Im Interview: Stefan Lampl

von Karl Brodschneider

Direktor Stefan Lampl berichtet, wie es der Steirischen Beerenobstgenossenschaft bei der Vermarktung von Holunder, Johannisbeere und Aronia geht.

 

NEUES LAND: Vor kurzem beging die Steirische Beerenobstgenossenschaft mit einem Festakt in Nestelbach im Ilztal ihr 60-jähriges Bestehen. Welchen Einzugsbereich deckt die Genossenschaft ab und wie viele Mitglieder zählt sie?

Stefan Lampl: Das Anbaugebiet erstreckt sich von Eibiswald bis in den Seewinkel. Epizentrum ist freilich die südliche Oststeiermark bis in den Raum Hartberg. Aber auch in Kärnten und Niederösterreich haben wir Produzenten. Von unseren 500 Mitgliedsbetrieben sind derzeit rund die Hälfte aktiv.

 

NL: Die Hauptprodukte sind Holunderblüte, Holunderbeere, Schwarze Johannisbeere, Rote Johannisbeere und Aronia. Wer sind Ihre Abnehmer?

Lampl: Wir haben in den letzten Jahrzehnten über 200 Kunden aufgebaut. Da ist alles dabei, vom Direktvermarkter bis hin zur großen verarbeitenden Industrie. Unser Hauptgeschäft machen wir aber mit einer deutschen Unternehmerfamilie, mit der wir seit mittlerweile vier Jahrzehnten in Partnerschaft zusammenarbeiten und sogar ein Tiefkühlhaus miteinander betreiben.

 

Rückblick auf gute Jahre

NL: Was waren rückblickend die Superjahre bei den einzelnen Kulturen?

Lampl: Das waren sicher die goldenen 1980-er für die Johannisbeeren. So manch ein Rohbau in dieser Zeit wurde mit nur einer Jahresernte finanziert, eigentlich unvorstellbar. Beim Holunder dürfte die erste gute Welle so um 2005 bis 2007 erfolgreich gewesen sein, aber auch mit der Rekordabrechnung 2021 sehen wir bei Holunder derzeit guten und stabilen Zeiten entgegen.

 

NL: Kommen wir zur aktuellen Situation. Im Holunderbereich herrschte vor drei, vier Jahren noch Krisenstimmung, jetzt sprechen Sie von Rekordpreisen. Wie ist das möglich und wodurch hebt sich der einheimische Holunder vom Mitbewerb ab?

Lampl: Wir hatten und haben immer wieder mit großen Mengen und niedrigen Rohwarenpreisen aus dem Osten Probleme. Schwierig wird es dann, wenn sich die Rohware in einfachen Produkten wie Saftkonzentrat wiederfindet. Da sind wir austauschbar und kommen mit unseren Produktionskosten nicht mit. Wir sind dann mit unserem Partner zusammengesessen und haben ausgelotet, bei welchen Produkten der Einsatz unserer Rohware Sinn macht und wo nicht. Das war schmerzhaft, weil wir unsere Produktion der Nachfrage anpassen mussten. Nun haben sich diese Nischenprodukte jedoch prächtig entwickelt. Somit gab es deutliche Preissteigerungen und wir konnten wieder einigermaßen vernünftige Anbau- und Lieferverträge ausgeben. Das gibt Sicherheit für alle Beteiligten.
Gut gelungen ist uns auch, dass wir nicht nur auf Kundenwünsche eingehen, sondern diese auch tatsächlich und geschlossen umsetzen. So etwas kann nur eine starke Organisation. Auch die rasche und zuverlässige Ernteabwicklung sowie das Zusammenwirken von Produzenten und dem Kühlhaus heben unser Produkt Erntetag für Erntetag ab. Wir haben uns da gut und effizient weiterentwickelt. Unserer Bauern melden via App ihre Tagesmengen und wo sie anliefern werden. So können wir per Knopfdruck effizient disponieren und rasch die hohe Qualität ins Kühlhaus, sichern ohne teure Überkapazitäten finanzieren zu müssen.

 

Holunder und Trockenheit

NL: Welche Auswirkungen hat der heurige Dürre-Sommer auf die Holunder-Ernte?

Lampl: Wie jede Kultur trifft uns der Wassermangel natürlich heftig. Wenn es zu Notreifesituationen kommt, dann sind die Inhaltsstoffe natürlich nicht optimal. Wir hoffen, dass die Niederschläge der letzten Tage doch noch großen Schaden abgewendet haben. Wie groß der Schaden tatsächlich ist, wird man in wenigen Wochen sehen.

 

NL: Wie stabil ist der Ribiselmarkt?

Lampl: Hier sind die Spielregeln ähnlich. In der konventionellen Welt haben wir nur Chancen, wenn es große Ausfälle vorrangig in Polen gibt. Die Beerenobstgenossenschaft hat sich schon früh (seit der Jahrtausendwende) mit der BIO-Ribiselproduktion auseinandergesetzt. Dafür sind wir europaweit bekannt und ernten dafür relativ stabile Preise.

 

 

NL: Großes Sorgenkind ist derzeit wohl die Aronia. Warum ist das so?

Lampl: Das dürfte mit den Produkten dahinter zusammenhängen. Bei Aronia sind wir sehr stark austauschbar – die Herkunft allein ist für ein Produkt am internationalen Markt leider ein zu schwaches Argument. Eine Differenzierung und deutliche Abhebung – wie zum Beispiel beim Holunder – sind uns hier leider nicht gelungen.

 

NL: Gäbe es noch weitere Beerenarten, die im Portfolio der Steirischen Beerenobstgenossenschaft Platz finden könnten?

Lampl: Unserer Mitgliedsbetriebe sind innovativ und ständig am Herumprobieren. Das macht die Arbeit mit und in der Genossenschaft ja so interessant und wertvoll. Wir haben noch einiges im Talon. Ob sich das eine oder andere bewährt, wird sich weisen.

 

Zur Person

Stefan Lampl (39) ist seit 2014 mit der Geschäftsführer-Tätigkeit in der Steirischen Beerenobstgenossenschaft betraut und wurde vor kurzem zum Direktor ernannt. Er ist Absolvent der HBLFA Raumberg-Gumpenstein (2003) und Ribiselbauer in St. Ulrich im Greith. Er ist verheiratet, Vater von vier Kindern und ein begeisterter Schachspieler.

 

 

Beitragsfoto: Brodschneider

 

 

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