Am Puls der Bauern und der Kunden

von Franz Tonner

Josef Herzog ist Bauernbund-Kandidat für die Landtagswahl in Graz-Umgebung, einer der am stärksten wachsenden Region in Österreich. Interessenunterschiede und Eigentumskonflikte sind sein tägliches Brot.

Ein Video vom Interview finden Sie hier.

 

NEUES LAND: Sie spüren die Landflucht von der anderen Seite. Im Umland von Graz ist der Zuzug am stärksten und damit der Bodenverbrauch bedrohlich. Wie wirkt sich das auf die Landwirtschaft aus?

Josef Herzog: In den letzten acht Jahren, sind mehr Einwohner in den Großraum Graz gezogen, als der gesamte Bezirk Murau hat.  Diese Menschen brauchen natürlich Platz zum Wohnen, aber auch Platz für Erholung und Freizeit. Dieser enorme Platzbedarf drückt extrem auf die land- und forstwirtschaftlichen Flächen und deren Bewirtschaftung. Die zukünftige Novelle des Raumordnungsgesetzes, die ja nach der Landtagswahl in Angriff genommen werden sollte, muss einen Schutz der Landwirtschaft und deren Bewirtschaftung beinhalten. Wir brauchen zukünftig  hier eine klare und vorausschauende Trennung zwischen Landwirtschaft, Bauland und Freizeit. Daher ist das Ergebnis der Landtagswahl für uns Bauern von enormer Bedeutung. Wir haben ja beim Baugesetz gesehen, wie schnell über die Interessen der Bauern einfach drübergefahren wird, wenn wir an Stärke verlieren.

 

NL: Wie kann man die unterschiedlichen Nutzungsinteressen unter einen Hut bringen?

Herzog: An oberster Stelle stehen der Schutz des Eigentums und deren Respekt. Es müssen sensible Gebiete für die Landwirtschaft freigehalten werden. Die Landwirtschaft und deren Schutz, müssen zukünftig als oberstes, öffentliches Interesse anerkannt werden und bei sämtlichen Bauvorhaben berücksichtigt werden. Auch für die Nutzung von bäuerlichem Grund und Boden für die Allgemeinheit, wie Hochwasserschutzmaßnahmen, Infrastrukturprojekte, Rad- und Reitwege oder Wanderrouten, muss es klare Regeln mit Rechtssicherheit und entsprechender Entschädigung geben.

 

NL: Bringt die Nähe zur Stadtbevölkerung nicht auch Vorteile?

Herzog: Wir haben die Hauptstadt Graz im Zentrum unseres Bezirkes, wo ungefähr eine halbe Million Menschen leben, und damit den größten Markt der Steiermark direkt vor unserer Haustür. Die Direktvermarktung ist ein ganz bedeutendes Standbein unserer Bauern. Es gibt in Graz 15 fixe Bauernmärkte und in fast allen Orten im Umkreis werden zumindest einmal pro Woche Bauernmärkte abgehalten. Das Grazer Feld ist das zweitgrößte Gemüseanbaugebiet von Österreich. Durch die Stadtnähe ist Frische und Qualität der Produkte optimal.   Die Konsumenten schätzen immer mehr die Qualität der heimischen Bauern aus der Region und bauen über die Bauernmärkte auch das Vertrauen zu den Direktvermarktern auf. Hier haben wir noch wachsendes Potential zu guten Preisen in einer sehr arbeitsintensiven Branche. Für viele kleine Betriebe, ist die Direktvermarktung die Möglichkeit im Vollerwerb zu sein.

NL: Sie haben ein Nachhaltigkeitsprojekt auf den Bauernmärkten initiiert. Wie wird es angenommen?

Herzog: Nachhaltigkeit und Umweltschutz sind Werte, die von uns Bauern gelebt werden. Unsere Direktvermarkter sind die besten Botschafter zu den Konsumenten, da sie die direkte Nähe haben. Ziel des Projektes ist der Ersatz der Plastiksäcke durch umweltfreundliche, zu 100 Prozent biologisch abbaubare Biobags aus gentechnikfreier Kartoffelstärke, die auch eine Nachnutzung als  Bioabfallsammelsack ermöglichen. Uns geht es darum, als Landwirtschaft selbst, ein starkes Signal für die Nachhaltigkeit zu setzten. Wir wollen mit unserer Aktion alle Bauernmärkte motivieren, diesen perfekt geeigneten Ersatz zum Plastik zu verwenden und wir haben bisher beste Erfahrungen mit dem umweltfreundlichen Verpackungsmaterial gemacht. Das bestätigen die vielen  positiven Rückmeldungen unserer Kunden.

 

NL: Sie sind auch im Energiebereich sehr nachhaltig unterwegs. Aus Überzeugung?

Herzog: Holz ist ein sehr wertvolles Gut, das viele Verwertungsmöglichkeiten hat. Vom Holzbau über die wohlige Wärme bis zur Verstromung. Die Bedeutung einer sicheren Versorgung mit sauberer Energie wird stark wachsen. Ich glaube, dass in unseren Bauernwäldern noch viel Wertschöpfungspotential vorhanden ist. Natürlich muss auch der Preis passen, damit der Bauern in den Wald geht. Ich schätze die Arbeit der Waldwirtschaftsgemeinschaften, denn auch im Forstbereich sind die Bündelung des Angebotes und ein starker Auftritt am Markt ein wichtiger Einkommensfaktor.

 

NL: Angebot und Nachfrage machen den Preis. Brauchen wir weitere Regulative?

Herzog: Wir haben viel zu viele Regulative, die den Bauern das Leben schwer machen und zu wenig Regeln in Bereichen, in denen sie sinnvoll wären, wie im Bereich der Produkt- und Herkunftskennzeichnung. Wir brauchen mehr Praktiker in den politischen Entscheidungsgremien.

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