Landwirt und Vizebürgermeister Karl Brandner aus Kleinsölk über den Jahrhundert-Schnee, zu viel Milch und Lehren für die Zukunft.
NEUES LAND: Gerade die Region rund um Sölk, Kleinsölk und St. Nikolai im Sölktal hat besonders stark unter den Folgen des Rekordschnees der letzten Wochen gelitten. Wie haben Sie die Situation erlebt?
Karl Brandner: Grundsätzlich können wir in unserer Region relativ gut mit großen Schneemengen umgehen. Es gibt bekannte wiederkehrende Lawinen, die uns regelmäßig zwischen zwei und vier Tagen von der Umwelt abschneiden. So lange haben auch die meisten Betriebe und Haushalte alles Lebensnotwendige auf Vorrat. Doch heuer war die Situation sicherlich außergewöhnlich. Diese anhaltende Schlechtwetterfront hat uns Schneehöhen beschert, an denen sich nicht einmal ältere Menschen in unserer Gemeinde erinnern können.
NL: Mit welchen Herausforderungen hatten Sie und die Betroffenen zu kämpfen?
Brandner: Unser Betrieb selbst war nie ganz von der Außenwelt abgeschnitten. Die Bewohner der Katastralgemeinde St. Nikolai im Sölktal waren hingegen am stärksten betroffen. Insgesamt 13 volle Tage gab es keine Verbindung zur Außenwelt. So wurden nicht nur Lebensmittel knapp, auch 20 landwirtschaftliche Betriebe waren abgeschnitten und konnten weder die produzierte Milch abtransportieren noch Futtermittel zuliefern lassen. Auch eine ärztliche Versorgung gab es nicht mehr.
NL: Wie hat man darauf reagiert?
Brandner: Wir hatten besondere Angst, dass Landwirte auf eigene Faust ihre Milch trotz Lawinengefahr aus dem Tal bringen. Das wäre sehr gefährlich gewesen. Deshalb haben wir sofort beim Land Steiermark um Unterstützung angesucht. Unsere Milchbauern haben noch während der Sperre die Information erhalten, dass sie für die nicht gelieferte Milch einen Entschädigungszahlung erhalten. Für uns Bauern ist es ja außergewöhnlich schwierig, Lebensmittel wie etwa die produzierte Milch wegzuschütten. Leider ging es bei manchen Betrieben jedoch nicht anders, da diese viel produzieren und nicht alles selbst verarbeiten oder als Tränke für ihre Kälber verwenden konnten.
NL: Wie sah es mit der Energieversorgung in diesen Wochen aus?
Brandner: Unser Elektroversorgungsunternehmen hat bereits seit Jahren alle Trassen der Stromleitungen großzügig freigehalten. Das kam uns diesmal zugute, es gab hier keine größeren Probleme. Nur der Treibstoff wurde bei manchen Bauern knapp, da ja jede Menge Schnee von den Straßen und Hofflächen zu räumen war.
NL: Hat sich die Lage nun beruhigt?
Brandner: Es hat sich alles einigermaßen wieder normalisiert, die Lawinengefahr ist zurückgegangen. Nur mit einer Ausnahme: derzeit werden noch zwei Höfe von einer Gleitschneelawine bedroht. Die Häuser sind evakuiert und die Bauern dürfen nur zur Fütterung auf den Hof. Auch hier hoffen wir, dass mit Baggern die Gefahr so schnell als möglich gebannt werden kann.
NL: Was hat man in der Region aus diesen letzten Wochen gelernt? Worauf wird man verstärkt achten müssen?
Brandner: Meiner Meinung nach werden wir uns in Zukunft vermehrt auf solche extremen Wetterereignisse einstellen müssen. Lange Schlechtwetterperioden werden öfter eintreten und somit auch unser Vorratsdenken beeinflussen. Wir müssen schauen, dass wir gerade im Winter für bis zu 14 Tagen alles Notwendige zu Hause haben.
Zur Person
Karl Brandner vulgo Köck aus Kleinsölk ist Landwirt und Vizebürgermeister der Gemeinde Sölk. Er betreibt gemeinsam mit seiner Gattin einen Grauvieh-Milchbetrieb und Almwirtschaft. Der vierfache Familienvater ist Landeskammerrat, Obmannstellvertreter des steirischen Almwirtschaftsvereins und Mitglied der örtlichen Lawinenkommission.
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