Bauer der Woche: Martin Temmel

von NEUES LAND

In einem Folienhaus mit Fischbecken erzeugt Martin Temmel Fisch und Gemüse. Das Gemüse wurzelt im nährstoffreichen Fischwasser, die Wurzeln tragen dabei zur Reinigung des Wassers bei. Porträt verfasst von Roman Bruckner.

 

Eigentlich ist Martin Temmel aus Timmersdorf bei Traboch ein studierter Musiker und Musikschullehrer. Er war sogar zehn Jahre lang als Profimusiker mit der bekannten Gruppe „Global Kryner“ in ganz Mitteleuropa unterwegs. Als sich die Gruppe 2013 auflöste, kehrte er wieder auf den elterlichen Hof heim. Der Betrieb war von den Eltern schon viele Jahre zuvor stillgelegt worden, weil er zu klein für die Milchviehhaltung geworden war und viele Pachtflächen an die Autobahn verloren gegangen waren. Als zukünftigen Hoferben hat es ihn sehr beschäftigt, was er mit seinem Erbe machen könnte.

„Ein guter Freund hat mich auf die Aquaponik aufmerksam gemacht und die Fische haben mich schon immer interessiert“ erinnert er sich. Danach ist eine Zeit der Information und Kursteilnahme gefolgt. Im Jahr 2020 hat er dann alles innerhalb von einem Jahr auf die Beine gestellt: Bau der Fischanlage, Umbau des Wirtschaftsgebäudes für Verkauf, Verarbeitung und Heizanlage und dazu noch ein Frisörgeschäft für die jüngere Schwester direkt neben dem Hofladen. 2021 sind die ersten Welssetzlinge gekommen. Ein halbes Jahr später hat der Verkauf begonnen. Heute funktioniert die Fischerzeugung sehr gut. Das Gemüse entwickelt sich langsam, ist aber auch gut nachgefragt.

Warum Wels?

Warum eigentlich Wels und nicht Forelle oder Karpfen? „Der Wels ist ein Knochenfisch und hat keine Gräten, das macht ihn sehr beliebt bei den Konsumenten“, erklärt Martin Temmel. „Sein Fleisch ist fest, vergleichbar mit Hühnerfleisch. Es ist schmackhaft und zerfällt nicht beim Kochen und Braten. Weil der Wels wenig Platz bracht und das Wasser 25 Grad haben muss, passt er sehr gut in das Folienhaus.“ Im Winter wird das Folienhaus mit der eigenen Hackschnitzelanlage geheizt. Die Anlage besteht aus acht Becken, wobei jeweils zwei miteinander gekoppelt sind. In einem sind die Fische, im anderen wächst das Gemüse, das direkt im Wasser wurzelt, ohne festen Boden. Das Wasser wird im Kreislauf gepumpt und dabei von einem Bakterienfilter und von den Pflanzenwurzeln gereinigt. Die Fische werden mit einem speziellen Welsfutter gefüttert.

Schlachttag

Alle zwei Wochen werden 100 bis 150 Fische, die vorbestellt sind, geschlachtet.  Es werden Filets und Räucherfischaufstrich angeboten. An einigen Tagen im Jahr gibt es auch Leberaufstrich. 95 Prozent werden von den überzeugten Stammkunden ab Hof geholt. Der Rest geht in die gehobene Gastronomie und zu einigen Bauernläden. Aus den Schlachtabfällen macht der innovative Klimaschützer seit kurzem Hunde- und Katzenfutter, das bei den Vierbeinern äußerst begehrt ist. Bei der ganzen Verarbeitung und Vermarktung wird er sehr stark von den Eltern unterstützt.

Das Gemüse lässt sich im Hofladen gut mitvermarkten. Angebaut werden die typischen Sommergemüse, aber keine Wurzelgemüse und Kohlgewächse. Es wächst sehr gut im Wasser und braucht bisher weder Düngung noch Pflanzenschutz.

Zwei Tage in der Musikschule

Bis jetzt kann der innovative Obersteirer noch nicht von seiner Aquaponik im Vollerwerb leben, aber es ist sein Ziel, das zu erreichen. Derzeit arbeitet er noch zwei Tage in der Musikschule. Es muss auch noch Zeit bleiben für den Sport, der ihm sehr wichtig ist. Laufen, Berg- und Skitouren sind seine Leidenschaft. Seine Lieblingsspeise ist natürlich Wels, aber eigentlich mag er fast alles und kocht auch gerne selber.

Sein nächstes Projekt ist der Dachausbau im Elternhaus, wo er dann mit Freundin einziehen möchte. Für die Zukunft wünscht er sich eine gute Betriebsentwicklung und Konsumenten, welche die Qualität seiner Produkte und deren ökologische Erzeugung schätzen.

 

Zur Person

Martin Temmel (39) wohnt in Hauptstraße 31, 8772 Timmersdorf. Er hat Fischbecken für Welszucht im Folienhaus und betreibt Direktvermarktung von Welsprodukten und Gemüse. Es gibt eine eigene Wärmeversorgung über eine Hackschnitzelheizung. Die landwirtschaftlichen Flächen bleiben vorerst verpachtet, 18 Hektar Wald werden selbst bewirtschaftet.

www.aquafarm-temmel.at

 

 

 

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