„Ich verspüre eine Aufbruchstimmung“

von Karl Brodschneider

Der Obstbauer Manfred Kohlfürst aus St. Marein bei Graz wurde zum neuen Obmann der Bezirksbauernkammer Graz-Umgebung gewählt.

 

NEUES LAND: Bis vor kurzem war die Funktion des Kammerobmanns für Sie wohl kein Thema. Jetzt sind Sie es. Was gab für Sie den Ausschlag, es zu tun?

Manfred Kohlfürst: Das war nie ein Thema! Seppi Herzog hat das bravourös gemacht. Nach seinem Tod haben wir uns in den Gremien zusammengesetzt und über die Nachfolge diskutiert. Ich habe von vielen Seiten Zuspruch bekommen. Mich interessierte es und ich traue mir das zu. Ich stelle mich den neuen Herausforderungen.

 

NL: Ist der so jung verstorbene Seppi Herzog für Sie auch ein Vorbild?

Kohlfürst: Auf jeden Fall! Er war mit Leidenschaft und Herz für uns Bauern da. Das spürte man bei jeder Begegnung mit ihm. In seine Fußstapfen werde ich nicht treten können. Meine Handschrift wird eine andere sein – mit einem guten Team im Hintergrund. Ich glaube, dass wir ein gutes Gespann sein werden. Aber wenn ich etwas mache, dann mache ich es mit 100 Prozent.

 

NL: Sie haben einen außerlandwirtschaftlichen Beruf ausgeübt, ehe Sie Obstbauer geworden sind. Eine schwere Entscheidung?

Kohlfürst: Es war nicht so schwer. Ich war sehr viel im Außendienst unterwegs, fuhr im Jahr 80.000 bis 90.000 Kilometer und war wenig daheim. Die Entscheidung habe ich nie bereut, auch wenn vor allem das Jahr 2016 ein herausforderndes Jahr war, mit einem 80- bis 90-prozentigen Ernteausfall bei uns daheim. Ergänzend sei angeführt, dass ich als selbständiger Versicherungskaufmann arbeite. Das ist auch ein wirtschaftliches Standbein.

 

NL: Wie werden Sie Ihre Arbeit als Kammerobmann anlegen?

Kohlfürst: In meiner Antrittsrede nach der Wahl zum Kammerobmann habe ich gesagt, dass ich kein großer Schreier bin. Wenn man was sagt, muss es Hand und Fuß haben. Ich bin einer, der darauf schaut, dass es zu Lösungen kommt und diese auch umgesetzt werden.

 

NL: Was würden Sie als die großen Herausforderungen für die Landwirtschaft im Bezirk Graz-Umgebung ansehen?

Kohlfürst: Ein sehr großes Thema ist, dass wir sehr viel Zuzug in Stadtnähe haben. Für Wohnen, Gewerbe, Straßen und Industrie wird Boden gebraucht. Die Menschen wollen Landwirtschaft sehen, aber nicht riechen. Dazu kommen die Diskussionen rund um das Wasser und Grundwasser, behördliche Auflagen und die Preissituation. Bei all dem brauchen wir Lösungen, die praktikabel sind, damit wir noch Landwirtschaft betreiben und auch davon leben können.

 

NL: Wie beschreiben Sie die Stimmung, die Situation unter den Bauern, speziell unter den Obstbauern – auch angesichts des Katastrophenjahres 2016?

Kohlfürst: Für diejenigen, die in den letzten Jahren viel investiert und dafür Kredite aufgenommen haben, ist es sicher sehr schwer. Ich verspüre aber schon eine gewisse Aufbruchsstimmung – vor allem bei jüngeren Bauern, die bereit sind, etwas anderes zu probieren und sich nach Alternativen umzusehen.

 

NL: Wir haben schon seit Wochen frühsommerlicher Temperaturen und keinen Regen. Macht Ihnen das Angst?

Kohlfürst: In die Zukunft blickend mache ich mir schon Sorgen, dass die langanhaltenden, heißen Perioden immer mehr werden.

 

Zur Person

Manfred Kohlfürst (44) ist Bulme-Absolvent. Zusammen mit Gattin Martina führt der Obstbaumeister einen Betrieb (sechs Hektar Äpfel, dreizehn Hektar Wald) in St. Marein bei Graz. Kohlfürst ist Vater von vier Töchtern, war Pfarrgemeinderatsvorsitzender, ist Bauernbundobmann und seit dem Jahr 2015 Gemeindekassier.

 

 

Ehe Kammerobmann Manfred Kohlfürst Bauer wurde, war er acht Jahre lang in der Privatwirtschaft im Außendienst unterwegs.

Foto: kk

 

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