Bezirksbäuerin Margarethe Auer von Graz und Umgebung über den Sinn von Gemeinschaftserlebnissen und die Situation der Bäuerinnen.
NEUES LAND: Der Bezirksbäuerinnentag von Graz und Umgebung war dieser Tage einmal mehr ein großes Ereignis mit vielen Besucherinnen. Es wurde geehrt, ausgezeichnet, gebildet und auch eifrig diskutiert – welche Bedeutung hat das für Sie?
Margarethe Auer: Für mich und auch all die anderen Bäuerinnen hatte diese Veranstaltung – wie auch der Besuch zeigt – eine sehr große Bedeutung. Es ist ganz wichtig, einmal das Bäuerin sein zu zelebrieren und Gemeinschaft so richtig zu genießen. Umso mehr, als den Bäuerinnen selbst das ganze Jahr über aufgrund ihrer hohen Arbeitsbelastung sehr wenig Zeit dafür bleibt.
NL: Zum Stichwort „hohe Arbeitsbelastung“. Wie sehr ist die Bezirksbäuerin in ihrer Tätigkeit mit diesem Thema konfrontiert?
Auer: Es ist ständig präsent, denn es geht – gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wie diesen – den Bäuerinnen nicht wirklich gut. Umso notwendiger ist es, dass sie auch jemanden haben, der ihre Situation versteht und bei dem sie die Möglichkeit haben, ihren Kummer von der Seele zu reden. Es ist einfach so, dass derzeit zahlreiche Betriebe nur mit ungeheurem Einsatz und extrem viel Arbeit überleben können. Und das trifft meistens die Frauen ganz besonders.
NL: Wie wird das aus Ihrer Sicht weitergehen?
Auer: Ich fürchte, dass längerfristig noch mehr Männer in den Nebenerwerb gehen müssen und damit noch mehr Frauen noch größere Lasten zu tragen haben.
NL: Wo sind denn da aus ihrer Sicht die Grenzen?
Auer: Die sind vielfach längst überschritten, weil Frauen ja nicht nur die Verantwortung für den Betrieb tragen, sondern auch unglaublich viel an Pflegeleistung am Hof zu erbringen haben. Der damit verbundene Arbeitsaufwand zehrt an der Substanz und erzeugt das Gefühl, man wird nie mehr fertig mit allem. Ganz besonders schlimm ist es aber, wenn dieser hohe Einsatz überhaupt nicht mehr mit dem Einkommen zusammenpasst. Dann wird’s richtig bedrohlich!
NL: Aber die Rolle der Bäuerin hat doch auch ganz andere Seiten…
Auer: … die man bei all dem natürlich nicht vergessen darf. Es ist total schön, Bäuerin zu sein! Ich kenne die Arbeitswelt, war Diplomkrankenschwester und weiß daher auch die Vorteile zu schätzen. Etwa das hohe Maß an Selbstständigkeit, die freie Natur, der Jahreslauf und noch einiges mehr. Doch die Freude über all das reicht nicht. Wir brauchen unbedingt auch ein Einkommen, das stimmt.
NL: Was kann man tun, damit das Einkommen wieder stimmt?
Auer: Meistens wird nach neuen Standbeinen für den Betrieb gesucht. Aber aus der Sicht der Bäuerinnen ist auch das ziemlich problematisch, denn weitere Standbeine landen wieder auf ihren Schultern, bringen noch mehr Arbeit, erzeugen noch mehr Druck.
NL: Wie kriegt man diesen Druck weg?
Auer: Die Bäuerinnen müssen selbstbewusster werden und den kritischen Punkt erkennen, wo es für sie ohne fremde Unterstützung einfach nicht mehr geht. Sie müssen handeln, bevor es ihnen ganz die Luft abdrückt!
NL: Und wie sieht Ihre ganz persönliche Belastungssituation aus?
Auer: Ich kann mir alles gut einteilen. Und das Wichtigste: Ich lasse auch Hilfe zu.
Zur Person:
Margarethe Auer – Bezirksbäuerin von Graz und Umgebung – ist Vollerwerbsbäuerin in Kumberg im Bezirk Graz-Umgebung. Im Betrieb werden Getreide und Obst produziert, eine sehr wichtige Rolle spielt die Direktvermarktung. Man bietet unter anderem Marmeladen, Säfte, Edelbrände und auch Brot an.
Foto: kk