Die neue Direktorin der Fachschule Großwilfersdorf, Martina Teller-Pichler, über die Ausbildungsmöglichkeiten in dieser Schule und das Image des Gärtnerlehrlings.
NEUES LAND: Seit Schulbeginn im Herbst sind Sie Direktorin der Fachschule Großwilfersdorf. Wenn sie an die Stärken der Schule denken, was würden Sie als Erstes nennen?
Teller-Pichler: Was mir als Erstes einfällt, ist unsere Vielseitigkeit. Sie reicht von total bodenständig bis voll kreativ. Auch die Vielseitigkeit ist bei uns riesengroß – sowohl die Vielfalt im Pflanzensortiment als auch die Vielfalt der Menschen.
NL: Welche Ausbildungen sind hier möglich?
Teller-Pichler: Wir haben in unserer Gartenbauschule Großwilfersdorf drei Standbeine. Zum einen sind wir die Landesberufsschule der steirischen Gärtner. Zum anderen sind wir die weiterführende Fachschule für Gemüsebau. Das ist im Anschluss an die Fachschule für Land- und Forstwirtschaft beziehungsweise Fachschule für Land- und Ernährungswirtschaft eine sechsmonatige Ausbildung, die mit dem Facharbeiter im Feldgemüsebau abschließt. Dabei ist man von November bis Februar in der Schule, hat dann zwei Monate Praxis und kommt dann im Mai noch einmal in unsere Schule. Aber auch Quereinsteiger sind bei uns herzlich willkommen. Unser drittes Standbein ist der berufsbegleitende Lehrgang „Gärtner beziehungsweise Gärtnerin werden“. Damit sprechen wir vor allem Menschen an, die bereits im Gartenbau arbeiten, aber keine Facharbeiterausbildung haben. Sie können diese fundierte Ausbildung im zweiten Bildungsweg nachholen. Unsere Schüler sind dabei zwischen 18 und 60 Jahre alt, sie sind hochmotiviert und an allem sehr interessiert. Auch hier freuen wir uns über Quereinsteiger aus anderen Berufsbereichen mit Freude am Gartenbau.
NL: Wie schaut es mit den aktuellen Schülerzahlen aus?
Teller-Pichler: Wir haben derzeit 114 Gärtnerlehrlinge und 55 Erwachsene, welche die berufsbegleitende Ausbildung machen.
Lehrgang für Gemüsebau
NL: Und wie schaut es mit dem Lehrgang für Gemüsebau aus?
Teller-Pichler: Im letzten Schuljahr hatten wir 19 Teilnehmer, heuer ist leider kein solcher Lehrgang zustande gekommen. Dabei ist das eine wahnsinnig coole Ausbildung. Da werden nicht nur reine Fachinhalte angeboten, sondern es geht auch um betriebswirtschaftliches Knowhow und Marketing. Ich wünsche mir, dass wir diesbezüglich bekannter werden. Dafür setze ich mich auch ein, denn der Gemüseanbau ist gerade für Menschen, die einen Betrieb daheim haben, ein interessantes zweites Standbein. Das ist sehr arbeitsintensiv, aber wunderschön, wenn man sein eigenes Gemüse produziert. Die Nachfrage nach regional und nachhaltig produziertem Gemüse ist sehr groß, das Interesse ist da, der Bekanntheitsgrad für unsere Ausbildung fehlt aber.
NL: Als Gärtnerlehrling genießt man das Modell der dualen Ausbildung. Als Außenstehender hat man aber oft das Gefühl, dass mehr für das Image des Gärtnerlehrlings getan werden müsste. Teilen Sie diesen Eindruck?
Teller-Pichler: Die Steiermark ist das Bundesland mit den meisten Gärtnerlehrlingen und der größten Berufsschule, aber der Lehrberuf des Gärtners kommt in der öffentlichen Wahrnehmung kaum vor. Das fällt mir jetzt vor allem bei meinen Besuchen in den Polytechnischen Lehrgängen auf. An und für sich ist das Gärtner-Sein ein cooler Beruf, wo man Pflanzen beim Wachsen begleiten darf und mit ihnen gestalten darf. Wir bilden den landwirtschaftlichen Gärtner aus. Hier werden alle Inhalte vom Gemüsebau über den Zierpflanzenbau bis hin zur Baumschule, Landschaftsgestaltung und Floristik vermittelt. Wer die gewerbliche Gärtnerausbildung macht, ist nur Florist oder Gestalter oder Friedhofsgärtner. Übrigens, auch das Land Steiermark bildet wieder Lehrlinge aus. Ab September dürfen wir hier bei uns wieder einen Gärtner-Lehrling beschäftigen. Bei Interesse an der Lehrstelle bitte um Kontaktaufnahme.
Gefragt am Arbeitsmarkt
NL: Welche Chancen am Arbeitsmarkt haben junge Menschen, welche die Gartenbauschule Großwilfersdorf besuchen?
Teller-Pichler: Es wird ein guter Facharbeiter, eine gute Facharbeiterin immer ein gefragter Mensch am Arbeitsmarkt sein. Für uns als schulischer Ausbildungsbetrieb ist es am wichtigsten, dass wir die Gärtner unterstützen und nur die bestens ausgebildeten Leute entlassen. Sie müssen Bescheid wissen über die Bodenbearbeitung, über die Kompostwirtschaft und über die Kreisläufe in der Natur. Wenn bei uns jemand Gärtner lernt und er daheim einen landwirtschaftlichen Betrieb hat, so würde sich hier ein gutes zweites Standbein auftun. Es fehlen Menschen, die Pflegearbeiten machen. Gartengestalter werden händeringend gesucht. Die Gärtnerei bietet für die Landwirtschaft drei mögliche Standbeine. Das sind die Pflege, die Gestaltung und der Gemüsebau.
NL: Im Gegensatz zu vergleichbaren Schulen in anderen Bundesländern gibt es in Großwilfersdorf auch eine Lehrgärtnerei. Wie groß ist die?
Teller-Pichler: Auf einer Gesamtfläche von einem Hektar haben wir Glashäuser, Folienhäuser und Freiflächen. Auf unseren Gemüseflächen wird nach zertifiziert biologischen Kriterien gearbeitet. Wir verkaufen unsere Produkte ganzjährig an Großkunden und an Endverbraucher. Derzeit sind wir in Gesprächen für die Errichtung einer Halle, in der wir auch im Winter Dinge machen können, die mit Gartengestaltung zu tun haben.
NL: Ist bei den Menschen spürbar, dass sie wieder gerne garteln?
Teller-Pichler: Ja ganz eindeutig! Das hat auch Corona bewirkt. Die Leute haben eine große Wertschätzung für selbst erzeugtes Gemüse bekommen. Es gibt viele Balkongärtner und auch sehr interessante Gemüsesorten, die man im Kübel ziehen kann. Urban Gardening, Hochbeete – all das hat sehr zugenommen.
NL: Abschließend noch eine Frage zu den Kooperationen. Suchen Sie die Zusammenarbeit mit anderen Schulen?
Teller-Pichler: Wir pflegen eine sehr gute Zusammenarbeit mit den umliegenden Fachschulen Hatzendorf, Schloss Stein, Kirchberg am Walde, Hartberg und Vorau. Wir bieten an, dass die Schüler zu uns kommen, um hier einen Praxisvormittag zu erleben und wir haben auch Kooperationen beim Austausch von Pflanzen gegen Lebensmittel.
Zur Person
Die gebürtige Oberösterreicherin Martina Teller-Pichler unterrichtet seit 2004 in der Gartenbauschule Großwilfersdorf (Pflanzenschutz, Bodenkunde, Betriebswirtschaft, EDV, Praxis). Seit September ist sie Direktorin. Daheim ist Teller-Pichler in Gleisdorf, wo sie auch in der Stadtmusikkapelle mitspielt.
Beitragsfoto: Brodschneider