Matthias Bischof, Obmann der Rinderzucht Steiermark, über aktuelle Themen in der Rinderzucht, Vermarktung und Jugendarbeit.
NEUES LAND: Mit rund 5700 Betrieben ist die Rinderzucht Steiermark die mitgliederstärkste Genossenschaft. Warum ist diese Organisation für die Mitglieder so attraktiv?
Matthias Bischof: Ziel unserer Genossenschaft ist es, Zucht, Besamung und Vermarktung zu bündeln, um geschlossen auftreten zu können. Der aus meiner Sicht wichtigste Punkt dabei ist aber, dass erwirtschaftetes Kapital immer im Eigentum unserer Mitgliedsbetriebe bleibt und damit die bäuerliche Eigenständigkeit bewahrt wird.
NL: Nach der Fusionierung der steirischen Zuchtverbände im Jahr 2002 und der Eingliederung des Holsteinzuchtverbandes 2009 feiert die Rinderzucht Steiermark im nächsten Jahr ihr 20-jähriges Bestehen in dieser Form. Hat sich dieser wichtige Schritt gelohnt?
Matthias Bischof: Es ist mir ein großes Anliegen, den Wegbereitern der Rinderzucht Steiermark meinen Dank auszusprechen. Auch dieser Weg war von so manchen Gegenwind gekennzeichnet. Es war jedoch eine Generation am Werk, die sehr vorausschauend gehandelt hat. So wären die verschiedenen Verbände schlicht und einfach gegenwärtig nicht mehr leistbar.
NL: Bei der letzten Generalversammlung haben Sie mit der Aussage „Zucht und Besamung müssen in bäuerlicher Hand bleiben“ aufhorchen lassen. Wie haben Sie das gemeint?
Bischof: Unsere Bäuerinnen und Bauern bestimmen mit ihrer Zuchtarbeit den zukünftigen Weg ihrer Betriebe. Mit dem im bäuerlichen Besitz stehenden Besamungsunternehmen GENOSTAR haben wir auch die notwendige Drehscheibe, um diesen Zuchterfolg national, aber auch international zu positionieren. Es ist heute mit den wissenschaftlichen Methoden durchaus möglich, Betriebe von der Zuchtarbeit abzukoppeln und diesen nur mehr den Status des Produktempfängers zu geben. Unsere klare Aufgabe ist es daher, die Betriebe am Erfolg der gemeinsamen Zuchtarbeit zu beteiligen und darüber hinaus die Basis für zukunftsfähige Familienbetriebe zu schaffen.
NL: In der Genossenschaft werden Zuchtprogramme konsequent mit der Nutzung moderner Zuchtmethoden umgesetzt. Wo sehen Sie die größten Meilensteine der letzten Jahre?
Bischof: Die Einführung der genomische Selektion in den Jahren 2010 und 2011 war ein solcher Meilenstein. Und mit der Umsetzung von Single Step zehn Jahre danach ist es nun erstmals möglich, Gesundheitsmerkmale in der Zuchtwertschätzung mitzuerfassen. Wir arbeiten dabei sehr eng mit der Wissenschaft zusammen und ich möchte die Gelegenheit auch nutzen, dieser meinen Dank auszusprechen.
NL: Wie würden Sie die steirische Zuchtarbeit im internationalen Vergleich einschätzen?
Bischof: Es sind wohl der Fleiß unserer Zuchtbetriebe und das sehr konsequent umgesetzte Zuchtprogramm, welches uns im internationalen Vergleich möglich macht, ganz vorne dabei zu sein. So gelingt es uns immer wieder – in Relation zu unserer Größe – eine höhere Zahl an genetisch wertvollen Tieren auf unseren Mitgliedsbetrieben zu haben. Am Beispiel Fleckvieh haben wir mit der Familie von Engelbert Sitka im Jahr 2020 österreichweit den Sieger gestellt und gleichzeitig waren auch weitere fünf Betriebe unter den Top zehn. Mit Geschäftsführer Peter Stückler haben wir aber auch im operativen Bereich einen international anerkannten Fachmann, dem es immer wieder gelingt, wissenschaftliche Erkenntnisse praxistauglich umzusetzen.
NL: Eine wesentliche Aufgabe der Rinderzucht Steiermark ist auch die Rindervermarktung. Wie haben sich die Zahlen in den letzten Jahren entwickelt?
Bischof: Als tragende Säule haben sich die Nutzrindermärkte etabliert. Die mit dem Neubau in Traboch verbundene Zielsetzung von 10.000 vermarkteten Nutzrinder wird im heurigen Jahr nochmalig um 1000 Stück übertroffen werden. Die Auftriebszahlen bei den Zuchtrinderversteigerungen sind gleichbleibend und bei den Exporten sind wir stark auf die internationale Nachfrage angewiesen. Dabei ist es nicht immer leicht, auch wenn wir alle Hausaufgaben erledigt haben, mit den Gesetzen des Marktes umzugehen. Essentiell für uns ist die Gewährung der Ankaufsbeihilfe durch unseren Landesrat Hans Seitinger.
NL: Trotz Corona-Pandemie konnten die Vermarktungsveranstaltungen weitergeführt werden. Welche Herausforderungen waren dabei zu bewältigen?
Bischof: Die Herausforderungen im Bereich der Corona-Pandemie waren vielfältig und werden von unseren Mitgliedsbetrieben, aber auch von unseren Mitarbeitern mitgetragen. Wurden beim ersten Lockdown noch die Viehverkehrsscheine direkt durch die Fensterscheibe abgegeben, so setzen wir derzeit bei all unseren Veranstaltungen die 2,5 G-Regel um. Es können zwar alle Betriebe ihre Tiere anliefern, in die Vermarktungsgebäude erhält jedoch nur der Zutritt, der die Voraussetzungen dafür erfüllt. Mein Dank gilt dabei aber auch unseren Landesrat, aber auch Präsident Franz Titschenbacher. Beide haben einen wesentlichen Anteil daran, dass es nie zu einem Stillstand gekommen ist.
NL: Neben allen bisher erwähnten Dienstleistungen spielt die Beratung ebenfalls eine große Rolle. Welche Schwerpunkte wurden beziehungsweise werden in Zukunft gesetzt?
Bischof: Im Bereich der Beratung ist es notwendig, alle Themen anzusprechen und mit den Betrieben gemeinsame Zielsetzungen zu erreichen. Dabei wollen wir auch die gesellschaftlichen Erwartungen an die Rinderhaltung mit einbauen. Das Erzielen von Lebensleistungen, einer höheren Abkalbequote, Fitnesswerte, aber auch der Bereich des Tierwohls sind somit ständig Parameter unserer Arbeit.
NL: Viele Organisationen haben mit Nachwuchssorgen zu kämpfen. Wie geht es Ihnen in Ihrer Genossenschaft mit diesem wichtigen Thema?
Bischof: Mit der Etablierung der Jungzüchterclubs gibt es ein wichtiges Bindeglied Richtung Nachwuchs. Wer schon einmal bei einem Jungzüchtercup dabei war, kann von der großen Begeisterung, die unsere bäuerliche Jugend mit ihren Rindern an den Tag legt, erzählen und dabei unvergessliche Momente voller Emotionen erleben. Bei der Ausschreibung von Stellen haben wir auch das Glück, dass wir eine große Zahl an Bewerbungen erhalten und dabei immer wieder großartige junge Menschen kennenlernen dürfen.
Zur Person
- Matthias Bischof ist verheiratet, hat zwei Kinder und führt mit seiner Familie einen Milchvieh- und Forstbetrieb in Oberwölz.
- Sohn Matthias ist bereits erfolgreich im Betrieb tätig.
- Im Jahr 2019 wurde er zum Obmann der Rinderzucht Steiermark gewählt.
- Bischof ist Landeskammerrat und Fraktionssprecher des Steirischen Bauernbundes.
Beitragsfoto: Musch