Sie ist die einzige Chefin im Land

von Karlheinz Lind

 Lucia Steinbauer ist die einzige Kommandantin einer Freiwilligen Feuerwehr in der Steiermark. Im Interview mit NEUES LAND erzählt sie über diese verantwortungsvolle Aufgabe.

NEUES LAND: In der Steiermark gibt es über 2000 aktive Feuerwehrfrauen. Wie geht es einer Frau, noch dazu als Führungskraft, in einer nach wie vor von Männern dominierten Welt? Spürt sie Vorurteile oder auch Vorteile?

Kommandantin Lucia Steinbauer: Gleich am Anfang möchte ich eines klarstellen: Mir geht es gut in der sogenannten Feuerwehr-Männerwelt. Jeden Tag spüre ich die Herzlichkeit in unserer Wehr, und alle arbeiten mit Begeisterung mit. Nun bin ich doch schon seit acht Jahren an der Spitze der Freiwilligen Feuerwehr St. Kathrein am Offenegg und kann mich auf jedes unserer 75 Mitglieder zu 100 Prozent verlassen.

NL: Gerade Frauen sind im beruflichen Umfeld und in der Familie sehr gefordert. Wie bringen Sie all das unter einen Hut?

Steinbauer: (lacht) Ich habe großes Glück, da auch mein Mann Sepp bei unserer Freiwilligen Feuerwehr ist und unsere beiden Kinder bereits erwachsen sind. Bis vor zwei Jahren erhielt ich auch noch große Unterstützung durch meine Schwiegermutter, die für uns kochte. Leider ist sie nun ein Pflegefall, hier hilft eine 24-Stunden-Pflege aus.Beruflich bin ich als Kanzleileiterin der Steirischen Wirtschafts-treuhand in Weiz tätig. Da werden es zwar jede Woche mehr als 40 Stunden, dafür bin ich aber in der Zeiteinteilung sehr flexibel. Ich rücke bei jedem Sirenenalarm mit aus.

NL: Apropos Einsatz, wo hatten Sie bis jetzt Ihre größte He-rausforderung?

Steinbauer: Da gibt es leider zwei ganz tragische Fälle: Im September 2011 wurden wir zu einem Verkehrsunfall im Ort gerufen. Ein junger Mann war mit seinem Auto in einen Bach gestürzt. Als wir zum Unfallort kamen, sahen wir, dass es ein guter Bekannter aus dem Ort war. Nach der Bergung aus dem Bach versuchte der Notarzt noch, das Leben des Burschen zu retten, leider ohne Erfolg. Das Gespräch mit der Familie verlangte mir sehr viel ab. Und im April 2007 wurden wir ebenfalls zu einem Verkehrsunfall gerufen. Hier trug der Verunglückte schwere Folgeschäden davon, ich bin noch heute mit der Mutter des Unfallopfers in Kontakt.

NL: Agieren Frauen im Einsatz anders als Männer?

Steinbauer: Ich glaube schon. Meinem Gefühl nach sind wir in Extremsituationen viel ruhiger. In unserer Wehr gibt es kein lautes Wort, alle wissen was sie zu tun haben. Grundlage dafür ist sicher eine perfekte Ausbildung, auf die bei uns großer Wert gelegt wird. Ich muss mich darauf verlassen können, dass jeder Handgriff sitzt.

NL: Glauben Sie, dass Frauen in Zukunft bei den Feuerwehren eine wichtigere Rolle spielen werden?

Steinbauer: Meist beginnt das Problem im Alter von 16 bis 17 Jahren. Dort ändern sich die Interessen der jungen Mädchen, die bei der Feuerwehr sind. Ausbildung und danach Familiengründung erschweren die Feuerwehrarbeit. Doch später gibt es wieder freies Zeitpotential, das die Feuerwehren dringend benötigen. Gerade im Verwaltungsbereich, der ständig größer wird, haben Frauen großes Zukunftspotential. Um nicht zu sagen, oft sind sie unverzichtbar.

NL: Abschließend: Entsprechen die Uniformen auch dem weiblichen Geschmack?

Steinbauer: Wir tragen fast immer Hosen und unsere Firmen, die uns mit Feuerwehrkleidung ausstatten, haben ja auch Kleidung mit Frauenschnitten. Deshalb ist das wirklich kein Problem.

 

Zur Person

Lucia Steinbauer (53) ist seit acht Jahren Kommandantin der Freiwilligen Feuerwehr St. Kathrein am Offenegg. 75 Kameraden stehen unter ihrer Führung. Seit dieser Zeit wurde das Rüsthaus neu errichtet und ein Lkw mit Kran zur Autobergung angeschafft. Kameradschaft steht in der Wehr an oberster Stelle.

Als ältestes von neuen Kindern stammt die begeisterte Feuerwehrfrau von einem Bauernhof ab. Heute lebt sie gemeinsam mit Gatten Sepp in St Kathrein am Offenegg. Ihr besonderer Stolz gilt den beiden Kindern Silvia (33) und Mario (34) sowie ihren beiden Enkelkindern. Die gelernte Bilanzbuchhalterin engagiert sich auch in der Pfarre und ist Gemeinderätin.

 

 

 

 

Lucia Steinbauer wird für ihr Engagement in der Gemeinde sehr geschätzt.   Fotos: privat

 

 

Als Kommandantin hat die begeisterte Feuerwehrfrau ihre 75 Feuerwehr-Mitglieder fest im Griff.

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