Claudia Sperl, Obfrau der ARGE Murauer Bergbauern über die enorme Trockenheit, zu wenig Grundfutter und Forderungen an die Politik.
NEUES LAND: Fehlende Niederschläge stellen viele landwirtschaftliche Betriebe im Bezirk Murau vor enorme Herausforderungen. Womit kämpfen die Betroffenen am meisten?
Claudia Sperl: Uns belastet nicht nur eine extreme Futterknappheit, auch die Wasserversorgung wird zu einem großen Problem. Viele Bergbauernbetriebe sind nicht an das öffentliche Wassernetz angeschlossen, da sie zu weit sind. Wenn hier die eigenen Quellen ausgehen, muss Wasser zugeführt werden. Bei uns ist auch schon die Feuerwehr im Einsatz, um die Bauernhöfe mit dem wertvollen Nass zu versorgen.
NL: Wie kam es zu dieser dramatischen Situation?
Claudia Sperl: Bereits seit über einem Jahr gab es bei uns keinen länger anhaltenden Landregen mehr. Und dies wirkt sich natürlich auf die Quellen aus. Auch die großen Schneemengen des vergangenen Winters – wie etwa im Ennstal – blieben bei uns aus. Das heurige Frühjahr war ebenfalls weit trockener als sonst. Und die Summe dieser Faktoren hat die Krise ausgelöst.
NL: Muss man sich um die Grundfutterversorgung Sorgen machen?
Sperl: Ja auf jedem Fall. Bereits der erste Schnitt fiel heuer um rund ein Viertel geringer aus als sonst. Und derzeit sind wir gerade bei der zweiten Mahd und da sieht es noch viel schlimmer aus. Wir rechnen alleine auf unserem Betrieb mit zwei Drittel weniger Heu. 60 Prozent weniger sind es bei den meisten Betrieben. Und es trifft nicht nur unseren Bezirk, entlang des ganzen Murtals haben die Bauern mit Einbußen zu kämpfen. Und dieses Futter wird uns im Winter abgehen.
NL: Wie reagieren Sie auf diese Futterknappheit?
Sperl: Als Obfrau der Arbeitsgemeinschaft Murauer Bergbauern versuche ich gemeinsam mit dem Maschinenring Grundfutter aufzutreiben. Dafür haben wir bereits bei anderen Maschinenringen angefragt. Bei konventionellen Betrieben ist das Problem leichter lösbar, da es Futtermittel zu kaufen gibt. Bei den „Zurück zum Ursprung“-Betrieben ist das alles jedoch wesentlich schwieriger. Diese benötigen Bio-Heu in passender Qualität und das ist fast nicht erhältlich. Tragisch wäre es, wenn wir wertvolles Zuchtvieh verkaufen müssten, da wir zu wenig Futter haben.
NL: Könnte es andere Lösungen geben?
Sperl: Ja, auf jeden Fall. Wir fordern von der Politik, notwendige Rahmenbedingungen zu schaffen. Eine Möglichkeit wäre, Bio-Umstellungsware als Futtermittel in dieser Ausnahmesituation zuzulassen oder dass wir einen gewissen Prozentsatz an konventionellen Futter einsetzen dürfen. Weiters appellieren wir an die Solidarität anderer Bauern, den Futterpreis nicht unrealistisch in die Höhe zu treiben. Teilweise spricht man bei uns schon von einem Heupreis zwischen 30 und 50 Cent pro Kilogramm. Leider kann auch eine Risikoversicherung den Schaden nicht abdecken. Die Grünlandsätze der Österreichischen Hagelversicherung sehe ich als zu gering an.
NL: Wie wird man in Zukunft mit solchen Situationen umgehen müssen?
Sperl: Werden die trockenen Phasen in Zukunft weiterhin anhalten, sehe ich die Situation äußerst dramatisch. Für viele große Betriebe kann diese Futterknappheit zur Existenzbedrohung werden. Gerade für unsere Heumilch-Biobetriebe wird es ganz schwierig werden.
Zur Person
Claudia Sperl bewirtschaftet mit ihrem Gatten Günter einen Bio-Milchviehbetrieb auf über 1000 Meter Seehöhe in Mariahof. Auch Urlaub am Bauernhof wird angeboten. Seit rund acht Jahren steht die vierfache Mutter der ARGE Murauer Bergbauern als Obfrau vor. Sie vertritt somit die Interessen von über 850 Mitgliedsbetrieben.
Beitragsfoto: privat