Präsident Josef Hainzl, der neue AR-Vorsitzende der RLB Steiermark, über Nachhaltigkeit, Konkurrenz und das Funktionärswesen.
NEUES LAND: Seit einigen Wochen stehen Sie als Aufsichtsratsvorsitzender der Raiffeisen-Landesbank Steiermark vor. Wie geht es Ihnen persönlich damit?
Josef Hainzl: Ich habe großen Respekt vor dieser Aufgabe. Da ich bereits seit zehn Jahren im Aufsichtsrat der Landesbank tätig bin, weiß ich, was das bedeutet. Als oberster Eigentümervertreter trage ich die Endverantwortung im Unternehmen. In den ersten Tagen und Wochen wurden mir viel Zustimmung und Herzlichkeit im Haus und vor allem von den Primärbanken im Sektor entgegengebracht – also von unseren Eigentümern.
NL: Nachhaltigkeit und Regionalität bestimmen seit Jahrzehnten den Raiffeisensektor. Welche Bedeutung haben diese Werte in einer globalisierten Welt?
Hainzl: Gerade in Zeiten wie diesen haben diese Werte besondere Bedeutung. Durch die Klimaproblematik ist Nachhaltigkeit nun in aller Munde. Ich bin Waldbauer und somit mit diesem Begriff aufgewachsen. Der Begriff Nachhaltigkeit kommt aus der Forstwirtschaft. Und das Thema Regionalität ist aufgrund der Pandemie befeuert worden. Nach diesen Werten leben wir im Raiffeisensektor bereits seit Jahrzehnten. Als Bank muss man nachhaltig arbeiten, von der Regionalität leben wir. Die Raiffeisenbanken vor Ort sind selbst Teil der regionalen Wirtschaft und Gesellschaft und unterstützen ihre Kunden dabei, finanziell gut durch unwegsame Zeiten wie der Pandemie zu kommen. Das spiegelt sich im Raiffeisen-Prinzip wider: Wer regional investiert und konsumiert, tut nicht nur sich selbst etwas Gutes, sondern auch den ortsansässigen Unternehmen, die wiederum für Arbeitsplätze in den Regionen sorgen.
NL: Sie sind wie Ihr Vorgänger Wilfried Thoma Landwirt. Wie können Sie diese Erfahrungen in den Bankensektor einbringen?
Hainzl: Es ist besonders wichtig, dass wir Bauern zusammenhalten. In unserem Ort in Oberkurzheim sind wir zwar nur zwei Bauern, aber wir haben eine gute Nachbarschaft und arbeiten eng miteinander zusammen. Zum Beispiel mit einer gut funktionierenden Maschinengemeinschaft auf Handschlagbasis. Im Raiffeisensektor ist dies gleich wichtig. Auch hier können wir nur im Verbund erfolgreich sein. Weiters gibt es so wie in der Landwirtschaft – Stichwort Hochwasser oder Dürre – auch im Finanzsektor Extremereignisse. Man denke an die Finanzkrise im Jahr 2008, das war für uns eine große Herausforderung. Diese Situation war bis dahin undenkbar. Wir haben sehr gut darauf reagiert und als Raiffeisen Steiermark durch unterschiedliche Verbundorganismen effektiv entgegengesteuert.
NL: Stichwort Konkurrenz aus dem Internet: Wie wird sich die Bankenwelt in der Steiermark in Zukunft entwickeln?
Hainzl: Wir stellen an uns den Anspruch, dass wir beides sehr gut können. Mit unseren digitalen Angeboten sprechen wir vor allem junge Kunden an. Wir sind keine Direktbank, aber wir haben diese digitalen Services bereits in der Vergangenheit angeboten. Trotzdem brauchen wir Strukturen vor Ort, um in der Kundenberatung wie bisher durch unsere kompetenten Berater beste Qualität bieten zu können. Kunden nehmen klassische Bankstellen außer bei wichtigen finanziellen Entscheidungen immer weniger in Anspruch und weichen auf unsere digitalen Services aus. Mit der Digitalen Regionalbank gelingt uns die Verschränkung beider Welten bereits sehr gut. Regionale Kompetenzzentren, die für Kunden eine Anlaufstelle für fachliche Expertise sind, werden in Zukunft daher immer wichtiger werden.
NL: Wo sehen Sie die größten Stärken von Raiffeisen?
Hainzl: Unsere Stärken liegen in der Nähe zum Kunden vor Ort. Wir kennen unsere Kunden und die Kunden kennen unsere Mitarbeiter. Das ist ein unglaublicher Vorteil. Weiters schätzen Kunden unsere schnellen Entscheidungen, die wir vor Ort treffen können.
NL: Ein Grundpfeiler von Raiffeisenbanken sind ehrenamtliche Funktionäre. Können noch genug engagierte Menschen gefunden werden, die sich in ihrer Freizeit für eine Raiffeisenbank engagieren?
Hainzl: Erfreulicherweise ja. Für viele ist es eine große Ehre, in einer Primärbank als Eigentümervertreter mitarbeiten zu dürfen. Eines hat sich jedoch schon geändert. Früher waren es ganz junge Menschen, die als Funktionäre eingestiegen sind. Heute sind es eher jene, die im Berufsleben bereits länger gut integriert sind oder ihren Betrieb schon gemeinsam mit der nächsten Generation führen.
NL: Wie und warum sind Sie überhaupt Genossenschaftsfunktionär geworden?
Hainzl: Ich bin von den Verantwortlichen in der Region gefragt worden, da bereits mein Vater und mein Großvater in diesem Bereich bei Raiffeisen tätig waren.
NL: Zum Abschluss: Wie würden Sie sich selbst und Ihre Arbeitsweise beschreiben?
Hainzl: Wenn man im Verbund arbeitet, muss man ein Teamplayer sein. Wenn man das nicht schafft, wird man scheitern. Im Mittelpunkt des Handelns steht immer das Interesse der Eigentümer, also der Genossenschaftsmitglieder und somit der Kunden. Ich versuche die Dinge schnell auf den Punkt zu bringen und rasch zu entscheiden.
Zur Person
- Josef Hainzl (62) ist Bauer in Oberkurzheim, verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Kindern.
- Viele Jahre war der Raumberg-Absolvent Obmann der Steirersaat Saatgutgenossenschaft.
- Weiters ist Hainzl AR-Vorsitzender der Raiffeisenbank Aichfeld.
- Zu seinen Hobbys zählen Radfahren, Skifahren, Jagen sowie Oldtimer Rallyes.
Beitragsfoto: RLB/photoworkers.at