollte Mitte Mai das erste Mal schleudern“, erklärt Wieser, der auch Obmannstellvertreter in der Bezirksbauernkammer Graz-Umgebung ist, „aber bis jetzt hatte ich leider noch nichts zu schleudern.“ Das heißt, dass es heuer keinen Blütenhonig geben wird. „Sogar aus dem Burgenland, wo ich viele Bienenstöcke aufgestellt habe und sonst immer eine sichere Ernte erzielt habe, bringe ich diesmal nicht viel heim.“ Der Grund dafür ist rasch erklärt. Das Bienenvolk hat einen hohen Eigenbedarf und verzehrt selbst den gesammelten Honig, wenn es nicht seiner summenden Arbeit nachgehen kann.
Honig aus Honigtau
Die ganze Hoffnung der Imker liegt jetzt auf den Waldhonig. Dieser entsteht nicht aus dem Nektar von Blüten, sondern aus Honigtau. Diese süße Masse wird von Schildläusen und anderen Insekten gebildet, die den zuckerhaltigen Pflanzensaft von Bäumen trinken, verdauen und abschließend absondern. Im Vorjahr mussten die steirischen Imker beim Waldhonig – er kann aus Laub- und Nadelbäumen gewonnen werden – einen Totalausfall verzeichnen. Zu Erinnerung: ab Mitte Mai 2020 gab es über Wochen viel Regen und kühle Temperaturen. Die Bienen wollten tagsüber zwar losfliegen, die Honigtauerzeuger konnten aber aufgrund der kühlen Nächte nicht arbeiten.
„An und für sich ist der Waldhonig der sicherste Honig“, erklärt Wieser und merkt an, dass er selbst erstmals seit 15 Jahren keinen Waldhonig mehr auf Vorrat hat. Daran ist aber nicht nur die Missernte im Vorjahr Schuld. Auch die beiden Jahre zuvor erbrachten nur eine mäßige Waldtracht. Grundvoraussetzung dafür, dass es heuer wieder eine gute Waldhonig-Ernte geben kann, ist, dass es endlich wärmer wird – nicht nur tagsüber, sondern auch nachts – und starke Niederschläge und Hagel ausbleiben. Alois Rauch drückt es so aus: „Wir brauchen jetzt eine längere Phase, wo es schön ist und es auch in den Nächten warm bleibt.“
Noch alle daheim
Üblicherweise hat Rauch Ende Mai seine Bienenvölker schon auf die Standplätze am Rosenkogel und im Naintschgraben gebracht. „Leider bin ich mit ihnen noch immer daheim, weil es überall einfach viel zu kalt ist“, wirkt er ungeduldig. Das hat seinen Grund. Für die Imker geht die Saison schon etwa um den 20. Juli zu Ende. Bis dahin muss die gesamte Honigernte eingebracht sein. „Aber wir haben bis dahin nicht mehr so viel Zeit“, blickt er auf die Wettervorhersagen und muss feststellen, dass die Meteorologen vorerst bis Ende Mai keine nennenswerte Besserung ankündigen. „Einen so unangenehmen, kalten Frühling habe ich als Imker noch nie erlebt“, sagt Rauch abschließend.
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