Für die Mariazell-Pilger gibt es beim Stroßegg-Wirt ein besonderes Wallfahrer-Gebet. Für die Musiker gibt es drei Musikantenstammtische.
Jährlich erfahren viele Mariazell-Fußwallfahrer dasselbe und freuen sich darüber. Wenn sie nach ihrer Rast beim Stroßegg-Wirt aufbrechen, hängt sich Rudolf Pretterhofer – allen als Stroßegg-Rudl bekannt – seine Steirische Harmonika um. Denn er verabschiedet seine Gäste vor dem Wirtshaus mit dem musikalischen Wallfahrerspruch: „Die Wallfahrt ist ein Gebet, das hauptsächlich mit den Füßen gesprochen wird. Das Schönste ist, wenn man mit dem Rucksack in die Kirch`n einigeht.“
Rudolf Pretterhofer spricht von etwa 3500 bis 4000 Wallfahrer, die zwischen April und Oktober beim Stroßeggwirt einkehren. Es liegt auf einer Seehöhe von 1163 Meter direkt am Pilgerweg und befindet sich ziemlich genau an der Gemeindegrenze zwischen Breitenau am Hochlantsch im Bezirk Bruck-Mürzzuschlag und Gasen im Bezirk Weiz. Folglich ist dieses Gasthaus, dessen Anfänge in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurückreichen, ist für eine Rast prädestiniert.
Bodenständige Speisen
Für das Einkehren sprechen noch andere Gründe. Beim Stroßeggwirt gibt es die Möglichkeit zur Nächtigung. Bis zu 80 Personen finden im Wallfahrerquartier eine Schlafgelegenheit. Das Essen-Angebot bietet so ziemlich alles, was man sich in einem ländlichen Gasthaus erwartetet, wobei Rudi Pretterhofer als „lebende Speisekarte“ auftritt. In seiner launigen Art zählt er auf, was die Küche alles zu bieten hat – vom Schnitzel bis zum Grillteller. Die Ausgangsprodukte für die Speisen stammen vielfach aus der eigenen Landwirtschaft (Murbodner).
Jubiläum der Familienmusik
Der Stroßeggwirt ist auch als musikantenfreundliches Gasthaus ein Begriff. Im Vorjahr wurde das Jubiläum „40 Jahre Stroßeggwirt-Hausmusik“ begangen. Dreimal im Jahr gibt es einen fixen Termin für einen Musikantenstammtisch: am Ostermontag, am letzten Sonntag im Juni und am Stefanitag. Dazu finden sich durchschnittlich 40 bis 50 Musikanten mit ihren Instrumenten ein – und natürlich auch ganz viele Zuhörer. „Ohne die Musik hätte ich viel Schönes nie erleben können und zahlreiche interessante Menschen nie kennengelernt“, gesteht Rudolf Pretterhofer und tätschelt dabei seine Harmonika.
Gefragt nach dem Erfolgsrezept des „Stroßeggwirts“ denkt der Seniorchef kurz nach und sagt: „Einfachheit, Geselligkeit und mit den Menschen gut umgehen können.“ Dann zeigt er auf sein Herz: „Da habe ich viel drinnen, was man nicht weitererzählt. Als Wirt bekommt man von den Menschen nämlich auch sehr viele persönliche Dinge anvertraut.“
Wehmütig verfolgt Rudolf Pretterhofer, dessen ältester Sohn Rudi in der Zwischenzeit die Gast- und Landwirtschaft übernommen hat und dessen zweitältester Sohn Robert als Küchenchef fungiert, das Gasthaus-Sterben. „Vor 25 Jahren hatten wir in Breitenau noch 22 Gasthäuser, jetzt sind es gerade einmal sechs“, sagt Pretterhofer und begründet: „Es ist ganz schlecht, wenn ein Dorf keinen Wirt mehr hat, weil damit geht auch die Kameradschaft im Ort verloren.“
Foto: © Steiermark Tourismus / Leo Himsl