Ackerbauberater Karl Mayer gibt wichtige Tipps für den erfolgreichen Frühjahrsanbau. Einige Grundregeln müssen eingehalten werden.
NEUES LAND: Hohe Treibstoffkosten und eine begrenzte Verfügbarkeit von Handelsdünger bestimmen den heurigen Frühjahrsanbau. Vor welchen Herausforderungen stehen die steirischen Bäuerinnen und Bauern?
Karl Mayer: Da müssen wir unterscheiden. Derzeit steht der Sommergetreideanbau an. Dafür herrschen nun perfekte Bedingungen. Das Motto: je früher desto besser. Die Oberflächen sind gut abgetrocknet und die Winterfeuchtigkeit hält sich darunter. Bis Ende März kann in den südlichen Regionen Sommergetreide angebaut werden, damit man zufriedenstellende Erträge erzielen kann. Im steirischen Oberland ist es auch noch in den April hinein möglich. Wird zu spät angebaut, leidet die Bestockung darunter. Für eine gute Wurzelausbildung darf die Saatstärke nicht zu hoch sein. 400 Ähren pro Quadratmeter sind die Obergrenze. Bei der Getreidesaat zählt die Präzision. Gerade bei den unregelmäßigen Niederschlagsverteilungen kommt der Ablagetiefe eine besondere Bedeutung zu, da sich dadurch die Wurzelausbildung verbessert.
NL: Und wie sieht es dann bei Mais, Soja, Kürbis und Co aus?
Mayer: Die derzeitigen Wetterverhältnisse können wir nun schon seit einigen Jahren beobachten. Es ist lange relativ kalt und trocken, aber dann geht es schnell. Es ist, wie wenn man einen Schalter umlegt und die Temperaturen erreichen 20 Grad Celsius. Gerade bei Mais hat sich ein Anbauzeitpunkt zwischen 7. und 20. April bewährt. Das Wichtigste dabei ist, das trockene Verhältnisse herrschen. Diese Tatsache und eine präzise Technik in punkto Tiefenführung und Ablagegenauigkeit entscheiden über den Erfolg bei der Ernte. Nicht genau abgelegte Saatkörner können extreme Ertragsminderungen verursachen. Leider achten viele Landwirte viel zu wenig darauf. Vielleicht freut man sich über einen Ertrag von 13.000 Kilogramm Trockenmais pro Hektar, aber bei mehr Genauigkeit wären 15.000 oder gar 16.000 Kilogramm möglich gewesen. Bei den derzeitigen Maispreisen brauche ich dazu nichts mehr sagen.
Die gleichen Kriterien gelten auch beim Sojaanbau. Soja hat sich in den letzten Jahren als äußerst frühsaatverträglich erwiesen. Er ist fast unempfindlicher als Mais. Ab dem 10. April kann somit mit dem Anbau gestartet werden. In unzähligen Versuchen hat sich dieser Saattermin als optimal erweisen, was den Eiweißgehalt sowie das 1000-Korn-Gewicht betrifft. Probleme können aber zu kühle Temperaturen beim Blütenansatz verursachen. Hier werden diese zum Teil abgeworfen.
NL: Die hohen Treibstoffkosten treiben den Bauern ebenfalls die Sorgenfalten ins Gesicht. Gibt es hier Einsparungspotential?
Mayer: In den vergangenen Jahren ist dieser Faktor nicht so stark ins Gewicht gefallen. Dies hat sich nun geändert. Man muss klar sagen: jeder Zentimeter Bearbeitungstiefe mehr kostet Treibstoff. Meist ist das Pflügen ja schon im Herbst passiert. Jetzt im Frühjahr ist jeder Arbeitsschritt ausschlaggebend. So müssen etwa Winterbegrünungen eingearbeitet werden, was nicht zu tief geschehen soll. Trotzdem ist eine Mindesttiefe notwendig. Genau hier ist große Sorgfalt gefragt. Arbeitet man zu tief, bringt man festere Bodenschichten an die Oberfläche. Die müssen dann energieaufwendig, meist mittels Kreiselegge, wieder verfeinert werden.
NL: Ist nun guter Rat teuer?
Mayer: Es gibt ein übergeordnetes Ziel und das ist die Ertragsoptimierung. Wenn der Einsatz einer Kreiselegge notwendig ist, um ein gutes Saatbeet zu erreichen, dann sollte dies auch durchgeführt werden. Denn die Optimierung des Ertrages rechtfertigt den Einsatz trotz höherer Treibstoffpreise.
NL: Warum sind die Düngermittelpreise so enorm gestiegen? Ist genug verfügbar?
Mayer: Im Vergleich zum Vorjahr hat sich der Preis für Mineraldünger mehr als verdreifacht. Man muss sich vor Augen führen, dass Erdgas – für die Düngerherstellung besonders wichtig – sich von 10 Euro pro Megawattstunde auf derzeit über 200 Euro verteuert hat. Nicht nur im Preis liegt das Problem, sondern auch in der Verfügbarkeit. Bereits im Jänner hat die Landwirtschaftskammer den Bäuerinnen und Bauern geraten, Handelsdünger zu bestellen. Wen man das nicht getan hat, kann man vor der Tatsache stehen, dass der benötigte Dünger eventuell nicht mehr verfügbar ist.
Der Ukraine-Krieg hat die schwierige Situation zusätzlich massiv verschärft. Man muss sich vorstellen, dass derzeit doppelt so viel Gas durch die Ukraine-Pipeline in die EU kommt als vor dem Krieg. Würde diese Leitung beschädigt werden, wären die Folgen fatal.
NL: Macht es Sinn, den Düngereinsatz zu reduzieren?
Mayer: Bei den Grunddüngungen mit Phosphor, Kali, Spurenelementen und Kalk kann man in der Versorgungsstufe C sicher etwas einsparen. Trotzdem ist die Unterfußdüngung mit Phosphor bei Mais – gerade bei kalten Böden – sehr wichtig für den Ertrag. Mein Tipp ist, die Stickstoffdüngung der gesetzlichen Norm entsprechend durchzuführen. Denn bei Stickstoff kann man nicht sparen, ohne den Ertrag massiv zu senken. So bedeuten etwa 30 Kilogramm Reinstickstoff weniger bei Mais eine Ertragsminderung von rund 1500 Kilogramm.
NL: In der Steiermark gibt es ja viele Veredelungsbetriebe. Bringt ihnen der Wirtschaftsdüngereinsatz Vorteile?
Mayer: Das Wichtigste bei Wirtschaftsdünger, meist Gülle, ist die effiziente Nutzung. Dazu gibt es unzählige Versuche. Es muss jedem klar sein, dass es beim Einsatz von Wirtschaftsdüngern eine Wirkungsverzögerung gibt. Weiters sollen Ausgasungsverluste so gut als möglich vermieden werden. Deshalb soll Gülle so gleichmäßig wie möglich ausgebracht und so rasch als möglich eingearbeitet werden. Gerade die Ausbringung bei hohen Temperaturen führt zu massiven Verlusten. Eine bodennahe Ausbringung, am besten im Schlitzverfahren, kann hier Abhilfe schaffen.
NL: Immer wieder weisen Sie auf die Wichtigkeit der Präzision im Ackerbau hin. Hat das wirklich so eine große Bedeutung?
Mayer: Auf jeden Fall. Würde in der Steiermark das ganze technische Potential ausgenutzt werden, können Mehrerträge in der Höhe von 10 bis 20 Prozent eingefahren werden. Zumindestens bei Mais. Das beginnt schon bei der Saat. Bereits hier ist eine genaue Kontrolle der Ablagetiefe und Ablagegenauigkeit der Saatkörner ausschlaggebend. Das Gleiche gilt für den Pflanzenschutz und die weitere Düngung. Und ich wiederhole es nochmals: bei diesen Maispreisen spielt der Ertrag eine wesentliche Rolle.
NL: Wird sich aufgrund der Düngermittelpreise das Anbauverhältnis bei den Kulturarten ändern?
Mayer: Ich erwarte mir in der Steiermark keine wesentlichen Anbauveränderungen. Es wird bei Soja eine leichte Flächenausweitung geben. Im Burgenland und in Niederösterreich, also in reinen Ackerbaubetrieben, wird sicherlich mehr Soja angebaut, um Mineraldünger zu sparen. Durch die starke Veredelungswirtschaft in unserem Bundesland ist die Fruchtfolge ja fast schon vorgegeben, die auf stickstoffzehrende Kulturarten basiert.
NL: In den letzten Wochen war Niederschlag in den südlichen Landesteilen Mangelware. Wirkt sich das bereits negativ aus?
Mayer: Ich habe bereits sehr viele Flurbegehungen hinter mir und kann nur sagen, dass es auf mittleren und schweren Böden bei Wintergetreide derzeit noch kein Problem mit der Wasserversorgung gibt. Es ist sogar die Bestockung der Bestände, die in den nächsten Wochen erfolgt, nicht in Gefahr. Bei leichten Böden gibt es Probleme, wenn das Wintergetreide im Herbst des Vorjahres zu spät oder bei feuchten Verhältnissen gesät wurde.
Für den Frühjahrsanbau gebe ich den Tipp, mit präziser Sätechnik und bei trockenen Bodenverhältnissen zu arbeiten. Wenn das Saatkorn optimal abgelegt wird, kann es auch gleich den Bodenschluss finden und mit den Wurzeln die Feuchtigkeit aus tieferen Schichten aufnehmen.
Zur Person
- Karl Mayer (58) ist Ackerbauexperte in der Landwirtschaftskammer Steiermark.
- Nach seinem Pflanzenbaustudium an der BOKU in Wien startete er beim LFI mit einem Bodenerosionsprojekt im ehemaligen Bezirk Feldbach seine Berufskariere.
- In einem gemeinsamen Projekt mit der OMV war der vierfache Familienvater für die Bodenverbesserung bei der Gastrasse zuständig.
- Umfangreiches Versuchswesen, gemeinsam mit der Versuchsanstalt Hatzendorf, prägt seine Arbeit.
- Mayer ist verheiratet und wohnt in Hartensdorf. Zu seinen Hobbys zählen Skifahren, Laufen und Lesen.
Beitragsfoto: Lind