Was ist ein Nebenerwerbsbauer?

von Karl Brodschneider

Was steckt hinter dem Begriff „Nebenerwerbsbauer“? Ist das eine eigene Form des Bauer-Seins, ein Zukunfts- oder Auslaufmodell?

 

Mit den Ergebnissen der jüngsten Agrarstrukturerhebung ist im Frühsommer zu rechnen. Zuletzt fand diese statistische Auswertung vor zehn Jahren als Vollerhebung statt. 2013 und 2016 gab es jeweils eine Stichprobenerhebung. Die Agrarstrukturerhebung liefert wertvolle Informationen, welche die Strukturverhältnisse in der österreichischen Land- und Forstwirtschaft darstellen. Demnach gab es 2016 in Österreich insgesamt 162.018 land- und forstwirtschaftliche Betriebe. Von diesen wurden 89.352 als sogenannte Nebenerwerbsbetriebe geführt. In der Steiermark gab es 36.534 Betriebe. Diese teilten sich in 11.245 Haupterwerbs- und 22.167 Nebenerwerbsbetriebe auf. Dazu kamen noch 2251 Personengemeinschaften und 870 juristische Personen.

Was ist eigentlich ein Nebenerwerbsbetrieb? Zum einen ist das ein Betrieb, in dem das Betriebsinhaberehepaar weniger als 50 Prozent der gesamten Arbeitszeit im landwirtschaftlichen Betrieb tätig war. Eine andere Definition spricht von einem Betrieb, in dem das Einkommen des Betriebsinhabers aus außerlandwirtschaftlicher Tätigkeit höher ist als das Einkommen aus dem Betrieb selbst.

Nachhaltigkeitsmerkmale

Roman Bruckner, Direktor der Land- und forstwirtschaftlichen Fachschule Kirchberg am Walde, möchte die Diskussion über den Nebenerwerbsbauern und das, was er beziehungsweise sie leistet, neu anregen. Er wehrt sich vehement dagegen, wenn man Nebenerwerbslandwirte als „Auslaufmodell“ oder „Luxusinvestierer“ sieht und verleiht ihnen drei Nachhaltigkeitsmerkmale. Ökonomisch betrachtet stärken sie die Wirtschaftskraft der Regionen, ergänzen Einkommen und bieten oft Nischenprodukte an. Ökologisch erbringen sie wertvolle Leistungen, weil sie oft Kleinstflächen bewirtschaften, seltene Rassen und oft den Streuobstbau erhalten. Ihre soziale Bedeutung zeigt sich in der Mitgestaltung des Dorflebens, in der Nutzung der traditionellen Bausubstanz und der Stärkung des Bauernstandes in Regionen, wo schon sehr viele aufgehört haben.

Bruckner – er ist selbst Nebenerwerbsbauer und bewirtschaftet einen kleinen Betrieb mit insgesamt zwölf Hektar – stellt immer wieder fest, dass die monetären Argumente für die Nebenerwerbsbauern meist nicht im Vordergrund stehen. Viel wichtiger sind ihnen die Freude an der Landwirtschaft, der Fortbestand des Bauernhofes, das Arbeiten in der Natur sowie die Tatsache, selbst sein eigener Chef zu sein. „Man tut es einfach gern und sieht darin einen Ausgleich und in meinem Fall wertvolle praktische Erfahrungen für meinen Hauptberuf“, sagt der Fachschuldirektor.

Aber nicht alles ist eitel Wonne. Für die Bewirtschaftung seiner Flächen hat ein Nebenerwerbsbauer oft ein kleines Zeitfenster. Daher geschieht vieles am Wochenende, weshalb man auch vom „Sonntagsbauer“ spricht. „Gegen diesen Begriff habe ich mich lange gewehrt, aber ab und zu geht es nicht anders“, gesteht der Oststeirer. Er selbst nimmt gerne die Dienste des Maschinenrings in Anspruch. „Natürlich habe ich auch eigene Maschinen, die ich aber gebraucht gekauft habe, um Kosten zu sparen.“ Auch die Sozialversicherungsbeiträge sind ein schwieriges Thema, das bei Nebenerwerbsbauern zur Belastung werden kann. Den wirtschaftlichen Druck spüren die Nebenerwerbsbauern nicht so stark wie die Vollerwerbsbetriebe, weil ihr Einkommen aus mehreren Bestandteilen besteht. Im Jahr 2018 hat die Fachschule Kirchberg am Walde erstmals einen „Nebenerwerbstag“ abgehalten. „Damit wollten wir beitragen, dass der Nebenerwerbslandwirtschaft mehr Beachtung geschenkt wird“, betont Bruckner und überlegt eine Nachfolge-Veranstaltung. 

Sehr inhomogene Gruppe

Peter Hüttig

Peter Hüttig ist im BB-Landesvorstand der Vertreter der Nebenerwerbsbauern.

Der Nebenerwerbsbauernvertreter im Bauernbund-Landesvorstand, Peter Hüttig, weiß um die Besonderheit dieses Themas: „Das ist eine sehr inhomogene Gruppe. Der eine Teil bewirtschaftet seine Flächen aus tiefster Überzeugung und mit großer Freude. Der andere Teil ist nur mehr Grundbesitzer. Außerdem finden sich unter den Nebenerwerbsbauern alle nur denkbaren Sparten und auch alle Betriebsgrößen.“ In die Zukunft blickend, ist er überzeugt: „Egal ob man im Zu- oder Nebenerwerb tätig ist, die Arbeit muss sich wirtschaftlich lohnen. Wenn nichts übrigbleibt, wird das bei der Generationenfolge zum Problem.“

 

Beitragsfotos: Brodschneider/VP Wundschuh

 

 

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