Bereits seit vielen Jahren beschäftigt sich Oberförster Helmut Fladenhofer erfolgreich mit der Verbesserung von Auerwild-Lebensräumen.
NEUES LAND: Das Auerwild löst bei vielen Menschen, nicht nur bei Jägern, große Faszination aus. Wie hat sich die Populationen bei Ihnen am Rosen- und Reinischkogel in den letzten Jahrzehnten entwickelt?
Helmut Fladenhofer: Wir beschäftigen uns seit Generationen mit dem Auerwild und können eine sehr interessante Entwicklung der Auerwildpopulation beobachten und auch belegen. Durch die forstlichen Eingriffe mit Bedacht auf die Bedürfnisse des Auerwildes hat sich der Bestand verbessert und die Anzahl der Auerhühner ist eindeutig gestiegen. Mehr Licht in die Wälder bringt Zuwächse bei Fauna und Flora. Durch den Klimawandel hat sich auch der Lebensraum verändert, die Vegetationszeit beginnt früher und verschiedene Pflanzen- und Tierarten „wandern“ weiter nach oben.
NL: Was ist so besonders am Auerwild?
Fladenhofer: Seit meiner Kindheit bin ich mit Auerwild in Kontakt, mit vier Jahren konnte ich mit meinem Vater dem ersten Auerhahn näherkommen. Die Faszination Auerwild ist wie ein Virus, vor allem wenn man auch den Lebensraum bewirtschaften darf und mitverfolgen kann, wie das Auerwild auf die Veränderungen reagiert. Das Besondere daran ist, dass es unsere Aufgabe ist, dem Auerwild wieder auf die Schwingen zu helfen, um diese Art in unseren Wäldern zu erhalten. Darum sind Aktionen wie die Modellregion Auerwild im Bezirk Deutschlandsberg von großer Wichtigkeit, um die Lebensräume auf Bezirksebene und weiter auf Landesebene zu vernetzen.
NL: Was kann man sich unter dem Begriff Modellregion Auerwild eigentlich vorstellen?
Fladenhofer: Bereits im Jahr 2018 hat die Steirische Landesjägerschaft die Modellregion Auerwild ausgerufen. Es handelt sich dabei um ein Projekt mit dem Ziel, die Auerwildbestände wieder zu erhöhen. Dabei wurden bei uns im Bezirk in Absprache mit dem Bezirksjagdamt alle Auerwildvorkommen erhoben. Leider mussten wir feststellen, dass sie nahezu in allen Regionen gesunken sind. Wir haben im Revier Forstverwaltung Franz Meran am Rosenkogel rund 60 Hahnen, die aber genetisch verarmen. Deshalb spielt der Begriff Trittstein eine wesentliche Rolle.
NL: Was meinen Sie mit dem Begriff Trittstein?
Fladenhofer: Wissenschaftliche Untersuchungen in unserem Revier haben gezeigt, dass Hennen und Hahnen einen Aktionsradius von rund fünf Kilometer haben. Das heißt, dass es in diesem Umkreis wieder ein passender Lebensraum, also ein auerwildfreundliches Habitat, geben muss. Dann kann der Hahn oder die Henne dorthin abstreichen – also hinfliegen – und sich mit anderen Populationen genetisch austauschen. So versuchen wir, dass sich das Auerwild über die Revier- und Bezirksgrenzen hinaus wieder genetisch austauschen kann.
NL: Wo gibt es in der Steiermark diese Modellregionen?
Fladenhofer: Wir waren im Bezirk Deutschlandsberg sicher Pioniere. Die Modellregionen wurden überall ausgerufen, wo Auerwildbestände vorkommen.
NL: Wie geht man als Grundbesitzer am besten vor, wenn man seinen Wald auerwildfreundlicher gestalten will?
Fladenhofer: Grundsätzlich nimmt man mit dem zuständigen Bezirksjagdamt Kontakt auf. Bei uns im Bezirk begutachte ich die Flächen und gebe Bewirtschaftungstipps weiter. Dazu zählen neben der Waldhygiene – das sogenannte Fratten – auch die Förderung von Laubholz, Lärche und Kiefer, das Durchforsten und das Anlegen von Flugschneisen für das Auerwild. Besondere Bedeutung kommt der Randliniengestaltung zu. Diese sollte geschwungen sein, um nicht sogenannte Jagdschneisen für das Raubwild zu schaffen. Auch das Mulchen von Forststraßen bringt für das Auerwild große Vorteile. Dort tummeln sich viele Insekten, die gerade für die Kücken lebenswichtig sind.
NL: Gibt es dafür eine finanzielle Abgeltung?
Fladenhofer: Wir begutachten die Arbeiten auf den betroffenen Flächen. Wurde alles ordnungsgemäß durchgeführt, gibt es eine Aufwandsentschädigung. In der Landesjägerschaft hat man dafür Geld bereitgestellt.
NL: Wie sieht das Interesse an dieser Maßnahme im Bezirk Deutschlandsberg aus?
Fladenhofer: Ich bin sehr positiv überrascht. Insgesamt sechs Flächen von unterschiedlichen Grundbesitzern konnten auerwildfreundlich gestaltet werden. Das Interessante dabei ist, dass es jeweils drei Jäger und drei Nichtjäger waren. Und erste Erfolge konnten bereits erzielt werden. Auf den betroffenen Flächen wurden wenig später bereits Hahnen gesichtet beziehungsweise Losung und Federn gefunden.
NL: Der Begriff Biodiversität ist derzeit ja in aller Munde. Wer profitiert noch von den Lebensraummaßnahmen für das Auerwild?
Fladenhofer: Wir konnten durch Diplomarbeiten den Auerwild-Lebensraum auch dahingehend untersuchen, um zu schauen, wer noch von den forstlichen Eingriffen profitiert. Besonders herausragend ist die Entwicklung der Ameisenvölker. In einem Zeitraum von 15 Jahren hat sich die Anzahl der Ameisenburgen von 97 auf 1240 Stück vervielfacht. Neben Specht, Rehwild und Habichtskauz fühlen sich viele Tierarten im Auerwildlebensraum wohl.
NL: Wie sieht es in Ihrem Revier eigentlich mit dem Birkwild aus?
Fladenhofer: Bis 1985 hat es am Rosen- und Reinischkogel noch rund 15 Hahnen und 15 Hennen gegeben. Durch Aufforstung und fehlende Beweidung – kurz zuvor wurde in vielen Regionen die Waldweide eingestellt – gibt es nun kein Birkwild mehr bei uns. Anders sieht es in höheren Lagen in der Steiermark aus. Dort hat die Beweidung einen sehr positiven Effekt auf das Birkwild, die Bestände sind teilweise sogar gestiegen.
Zur Person
- Helmut Fladenhofer (58) ist bereits seit 35 Jahren Förster bei der Forstverwaltung Franz Meran in Stainz.
- Der gebürtige Ennstaler hat die Forstschule in Bruck absolviert und engagiert sich bereits seit Jahrzehnten mit der Verbesserung von Lebensräumen für das Auerwild.
- Fladenhofer ist verheiratet, Vater von drei Söhnen und zu seinen Hobbys zählen das Fotografieren, die Jagd, das Musizieren und Theaterspielen.
- Weiters engagiert sich Fladenhofer als Wald- und Jagdpädagoge.
Beitragsfoto: Lind