Andreas Radlingmaier, Aufsichtsratsvorsitzender der Landgenossenschaft Ennstal, über neue Strukturen und wichtige Innovationen.
NEUES LAND: Sie stehen seit kurzem der Landgenossenschaft Ennstal als oberster Eigentümervertreter vor. Wie geht es Ihnen dabei?
Andreas Radlingmaier: Grundsätzlich sehr gut. Es ist ja nicht so neu für mich, da ich bereits seit 25 Jahren in diesem Gremium sitze, 16 Jahre davon als Spitzenfunktionär. Trotzdem spürt man große Demut, es ist eben eine andere Erfahrung.
NL: In Ihrer Genossenschaft hat man sich für eine tiefgreifende Strukturveränderung entschieden. Die Eigentümergremien wurden in einem gestärkten Aufsichtsrat vereint. Warum hat man sich dafür entschieden?
Radlingmaier: Wir haben gesehen, dass die bestehende Struktur nicht mehr so gelebt wurde. Der operative Teil wurde vom Vorstand bereits seit längerem ausgelagert. Aus diesen Erfahrungen wollten wir ein zukunftstaugliches System schaffen. Nach vielen Jahren der internen Diskussion und Abstimmung wurde die Struktur der Genossenschaft an die gelebte Praxis angepasst.
Demokratisch aufgestellt
NL: Was bedeutet das nun?
Radlingmaier: Wir sind in der Eigentümervertretung sehr demokratisch aufgestellt, alle 30 Funktionäre sind Landwirte. Vorstand und Aufsichtsrat sind in den letzten Jahren schon eng zusammengewachsen und nun offiziell in einem gestärkten Aufsichtsrat vereint. In dieser Funktion sind wir nun auch der Bestellung der hauptberuflichen Vorstandsmitglieder der Genossenschaft betraut, welche die operative Verantwortung tragen. Unser Aufgabenspektrum hat sich aber stark erweitert. Neben der Kontrollfunktion kommt uns auch ein ganzer Katalog an Zustimmungsrechten zu. Jedenfalls steht bei unserer Tätigkeit der Genossenschaftsauftrag im Vordergrund.
NL: Wie hat man in der Landgenossenschaft Ennstal die Corona-Pandemie erlebt?
Radlingmaier: Es war für uns eine riesengroße Herausforderung. Im Molkereibereich hat es anfangs gar nicht so schlecht ausgeschaut. Die Maresi-Bestellungen sind in die Höhe geschossen. Doch uns war klar, dass diese durch Hamsterkäufe verursachten Mehrbestellungen nicht ewig anhalten werden. Auch bei unseren Spezialgetränken, wo wir stark mit Fluglinien im Geschäft sind, gab es starke Einbrüche. Diese Umsatzeinbußen konnten wir bis jetzt durch ein gutes Geschäft im Tochterunternehmen, der Landena KG, ausgleichen. Als größter Konservenproduzent konnten wir unseren Absatz gut steigern. In unserer Landmarkt KG wird sich erst am Jahresende zeigen, ob wir mit einem blauen Auge davonkommen werden. Für uns als Genossenschaft ist es besonders wichtig, breit aufgestellt zu sein. Gerade während der Corona-Krise hat uns das sehr geholfen.
NL: Wie sehen Sie die Zukunft Ihrer Genossenschaft?
Radlingmaier: Eines ist unbestritten. Aufgrund unserer Größe müssen wir uns von der Masse abheben und neue Märkte erschließen. Das haben wir bis jetzt bereits erfolgreich umgesetzt und wollen dies auch konsequent weiterleben. Im Molkereibereich zum Beispiel setzen wir als relativ kleine Molkerei bereits seit Jahren auf Weichkäse. Auch Getränke in der umweltfreundlichen aseptischen CartoCan-Verpackung sind äußerst innovative Produkte. Seit 1998 produzieren wir in der Tierfreund KG hochwertige Tiernahrung basierend auf Rohstoffen in Lebensmittelqualität. Auch dieser Bereich boomt. Deshalb hoffen wir auch, dass uns die guten Ideen nie ausgehen werden.
NL: Sie sind selbst Landwirt. Wo liegen da ihre Schwerpunkte?
Radlingmaier: Ich bewirtschafte gemeinsam mit meiner Familie einen Milchviehbetrieb mit Braunvieh in Aigen im Ennstal. Meine Gattin Monika hat sich dem Urlaub am Bauernhof verschrieben, den wir gewerblich führen. Auch unsere drei erwachsenen Töchter und mein Vater Michael sind wichtige Stützen am Hof.
Zur Person
- Seit der letzten Generalversammlung ist Andreas Radlingmaier (53) Aufsichtsratsvorsitzender der Landgenossenschaft Ennstal (LGE).
- Der LFS Kobenz-Absolvent und Landwirtschaftsmeister bewirtschaftet gemeinsam mit seiner Familie einen Milchviehbetrieb samt Urlaub am Bauernhof in Aigen im Ennstal.
- Zu seinen Hobbys zählen Schwimmen, Lesen und das Goasl-Schnalzen.
Beitragsfoto: privat