Der Obmann der Steirischen Jungbauernschaft, Bernd Brodtrager, im NEUES LAND-Interview über die heurigen Arbeitsschwerpunkte.
NEUES LAND: Die steirischen Jungbauern haben am vergangenen Wochenende eine zweitägige Klausur abgehalten. Wie war es?
Bernd Brodtrager: Die Steirischen Jungbauern halten jährlich zu Jahresbeginn eine zweitägige Klausur ab, um die Weichenstellungen für Themen zu tätigen, die uns in diesem Jahr begegnen und angesprochen gehören und die vor allem junge Menschen, den ländlichen Raum und generell die Agrarpolitik betreffen. Wir haben in der Jungbauernschaft Gott sei Dank gut ausgebildete Leute und mit Martin Kubli jemanden, der aufgrund seiner Trainerausbildung in der Landjugend professionell durch die Klausur geführt hat, sodass wir zu guten Ergebnissen gekommen sind.
Jungbauern-Restlbox
NL: Sie liefern damit gleich das Stichwort zur nächsten Frage. Im Vorjahr haben die steirische Jungbauern mit Aktionen wie „Dächer statt Äcker“ aufhorchen lassen. Was wird es heuer geben?
Brodtrager: Bei unserer Leitkampagne „Dächer statt Äcker“ werden wir weiterhin am Thema Photovoltaik-Ausbau dranbleiben. Wir werden Vorzeige-Beispiele im Bereich Landwirtschaft, Gewerbe und Gemeinden kommunizieren. Wir werden uns heuer aber auch dem Thema Lebensmittelverschwendung widmen. Jährlich werden rund 900.000 Tonnen Lebensmittel weggeworfen, davon allein 20 Prozent in der Gastronomie. Wir wollen die sogenannte „Jungbauern-Restlbox“ umsetzen. Eine Aktion, mit der wir darauf hinweisen möchten, dass übriggebliebene Lebensmittel auch am nächsten Tag noch ein Gaumenschmaus sein können, denn unsere Lebensmittel sind wertvoll. Ein erster Schritt, der am nächsten Tag auch im Haushalt wirkt.
Weiters planen wir eine „Schaufenster-Aktion“, mit der wir bewusst machen wollen, wie wichtig die Arbeit der Land- und Forstwirtschaft für die Lebensmittelproduktion und Beibehaltung der Kulturlandschaft ist. Wir wollen dabei bei der Bestellung der Äcker oder bei der Bewirtschaftung von Wald und Wiesen die Folgen aufzeigen, wenn Pflanzenschutz und Kulturführung innerhalb dieser Parzelle nicht erfolgen oder Bewirtschaftungsmaßnahmen im Wald und auf den Almen nicht mehr vonstatten gehen.
NL: Und das Thema Bodenversiegelung?
Brodtrager: Natürlich zählt auch der Boden zu jenen Themen, denen wir uns annehmen werden. Die Bodenschutzstrategie als Leitdokument ist auf Bundesebene noch in letzter Abstimmung. Als Jungbauernschaft wollen wir dazu unsere Positionen darlegen und Forderungen stellen.
Themen klar ansprechen
NL: Wird die Jungbauernschaft als Stimme der bäuerlichen Jugend in der Öffentlichkeit gut wahrgenommen oder könnte es besser sein?
Brodtrager: Es ist ein ganz großer Vorteil, wenn man auf junge und engagierte Personen im ländlichen Raum zurückgreifen kann, die sich im Sinne der Land- und Forstwirtschaft für eine Sache starkmachen, weil deren Stimme in der Öffentlichkeit besser wahrgenommen wird. Wenn wir nämlich aufhören, uns selbst zu vertreten, wird es nach uns keiner mehr tun. Wichtig ist aber, dass man Herausforderungen klar und konkret anspricht, aber auch gleichzeitig mögliche Lösungswege aufzeigt. Dafür braucht es aber Zeit, genügend Energie und fachliches Wissen. Mit unserem 14-köpfigen Vorstand sind wir fachlich gut aufgestellt und können so ziemlich zu allen Bereichen unsere Positionen klar darstellen und kommunizieren. Weiters wollen wir die Kostenwahrheit in der Land- und Forstwirtschaft ansprechen, denn durch unsere Arbeit daheim kennen wir die Probleme und wissen, wie bedeutend eine Planungssicherheit ist.
NL: In aller Munde ist derzeit das Thema Tierwohlställe. Wie stehen die steirischen Jungbauern dazu?
Brodtrager: Die Anpassung an die aktuelle Zeit ist wichtig. Bäuerinnen und Bauern verweigern es auch nicht, in Richtung Tierwohl und Konsumentenwünsche zu arbeiten. Dafür braucht es aber die vorhin erwähnte Planungssicherheit. Aber wir haben das Problem, dass die Forderungen der Konsumenten nicht dem entsprechen, was sie dann tatsächlich kaufen – demnach eine Doppelmoral. Wir sind laut der Weltorganisation für Tiergesundheit weltweit Spitzenreiter, was die Tierwohlstandards – also die Haltung von Tieren – betrifft. Diese Fakten gehören eigentlich kommuniziert. Aktuell geht es aber um den Verlust ganzer Branchen und um die darin liegende, eigene Versorgungssicherheit. Da wollen wir junge, betroffene Agrarier zum Zug kommen, um die Bevölkerung aufzuklären. Wir stehen für Weitblick und nicht für ideologische oder politische Schnellschüsse.
Vermögens- und Erbschaftssteuer
NL: Heuer stehen drei große Wahlen an. Kann man sich da als Jungbauernschaft mit Themen in Position bringen?
Brodtrager: Natürlich werden wir uns aktiv mit Forderungen einbringen. Wir müssen aber gerade in diesem Jahr auch darauf Acht geben, wie sich andere positionieren. Was zum Beispiel die Vermögens- und Erbschaftssteuer betrifft, müssen wir aufzeigen, dass das gerade in der Land- und Forstwirtschaft zu enormen Mehrbelastungen führen kann. Grund und Boden sind im Gegensatz zu anderen Branchen die Existenz- und Produktionsgrundlage unserer Familienbetriebe und dienen nicht als Mittel zur spekulativen Vermögensvermehrung. Das alles wollen wir mit Beispielrechnungen begleiten. Wir wollen auch das Thema der Rechtslage und das Verhalten bei Stalleinbrüchen ansprechen, da hier noch viele Unklarheiten auf den Betrieben herrschen. Dazu gibt es bereits ein Pilotprojekt in Niederösterreich und der Steiermark.
NL: Wählt die bäuerliche Jugend heutzutage noch traditionell die ÖVP?
Brodtrager: Junge Leute konsumieren heutzutage enorm viel Informationen, vor allem auf digitaler Ebene, aber sie hinterfragen gleichzeitig die Dinge, die sie lesen oder sehen. Ich glaube, dass die jungen Bäuerinnen und Bauern die einzelnen wahlwerbenden Parteien genau anschauen und vieles kritisch hinterfragen. Gerade im land- und forstwirtschaftlichen Bereich wird schnell klar, dass fachliches Wissen und Kernkompetenzen bei vielen Themen bei den meisten Parteien fehlen. Die Entscheidung, die sie dann treffen, wird dann sicherlich die richtige sein.
Wahlen mit jungen Kandidaten?
NL: Wird die Jungbauernschaft versuchen, bei den kommenden Wahlen junge Bäuerinnen und Bauern gut zu platzieren?
Brodtrager: Ja, auf jeden Fall! Es ist besser, am Tisch zu sitzen, mitzudiskutieren und mitzugestalten als die Glaubwürdigkeit des Bauernstandes auf der Straße zu verschenken. Wir gehören einer Gesinnung der Mitte an, die auf andere Rücksicht nehmen und nicht. Das macht uns im Dialog erfolgreich und erzielt langanhaltende, politische Kompromisse. Das ist die effizientere und nachhaltigere Variante. Daher ist es wichtig, dass wir auf unterschiedlicher Ebene vertreten sind.