Der leise Abschiedstanz

von Karl Brodschneider

In immer mehr Gemeinden verschwinden die Bälle in der Faschingszeit aus dem Terminkalender. NEUES LAND begibt sich auf Spurensuche dieses Ball-Sterbens.

Heuer gibt es in Kalsdorf bei Graz erstmals keinen einzigen Ball. 7600 Einwohner zählt die Marktgemeinde im Süden von Graz, aber nur wenigen von ihnen scheint das zu stören. In den 1980er Jahren zählte man in Kalsdorf in der Faschingszeit noch acht Tanzveranstaltungen – beginnend vom Musikerball über den Sportlerball bis hin zum Pfarrball.

Nicht viel anders sieht es in Mautern aus. Bürgermeister Andreas Kühberger spricht ebenfalls vom „Ball-Sterben“, allerdings nicht auf dem grünen Rasen, sondern auf dem Tanzparkett. Er erinnert sich noch an die klassischen Hausbälle, die es früher in Mautern gab, aber heute spielen in seiner Gemeinde weder ein Trio noch ein Quartett zum Tanz auf.

Ein Ort, zehn Bälle

Sein Amtskollege Sepp Waltl berichtet sogar von zehn Bällen, die es noch vor wenigen Jahrzehnten in Wies gab. „In einem kurzen Fasching wurde regelrecht um den Termin gestritten“, sagt Waltl. Heute hat in Wies gerade ein einziger Ball überlebt, jener der ÖVP.

Auch im Luftkurort Fischbach gibt`s in der Faschingszeit nur mehr einen Ball und dieser findet am kommenden Samstag statt. Der Kameradschaftsbund lädt zum Heimatball im Gemeindesaal und hofft, dass „Die Joglländer“ für einen vollen Tanzboden sorgen.

Voraussetzung dafür ist aber, dass die Menschen überhaupt hingehen. Albin Wiesenhofer von der Gruppe „Fuchsbartl Banda“ beobachtet schon seit Jahren dieses Ball-Sterben. „In ländlichen Gemeinden mit einer guten Dorf- und Vereinsstruktur funktioniert es noch, aber je mehr man sich der Landeshauptstadt beziehungsweise den Bezirksstädten nähert, desto mehr verschwinden diese traditionellen Tanzveranstaltungen“, lautet seine Analyse. Und er kommt zu einem weiteren Schluss: „Wenn die Gasthäuser zusperren, werden auch die Bälle weniger!“

Auf der Suche nach den Ursachen dieses Ball-Sterbens und dem damit verbundenen Kultur-Verlustes stößt Wiesenhofer auf mehrere Gründe: „Die Menschen wollen immer mehr ein Event. Statt sich zu unterhalten, wollen sie unterhalten werden. Dazu kommt, dass die Durchführung eines Balles viel Aufwand erfordert und viele Mitarbeiter benötigt. Das wollen sich viele Veranstalter nicht mehr antun.“

Mitternachtseinlage

Dass kleine Bälle trotz aller Unkenrufe noch Zukunft haben, beweisen manche Veranstalter mit neuen Ideen. Der Feuerwehrball in Wundschuh schien vor einigen Jahren vor seinem letzten Tanz zu stehen. Zusammen mit dem Wirt stellte man ein neues Konzept auf, lud vor Beginn zu einem exklusiven Abendmenü und machte anstatt der Polonaise eine Mitternachtseinlage. Und siehe da, es läuft wieder. „Heuer hatten wir Rekordbesuch!“, jubelt HBI Christof Greiner.

Dass bei den Jungen das „Ball-Gehen“ nach wie vor in ist, davon ist Stefan Sonnleitner, der steirische LJ-Landesobmann, überzeugt. „Die jungen Burschen und Mädchen tanzen gerne. Das sieht man nicht nur beim Tag der Landjugend, sondern bei den LJ-Bällen.“ Und davon gibt es, so Sonnleitner, noch genug.

Der Landball

  • In den meisten Landgemeinden treten Vereine als Ball-Veranstalter auf.
  • Eine aus zwei bis sechs Personen bestehende Musikgruppe sorgt für die Tanzmusik.
  • Es gibt meist eine oder zwei Bars (Sekt, Wein).
  • Eine Polonaise, Mitternachtseinlage oder Glückshafen sollen zusätzlich Besucher anlocken.
  • Der Eintritt an der Abendkassa liegt in der Regel zwischen vier und zehn Euro pro Person.

Beitragsbild: Steirisches Voksliedwerk

 

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