Weinbaudirektor Werner Luttenberger über das Weinjahr 2020 und über die Folgen der Corona-Pandemie für die heimischen Weinbauern.
NEUES LAND: Seit 1. März kommen die steirischen DAC-Gebietsweine des Jahrgangs 2020 auf den Markt, Anfang Mai folgen dann die DAC-Orts- und Riedenweine. Herr Luttenberger, was lässt sich über den Weinjahrgang 2020 sagen?
Werner Luttenberger: Vorausschicken möchte ich, dass das Jahr 2020 nicht nur witterungsmäßig schwierig war, sondern auch was die Herausforderungen am Markt betrifft. Wir erwarten heuer einen klassisch steirischen Jahrgang mit frischer Säure und moderatem Alkoholgehalt. Die Fruchtaromatik ist sehr gut. Dafür sind wir ja bekannt. Von der Menge her haben wir 238.500 Hektoliter auf 5070 Hektar geerntet. Das ist eine Spur weniger als im Jahr 2019.
Keine Gastronomie
NL: Die Corona-Pandemie hat uns seit einem Jahr fest im Griff. Keine offenen Gastronomiebetriebe, keine Buschenschenken, keine Großveranstaltungen, keine Feste, keine größeren privaten Feiern – was heißt das für die steirischen Weinbauern?
Luttenberger: Wir haben schon im vorigen März darauf rasch reagiert und die Betriebe informiert, wie der Ab-Hof-Verkauf im Lockdown stattfinden kann und wie wir Betriebe beim Online-Verkauf unterstützen. Betriebe, die schon früher Online-Shops gehabt haben, waren im Vorteil, andere haben aber in diesem Segment nachgezogen. Summa summarum hat sich eines gezeigt. Die Betriebe, die direkt beim Kunden sind, ab Hof vermarkten beziehungsweise einen Buschenschank betreiben, haben ihre Keller ziemlich leeren können. Betriebe, die sehr stark die Stadthotellerie oder Tourismusbetriebe beliefern oder viel auf Festen vertreten sind, sitzen teilweise noch auf größeren Mengen. Aber wenn wir im heurigen Jahr die Chance haben, gut zu vermarkten, ist noch nichts passiert. Da kommt uns sicher auch das DAC-System zugute. Dadurch haben wir einen Zeitpolster. Weine, die später in die Flasche kommen, sind viel lagerfähiger.
Einkaufsverhalten
NL: Hat sich bei den Weinkonsumenten im Einkaufsverhalten etwas verändert?
Luttenberger: Wir sehen schon, dass beim Weineinkauf direkt bei den Betrieben die hochwertigen Weine verstärkt gekauft wurden. Und wir hoffen auch, dass ein Teil der Leute, die uns erst im vorigen Jahr im touristischen Bereich entdeckt haben, weil sie zum Beispiel nicht ans Meer fahren konnten, wiederkommen. Das bringt uns auf Dauer sicher einen Vorteil.
NL: Heuer war es im Februar zwei Wochen lang schon ungewöhnlich warm. Zeichnet sich da ein Problem ab?
Luttenberger: Nein! Solange es in der Früh reift, treiben die Rebstöcke noch nicht an. Ich erwarte mir momentan, dass die ersten Reben so um den 10. April spitzeln werden. Das passt. Dann kommt es dann darauf an, wie schnell der Austrieb vor sich geht. Die Wasserversorgung im Winter war sehr gut.
NL: In der jüngsten Zeit ist in diversen Medienberichten immer wieder vom Ausverkauf der steirischen Weingegend die Rede. Stimmen Sie dem zu?
Luttenberger: Diese Entwicklung ist in der Südsteiermark und in Ansätzen auch schon in der Weststeiermark und im Vulkanland spürbar. Wenn etwas verkauft wird, haben bäuerliche Familien oft keine Chance mehr, es zu erwerben, weil die Nachfrage so stark ist. Ich denke, dass die bäuerlichen Betriebe in bäuerlicher Hand bleiben sollen, sodass das Handwerk im Vordergrund steht. Ich hoffe, dass das im Rahmen bleibt.
Zur Person
Anfang März feierte Werner Luttenberger den 60er. Seit 1984 ist er in der LK Steiermark tätig und begann als Weinbau- und Betriebsberater in der Bezirkskammer Leibnitz. Im Jahr 2000 wurde er Weinbaudirektor. Er ist verheiratet. Tochter Beatrix ist derzeit steirische Weinprinzessin. Er bewirtschaftet in Gamlitz einen 1,4 Hektar großen Weingarten.
Beitragsfoto: Brodschneider