Singen befreit, stärkt die Gemeinschaft und macht obendrein glücklich und gesund. Mit all dem beschäftigt sich unsere Serie.
Die gute Nachricht: Jeder kann singen. Auch ohne Vorkenntnisse und ohne Noten. Denn die Fähigkeit dazu wurde uns allen in die Wiege gelegt. Das entsprechende Programm läuft im menschlichen Körper ganz automatisch ab, man muss es sich nicht erst erarbeiten. Allein die Qualität des Gesangs fällt unterschiedlich aus. Es kommt auch darauf an, wie intensiv man sich damit auseinandersetzt – für den Hausgebrauch, für die Mitwirkung in einem Chor oder für den Start einer Solokarriere.
In der Stimme schlägt sich darüber hinaus die ganz persönliche Lebensgeschichte nieder. Sie kann ein Grund dafür sein, dass man sich an Töne nur verhalten heranwagt. „Wenn wir singen, glauben wir, wir müssen Leistung bringen“, spricht Stimmcoach, Stimmtherapeut und Singleiter Robert Sawilla ein weit verbreitetes Hemmnis an, „beim Singen geht es aber einfach darum, sich etwas Gutes zu tun“. Ganz egal ob unter der Dusche, im Wald, im stillen Kämmerlein, mit Gleichgesinnten oder auf der Bühne – Hauptsache man tut es.
Singen macht gesund
Fest steht aber auch: Singen fördert die Gesundheit. Dazu gibt es eine ganze Reihe von wissenschaftlichen Forschungsergebnissen. Sie reicht von der Stärkung der Abwehrkräfte bis zur Aktivierung des Hormonhaushalts. Das Glückshormon Serotonin wird beispielsweise verstärkt ausgeschüttet, während die Stresshormone Adrenalin und Kortisol bei entspanntem Singen ohne Leistungsdruck deutlich reduziert werden. Heilsames Singen kommt sogar bei verschiedenen Erkrankungen – etwa Parkinson – erfolgreich zum Einsatz. Das führt eindrucksvoll die positive Wirkung vor Augen. Welche anatomischen Voraussetzungen man braucht, um singen zu können und was da im menschlichen Körper überhaupt vor sich geht, darüber sollen Sie in der nächsten Woche mehr erfahren.
Singen verbindet
Lieder stärken die zwischenmenschliche Bindung und sind praktisch so alt wie die Menschheitsgeschichte selbst. Das Repertoire ist schier unerschöpflich. Und offensichtlich ist: Das Thema erfährt derzeit eine regelrechte Renaissance, der Zulauf zu Chören ist stark wie nie, Talentshows stehen allerorts an der Tagesordnung. Dass Gesang die Menschen schon seit jeher begleitet, ist wenig verwunderlich: Singen befreit, verbindet und stärkt die Gemeinschaft. Ob bei Sportveranstaltungen, Festen, in der Kirche – beim Singen werden Hormone ausgeschüttet, die Menschen emotional verbinden. Nicht umsonst gibt es eine Vielzahl an ganz unterschiedlichen Chören auf der ganzen Welt. Manche Forscher behaupten, dass der Mensch überhaupt erst aus sozialen Gründen mit dem Singen begonnen hat.
Singen hat Geschichte
„Der Ton ist die lebende Seele des Wortes, selbst Leben und Wesen. Was wäre ein Wort ohne Ton? Könnt’s Gedanken des Herzens dir lösen?“ Diese Frage stellte der Grazer Komponist, Pianist, Dirigent und Lehrer Anselm Hüttenbrenner, der immerhin 250 Lieder und Opern komponiert hat, die auch in Graz mit großem Erfolg aufgeführt wurden. Hüttenbrenner genoss, als er 1868 im Alter von 74 Jahren verstarb, Europa-Ruhm, der in der damaligen Zeit mit Weltruhm gleichzusetzen war. Was er hier anspricht, ist seit jeher die Kernfrage: Was war zuerst? Die Sprache oder das Singen? Das Wort oder der Ton? Bereits in der Antike gab es dazu Theorien und der Philosoph Platon vertrat dazu die Meinung, dass es Gefühle wie Aggression oder das Bedürfnis nach sozialer Harmonie seien, die den Menschen zum Singen bringen.
So ungewiss es zu sein scheint, was zuerst war, so sicher ist man sich: Der Gesang spielte bereits in der frühen Menschheitsgeschichte eine zentrale Rolle, sei es zur Abschreckung von Raubtieren oder für die Stärkung des Zusammenhaltes. Das breite Spektrum umfasst das Singen der Eltern zum Einschlafen ihrer Kinder, Chorgesang, „wildes“ und geselliges Singen im Wirtshaus ebenso wie Jodeln als Verständigung auf der Alm. Viele „Zweige“ des Singens haben ihre eigene Historie mit regionalen Akzentuierungen vorzuweisen. Auch das wird Thema unserer Serie sein.
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