Im Interview: Josef Kurz

von Karlheinz Lind

Josef Kurz, Landesleiter der Österreichischen Hagelversicherung, über Frost, Dürre, Hagel und merkbar steigende Unwetterintensitäten.

 

NEUES LAND: Große Teile der Steiermark wurden heuer bereits wieder von schweren Unwettern heimgesucht. Wie sieht die bisherige Bilanz des Schadensjahres 2020 aus?

Landesleiter Josef Kurz: Bis zu neun Frostnächte zwischen Mitte März und Mitte April haben massive Schäden an den Blüten und Früchten der Obstkulturen verursacht. Bei den Marillen ist praktisch ein Totalausfall zu verzeichnen, bei Kirschen haben noch einige Spätsorten Teilerträge gebracht. Bei Äpfeln sind überraschender Weise nur wenige Lagen und Sorten wirklich leer, Schäden an der Qualität der Früchte sind jedoch leider häufig zu sehen. Was die Hagelsituation betrifft, ist das heurige Jahr insofern anders, als wir erst Mitte Juni erste nennenswerte Hagelschäden bekamen. Dann ging es aber leider Schlag auf Schlag und das Wetter hat wieder einmal gezeigt, was es kann. Alleine das Unwetter vom 29. Juni hat einen Gesamtschaden für die Landwirtschaft von rund acht Millionen Euro verursacht und Kulturen von etwa 1000 Betrieben beschädigt.

 

NL: Gibt es regionale Hotspots, wo Schäden durch Hagel und Starkregen vermehrt auftreten?

Kurz: Die Steiermark ist aufgrund ihrer geographischen Lage mit den Alpen im Westen und dem pannonischen Flachland im Osten ein sehr hagelgefährdetes Gebiet. Regionale Hotspots sind dabei nicht zu erkennen. Man kann eher sagen: die ganze Steiermark ist in gewisser Weise ein Hotspot.

Schadensgebiete

NL: Wie sieht der Vergleich zum Jahr 2019 aus? Gibt es höhere oder tendenziell eher geringere Schäden?

Kurz: Wie gesagt sind die Schäden durch das Risiko Frost im Obstbau deutlich größer als das im letzten Jahr der Fall war. Beim Hagel hatten wir zwar weniger Ereignisse, die Schäden und die Schadensgebiete sind heuer jedoch um einiges größer und intensiver, sodass die Gesamtschadenssumme des Vorjahres bereits überschritten ist.

 

NL: Stichwort Corona-Krise. Wie erfolgte beziehungsweise erfolgt derzeit die Schadensaufnahme? Was hat sich für Sachverständigen und Landwirte geändert?

Kurz: Unsere Sachverständigen sind besonders angehalten, die Grundregeln gegen das Coronavirus einzuhalten. Wir verzichten auch auf gemeinsame Autofahrten mit den Kunden und auf die Unterschrift des Kunden am Tablett-PC. Besonders herausfordernd sind Einsatzbesprechungen, die wir seit Beginn der Krise online durchführen. Ein Auftreten dieser Krankheit an einem Kollegen nach einer Besprechung wäre fatal.

 

NL: Bei den steirischen Bäuerinnen und Bauern werden Grundfutterausfälle aufgrund fehlender Niederschläge immer öfter zum Problem. Brachte der Regen der letzten Tage und Wochen Entspannung? Wurden Dürreschäden bereits gemeldet?

Kurz: Im April und Mai war es in vielen Landesteilen deutlich zu trocken, was leider Ausfälle im Grünland und teilweise auch im Getreide verursachte. Vor allem der Bezirk Bruck-Mürzzuschlag, aber auch Regionen des Bezirkes Murtal, Graz-Umgebung und des Bezirkes Hartberg-Fürstenfeld sind davon betroffen. Natürlich brachten die Niederschläge der letzten Wochen eine gewisse Entspannung. Der Ausfall des wichtigen ersten Schnittes beim Grünland kann in den meisten Fällen durch diese Niederschläge aber nicht ersetzt werden.

 

NL: Muss man in der Steiermark heuer noch mit schweren Unwettern rechnen?

Kurz: Ja, definitiv. Entwarnung kann erst dann gegeben werden, wenn die Ernten eingefahren sind.

 

Zur Person:

  • Josef Kurz absolvierte die Höhere Bundeslehranstalt Raumberg-Gumpenstein.
  • Sein beruflicher Werdegang führte ihn von der Saatgutstation RWA-Lannach über die Saatmaisbau-Genossenschaft St. Ruprecht an der Raab zur Österreichischen Hagelversicherung.
  • Seit 2005 hat er die Funktion der Landesleitung inne.
  • Kurz ist Landwirt in Dobl-Zwaring.

Beitragsfoto: Österreichische Hagelversicherung

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