„Wir haben sogar Büros neu eröffnet“

von Karlheinz Lind

GRAWE-Generaldirektor Klaus Scheitegel über Digitalisierung, mehr Schäden durch Wetterextreme und einen starken Landwirtschaftsbezug.

NEUES LAND: Sie stehen nun seit zweieinhalb Jahren an der Spitze der GRAWE. Wo lagen in dieser Zeit die größten Herausforderungen?

Klaus Scheitegel: Seit dieser Zeit beschäftigen wir uns intensiv mit den Bereichen technischer Fortschritt, Klimawandel und Finanzmärkte. Die Veränderungen in diesen Bereichen beeinflussen auch unsere tägliche Arbeit. Dabei haben wir versucht, unsere Prozesse zu optimieren und alle Kunden anzusprechen. So hat etwa der voll digitale Kunde, der alles online abwickelt, genauso Platz wie jene Versicherten, die den persönlichen Kontakt ihres Betreuers sehr schätzen. Wir haben in der Steiermark sogar Büros neu eröffnet und keine geschlossen.

 

NL: Als international tätiger Konzern liegt der Unternehmenssitz der GRAWE in Graz. Welche Bedeutung hat die Landeshauptstadt für das Unternehmen?

Scheitegel: Eine ganz wesentliche. Wir wissen aus unserer Geschichte heraus, wo wir herkommen. Graz bietet für uns ein optimales Umfeld. Als Universitätsstadt finden wir gut ausgebildete Mitarbeiter für unser Unternehmen. Weiters ist in unserem Firmenlogo das steirische Landeswappen enthalten, das auch alle Tochterfirmen im Osten und Süden Europas verwenden. Die Leute sollen erkennen, dass wir ein steirisches Unternehmen mit Sitz in Graz sind. Weiters verwenden wir trotz Internationalisierung Deutsch als Konzernsprache. Das bringt auch für unsere Kunden viele Vorteile mit sich. Hat man etwa in Kroatien einen Autounfall, kann auf Deutsch korrespondiert werden.

 

NL: Wetterextreme wie Starkregen, Hagel oder Stürme häufen sich in Bezug auf Intensität und Auftreten. Wie reagiert man als Versicherer darauf?

Scheitegel: Wir legen unsere Schwerpunkte auf zwei Bereiche. Durch Aufklärung versuchen wir unsere Kunden zu sensibilisieren und die Eigenverantwortung zu stärken. Außerdem bedienen wir uns ausgeklügelter Warnsysteme, wie etwa dem sogenannten ‚Hora-System‘. Doch eines ist klar, die Schäden steigen. Im Bereich Sturmschäden hatten wir innerhalb eines Jahres eine Steigerung von 15 Millionen auf 21 Millionen Euro und bei Schneedruckschäden hatten wir von Oktober 2018 bis Oktober 2019 eine Steigerung von beeindruckenden 42 Prozent.

 

NL: Werden sich somit die Prämien in Zukunft erhöhen?

Scheitegel: Eines sage ich gleich vorweg, Geschäfte mit der Angst machen wir nicht. Derzeit steigen die Prämien noch nicht, da wir einerseits längere Betrachtungsräume haben und andererseits diesen Abgang durch andere Bereiche ausgleichen. Wir müssen jedoch mehr für Nachhaltigkeit und Klimaschutz machen.

 

NL: Welche Bedeutung spielt die Landwirtschaft in ihrem Unternehmen?

Scheitegel: Wir sind aus einem Grundbedürfnis der heimischen Landwirtschaft heraus entstanden – Stichwort Feuerversicherung. Somit ist die Landwirtschaft unser Rückgrat. Außerdem kommen viele unserer Kundenberater aus dem landwirtschaftlichen Bereich. Unsere Mitarbeiter müssen nämlich die Sprache unserer Kunden sprechen. Und Bauern verstehen Bauern eben besser. Außerdem sind wir in der Steiermark der Traktorversicherer Nummer eins.

 

NL: Ein Teil des Unternehmens widmet sich Immobilien. Welchen Stellenwert hat dieser Bereich?

Scheitegel: Das ist ganz wichtig für uns. Wir verstehen uns als Lebensbegleiter unserer Kunden und wollen deshalb auch leistbares und nachhaltiges Wohnen bieten. Außerdem ist es auch ein Teil unserer Geschäfts- und Veranlagungspolitik.

 

Zur Person

  • Klaus Scheitegel ist seit 2017 Generaldirektor der GRAWE. Der gebürtige Leobener hat in Graz Jus studiert.
  • 1993 startete Scheitegel seine Karriere bei der GRAWE in Graz. Zwischen 2006 und 2013 war Scheitegel bei der GRAWE in Slowenien.
  • Die GRAWE Group beschäftigt über 4600 Mitarbeiter in 13 zentral-, ost- und südosteuropäischen Ländern.

Foto: Archiv

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