Viele junge Frauen gehen. Jene, die im ländlichen Raum bleiben, haben konkrete Forderungen: Infrastruktur, öffentliche Anbindung, Weiterbildungsmöglichkeiten.
Bereits 2010 wurde eine hochbrisante Studie präsentiert, aus der eines sehr deutlich hervorging: Die Landflucht ist weiblich! Vor allem junge, gut ausgebildete Frauen hält es nicht in der Heimat. Ihre verstärkte Abwanderung in den urbanen Raum führt dazu, dass es in manchen Regionen bereits bis zu zehn Prozent mehr junge Männer als Frauen gibt.
Studie
Auf Basis der damals gewonnenen Erkenntnisse versuchte Tatjana Fischer von der BOKU in Wien in Zusammenarbeit mit der Landentwicklung Steiermark im Rahmen einer Folgestudie gemeinsam mit Bürgerinnenräten in mehreren steirischen Gemeinden auf kommunaler Ebene Lösungsansätze zu finden, um junge Frauen im Ort zu halten und wenn möglich auch bereits Abgewanderten eine Rückkehr schmackhaft zu machen. Die Ergebnisse, die der Zeitung Neues Land exklusiv vorliegen, sind ebenso ernüchternd wie aufschlussreich: „Die Frauen, die abgewandert waren, hatten keinerlei Interesse, sich für ihr Weggehen zu rechtfertigen. Und auch jene, die geblieben sind, betrachteten es nicht als ihre Aufgabe, Lösungen für dieses Problem zu finden“, fasst es Sandra Höbel zusammen, die als Geschäftsführerin der Landentwicklung mit dem Instrument der Bürgerbeteiligung im Rahmen ungezählter Agenda21 Prozesse bisher durchwegs positive Erfahrungen gemacht hat.
Aber auch wenn die Bürgerinnenräte keine konkreten Lösungsansätze erarbeiten konnten, so liefern sie doch aufschlussreiche Erkenntnisse. „Die jungen Frauen formulierten in diesem Beteiligungsprozess sehr deutliche Forderungen und verwiesen auf einen dringenden Handlungsbedarf in den Bereichen der Infrastruktur, der Mobilität, Kinderbetreuung und der Weiterbildungsmöglichkeiten. Allerdings sahen sie diesen Handlungsbedarf nicht bei sich: Sie wollen nicht beteiligt werden. Sie wollen, dass das funktioniert!“, stellt Fischer klar.
Aus dieser Einstellung heraus lässt sich ein weiteres Phänomen erklären: Viele der Abgewanderten zieht es nämlich wieder ins Grüne, sobald sie eine Familie gründen. Allerdings häufig nicht in ihre Herkunftsgemeinden, sondern in die ländlichen Gebiete rund um Graz. „Ich möchte, dass meine Kinder in der Natur aufwachsen.“, erklärt beispielsweise die junge Juristin Sara Tunner. Eine Rückkehr in ihre Heimatgemeinde St. Martin im Sulmtal ist für sie jedoch keine Option. Gemeinsam mit ihrem Mann plant sie derzeit das neue Eigenheim in Kainbach bei Graz. „Das Umland von Graz bietet alles, was wir uns vorstellen: Die Nähe zum Arbeitsplatz, aber auch die notwendige Infrastruktur. Und das ohne den Lärm und die Umweltbelastungen, denen man in der Stadt ausgesetzt ist.“
Wenn die Infrastruktur stimmt, sind junge Frauen auch durchaus bereit, in die Regionen zurückzukehren. Wie die in St. Ulrich im Greith aufgewachsene Barbara Christandl-Reithmayer, die mit ihrem Mann den Umzug in dessen Heimatstadt Feldbach plant: „Mit der S-Bahn fahre ich dann 50 Minuten nach Graz, und auch sonst passt das infrastrukturelle Angebot vor Ort. Deshalb haben wir uns entschieden, den vorhandenen Bauplatz zu nutzen.“
Lösungsansätze
Ein Lösungsansatz, der sich auch im steirischen Landentwicklungsprogramm wiederfindet, ist deshalb die Stärkung regionaler Zentren. Darin sieht auch Manuela Khom, Landtagsabgeordnete aus dem Bezirk Murau, einen gangbaren Weg: „Nur wenn es gelingt, durch Schaffung der entsprechenden Rahmenbedingungen und Ausbau der notwendigen Infrastruktur in den Bezirkshauptstädten den ländlichen Raum als Wohnort, aber auch als Wirtschaftsstandort ausreichend attraktiv zu machen, werden die steirischen Regionen auch künftig lebenswert und lebensfähig bleiben.“
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