„Sie tun lange Zeit nicht weh“

von Karl Brodschneider

Apothekerkammer-Präsident Gerhard Kobinger über die alarmierenden Ergebnisse einer landesweit durchgeführten Vorsorgeuntersuchung.

NEUES LAND: Die steirische Apothekerkammer führte im Vorjahr eine Gesundheitsvorsorgeaktion durch. Jetzt liegen die Ergebnisse vor. Was wollte man mit dieser Aktion bezwecken?

Gerhard Kobinger: Ziel dieser Aktion, die wir in unseren Apotheken durchführten, war es, möglichst viele Leute anzusprechen und ihr Gesundheitsrisiko aufzuzeigen. Eines ist aber klar festzuhalten. Solche Screeningsmaßnahmen ersetzen keine tiefgehenden ärztlichen Untersuchungen oder die jährliche Vorsorgeuntersuchung. Allerdings helfen sie, dass man Risikopatienten schnell und niederschwellig erkennt und sie ersucht, dass sie in ihrem eigenen Interesse einen Arzt aufsuchen.

NL: Auf welche Werte wurde besonders genau geschaut?

Kobinger: Übergewicht, Bluthochdruck, erhöhtes Cholesterin und ein zu hoher Blutzucker verursachen keine unmittelbaren Beschwerden, tun lange Zeit nicht weh und bleiben gerade deshalb häufig unentdeckt. Jedoch können sie schwere Erkrankungen wie Diabetes, Herzinfarkt, Schlaganfall oder Nierenversagen begünstigen. Umso wichtiger ist es, seine Gesundheitswerte zu kennen.

NL: Wie schaut`s mit dem Zucker aus?

Kobinger: Einer der wichtigsten Parameter des Stoffwechsel-Vorsorgetests war der Langzeitzucker. Wir wissen, dass etwa 600.000 Österreicher und Österreicherinnen an Diabetes leiden und die Dunkelziffer sogar noch weiteraus größer ist. Unser Test widerspiegelte diese Größenordnung. 94 neue Diabetiker konnten entdeckt werden. Diese Teilnehmer haben angegeben, von ihren erhöhten Werten zuvor nichts gewusst zu haben. Bei über einem Viertel der Personen konnten ein prädiabetischer oder diabetischer Wert nachgewiesen werden. Diesen Menschen wurde empfohlen, einen Arzt aufzusuchen.

NL: Gab es beim Cholesterin auffällige Ergebnisse?

Kobinger: In Österreich haben drei Millionen Menschen zu hohe Cholesterinwerte, nur die Hälfte weiß davon. Das schlechte Cholesterin oder LDL, das sich in den Gefäßen ablagert und Herz-Kreislauf-Erkrankungen verursachen kann, war bei über der Hälfte der Teilnehmer erhöht. Beim HDL, dem sogenannten guten Cholesterin, wies wiederum mehr als die Hälfte einen zu niedrigen Wert auf.

NL: Und wie schaute es bei den anderen untersuchten Werten aus?

Kobinger: Bauchumfang und Übergewicht zählen ebenfalls zu den Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Eine Reduktion des Bauchumfangs um nur einen Zentimeter senkt dieses Krankheitsrisiko um fünf Prozent. Die Ergebnisse unserer YES we care-Vorsorgeaktion waren allerdings alarmierend. 41 Prozent der untersuchten Personen wiesen einen krankhaften Bauchumfang beziehungsweise eine Fettleibigkeit auf, der Herzinfarkt, Bluthochdruck und Diabetes begünstigt. Rund 53 Prozent haben laut Screening-Ergebnissen Übergewicht oder sind sogar adipös.

NL: Lassen sich die Ergebnisse auf die gesamtsteirische Gesundheitssituation umrechnen?

Kobinger: Nein, weil die Mehrzahl der 5147 Teilnehmer älter als 50 Jahre war. Zwei Drittel der untersuchten Personen waren Frauen. Trotzdem weichen unsere Ergebnisse nicht deutlich vom gesamtsteirischen Schnitt ab.

NL: Was empfehlen sie, damit man gesund bleibt?

Kobinger: Dieser Tipp ist bekannt und ich möchte ihn trotzdem wiederholen! Mit richtiger Ernährung und viel Bewegung, wenig Alkohol und ohne Rauchen kann man seine eigene Gesundheit stark beeinflussen.

 

Zur Person

Gerhard Kobinger ist Präsident der Apothekerkammer Steiermark und Bundesvorstandsmitglied. Er ist einer der längst dienenden Landespräsidenten und steht der Apothekerkammer Steiermark seit dem Jahr 2002 als Präsident vor. Er ist ausgewiesener Experten in Sachen Landmedizin, Fortbildung und e-Medikation. Kobinger ist Leiter der St. Franziskus Apotheke in Graz.

Beitragsbild: Brodschneider

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