Von der Fleischweihe bis zur Maiandacht

von Karl Brodschneider

Bei den Kapellen, Bildstöcken und Wegkreuze kommen die Menschen auch gerne zusammen, um Brauchtum zu pflegen. Das reicht von der sogenannten Fleischweihe über die Maiandacht bis hin zu Prozessionen.

 

Rund um die Kapellen, Bildstöcke und Wegkreuze spielt sich viel Brauchtum ab. Der Höhepunkt erfolgt garantiert am Karsamstag, wenn zur Segnung der Osterspeisen – im Volksmund auch „Fleischweihe“ genannt – geladen wird. In jeder Pfarre kommt es bei vielen Kleindenkmälern zu einem wahren Bevölkerungsaufmarsch. „Das Zusammenkommen mit Menschen aus der unmittelbaren Umgebung ist den Leuten sehr wichtig“, weiß auch Pfarrer Robert Strohmaier vom Seelsorgeraum Südsteirisches Weinland zu berichten. Eva Heizmann von der Volkskultur Steiermark ergänzt: „Laut Schätzungen der Diözese Graz-Seckau nehmen landesweit alljährlich etwa 350.000 Menschen an der Osterspeisensegnung teil.“ Augenzwinkernd fügt sie hinzu: „Angeblich schmeckt das Osterfleisch noch besser, wenn es gesegnet ist.“

Auch bei der im Privatbesitz der Familie Krenosz stehenden Moikhanslkapelle in der Marktgemeinde St. Stefan im Rosental findet eine Fleischweihe statt. Vor etwa 45 Jahren wurde damit begonnen. „Zu uns kommen fast ausschließlich die Bewohner der näheren Umgebung“, berichtet die Bäuerin Maria Krenosz. Interessant ist ihre Feststellung: „Früher waren es meist ein oder zwei Personen aus den einzelnen Häusern, die mit ihrem Speisenkorb zu unserer Kapelle kamen. Jetzt sind es oft schon drei oder vier Personen, die dabei sein wollen.“ Auch wenn die Osterspeisensegnung in wenigen Minuten vorbei ist, bleiben viele Menschen noch da und reden miteinander.

Start bei der Kapelle

Die Moikhanslkapelle in Rohrbach ist zudem der Ausgangspunkt eines anderen Brauches. „Bei der Feldersegnung gehen die Leute um 6 Uhr von unserer Kapelle weg. Das Ziel ist die Lichendorfer Ortskapelle, wo dann eine Stunde später das Wetteramt gefeiert wird“, erzählt Maria Krenosz und fügt an: „Nachher werden alle zu einem gemütlichen Z`sammsitzen eingeladen.“

Überhaupt wird bei Bitt- und Fronleichnamsprozessionen – mancherorts schon bei Palmprozessionen – Station bei Bildstöcken und Wegkreuzen gemacht. Bei der Fronleichnamsprozession werden die einzelnen Stationen häufig mit jungen Birken geschmückt und kleine Altäre vorbereitet.

Die Flurdenkmäler spielen auch bei einem anderen religiösen Brauch eine bedeutende Rolle, nämlich beim Maibeten. Vielerorts werden im Mai zu Ehren der Gottesmutter Maria in Dorfkapellen oder rund um Bildstöcke Maiandachten abgehalten. Auch am Bauernhof des Hengsberger Bürgermeisters Hans Mayer findet alljährlich die Maiandacht statt. Hier versammeln sich die Gläubigen am Sonntagabend rund um das Hofkreuz. „Nachher gibt es einen kleinen Umtrunk. Die Leute schätzen das sehr“, erzählt Mayer. Maiandachten gibt es in der Steiermark schon seit der Mitte des 19. Jahrhunderts.

Vor allem in der warmen Jahreszeit ist der Platz rund um eine Dorfkapelle als Veranstaltungsort sehr beliebt. Da sich Dorfkapellen oftmals im Gemeinschaftsbesitz befinden, trachten die Dorfrichter, Agrargemeinschaften oder Kapellenvereine danach, mit den Einnahmen aus solchen Feiern die laufenden Betriebskosten zu finanzieren. Weiters finden bei vielen Kapellen auch Kräuter- und Pferdesegnungen statt. Und im Advent werden vor Kapellen oft auch Weihnachtsbäume aufgestellt.

Dreimal Läuten

Einen festen Platz im Alltagsleben nimmt auch das Kapellengeläute ein. Normalerweise wird – in Anlehnung an das Angelusgebet – um 6, 12 und 18 Uhr geläutet. Vielerorts hat sich das Läuten in der Früh und am Abend um eine Stunde nach hinten verschoben. Heute sind schon fast alle Kapellen mit einem elektrischen Läutwerk versehen, aber noch vor 30, 40 Jahren war das händische Läuten gang und gäbe. Zu den traditionellen Läutzeiten kommt das „Zügenläuten“ hinzu. Wenn jemand in der Ortschaft gestorben ist, erfährt man diese traurige Kunde oft durch das Bimmeln der Kapellenglocke.

 

Beitragsfoto: Traby 

 

 

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