Landesschulinspektor Johannes Hütter über Schülerzahlen, neue Direktoren und den Umgang mit Corona in den Landwirtschaftsschulen.
NEUES LAND: Beginnen wir mit den aktuellen Zahlen! Wie viele Burschen und Mädchen besuchen heuer unsere landwirtschaftlichen Fachschulen?
Johannes Hütter: Wir haben heuer 2527 Schüler. Das sind im Vergleich zum Vorjahr zwar um knapp 50 Schüler oder zwei Prozent weniger, aber das ist eine ganz normale Schwankungsbreite.
NL: Hat sich bei den Schulstandorten und Direktoren etwas geändert?
Hütter: Die Anzahl der Schulstandorte ist zwar mit 22 unverändert, aber es hat sich etwas verschoben. Die Fachschule für Land- und Ernährungswirtschaft Oberlorenzen ist mit der Fachschule für Land- und Forstwirtschaft Hafendorf zu einem Ausbildungszentrum zusammengelegt worden. Peter Ansperger ist als Direktor für beide Schulen zuständig. Aber weil die Schule Oberlorenzen noch als eigener Standort existiert, gibt es dort eine Abteilungsvorstehung und das macht Susanne Niederberger. Die Schulkooperation Großwilfersdorf-Hatzendorf, wo Direktor Franz Patz zuständig war, ist mit der Leiter-Nachbesetzung zerteilt worden. Der neue Leiter der Fachschule Hatzendorf ist Rupert Spörk, die neue Leiterin für Großwilfersdorf ist Martina Teller-Pichler. Damit ist Großwilfersdorf wieder ein eigenständiger Schulstandort. Die Fachschule Kirchberg am Walde hat mit Wolfgang Fank einen neuen Leiter und Nachfolger von Roman Bruckner bekommen. Und in der Fachschule Grottenhof übernahm Maria Leitner die Administration von Andreas Reisenhofer, der in die Landespersonalvertretung gewechselt ist.
Lehrermangel?
NL: In den letzten Monaten ist der Lehrermangel im Schulbereich ein Thema gewesen. Wie schaut diesbezüglich die Situation bei den steirischen Fachschulen aus?
Hütter: Wir haben das Glück, dass wir die Lehrer, die wir brauchen, bekommen haben. Aber diese Lehrer – das sind heuer 27 – haben nicht alle eine abgeschlossene pädagogische Ausbildung. Uns kommt in der Steiermark zugute, dass es unser Dienstrecht ermöglicht, Leute mit Berufserfahrung als Lehrer anstellen zu dürfen, wenn sie berufsbegleitend eine pädagogische Ausbildung machen. Aber es war heuer erstmals der Fall, dass sich nach der ersten Ausschreibung für den Fachschul-Bereich weniger Leute beworben haben, als es Stellen gegeben hat. Das hat zur Folge gehabt, dass wir Ausschreibungsfristen verlängert haben.
NL: Macht sich auch der Arbeitskräftemangel in der Wirtschaft im landwirtschaftlichen Schulwesen irgendwie bemerkbar?
Hütter: Wir nehmen schon wahr, dass der Fachkräftemangel zur Folge hat, dass Schüler nach der ersten Klasse vermehrt aufhören und einen Lehrberuf ergreifen. Von der zweiten in die dritte Klasse war das kaum der Fall. In der ersten Klasse haben wir landesweit etwa 1000 Schüler, in der dritten Klasse sind es rund 750.
NL: Das heißt, dass Firmen Schüler nach der ersten Klasse mit attraktiven Angeboten richtig abgeworben haben, oder?
Hütter: Ja, da ist die Wirtschaft sehr erfinderisch und spricht die Schüler ganz direkt an. Aber ich sehe das nicht negativ. Sinn und Zweck einer Schule ist es ja, die Jugend so auszubilden, dass sie ein selbständiges Leben führen und sich im Berufsleben bewähren kann. In diesem Zusammenhang möchte ich aber auch betonen, dass wir schon längst auf die neuen Herausforderungen durch Zusatzausbildungen im land- und ernährungswirtschaftlichen Bereich reagiert haben. Da spielt neben der Ausbildung zur Office Assistentin, Heimhelferin und Kinderbetreuerin auch die Pflegeausbildung eine wichtige Rolle. Jährlich werden 120 Pflegeassistenten in den Schulen St. Martin, Stein, Maria Lankowitz, Hartberg, Gröbming und Feistritz gemeinsam mit den Gesundheits- und Krankenpflegeverantwortlichen ausgebildet.
Umgang mit Corona
NL: Corona hat in den letzten zweieinhalb Jahren den Schulbetrieb massiv beeinträchtigt – speziell im Unterricht und in der Praxis. Blicken Sie den nächsten Monaten wieder mit großen Sorgen entgegen?
Hütter: Nein! Erstens sind wir im Vergleich zu früher darauf wesentlich besser vorbereitet. Zweitens haben wir eine ganze andere Routine im Umgang damit und drittens gehe ich davon aus, dass es zu keinem flächendeckenden Lockdown mehr kommt. So gesehen ist es kein großes Thema.
NL: Welche Erfahrungen im täglichen Schulbetrieb hat man aus der Corona-Zeit in den jetzigen Schulalltag mitgenommen?
Hütter: Man hat den Wert des Präsenzunterrichtes erkannt und verwendet auch im Präsenzunterricht digitale Medien anders als früher. Sehr gut gefällt mir, dass als Folge von Corona die digitale Vernetzung zwischen Lehrern, Schülern und Eltern massiv zugenommen hat und beibehalten wird.
NL: Wie stark werden Angebote in der Erwachsenenbildung angenommen, also Angebote in der berufsbegleitenden Ausbildung zur Erreichung des Facharbeiterbriefes?
Hütter: Dieses Angebot wird nach wie vor sehr gut angenommen. Die Ausbildungsqualität wird von den Absolventen immer sehr gelobt. Aktuell haben wir 180 Personen in diesem System und bieten solche Ausbildungen in den Fachschulen Grottenhof, Kirchberg am Walde, Hatzendorf, Stainz und Kobenz an. Und wenn man es ganz genau nimmt, dann muss die neue gärtnerische Ausbildung in Großwilfersdorf eigentlich auch dazu gezählt werden.
Bauprojekte
NL: Was sind im landwirtschaftlichen Schulwesen in der Steiermark aktuell die größten Bauprojekte?
Hütter: Die größte Baustelle im landwirtschaftlichen Fachschulwesen ist jene in Grottenhof. Da hoffen wir stark, dass die neue Schule in eineinhalb Jahren bezugsfertig ist. Daneben laufen noch kleinere Bauvorhaben wie zum Beispiel in Vorau oder in Hatzendorf, wo der Schlachthof und die Lebensmittel-Verarbeitung neu aufgestellt werden. Laut Plan ist dann das nächste große Projekt jenes in Hafendorf. Dort soll gemeinsam mit der Stadtgemeinde Kapfenberg ein Schulzentrum entstehen und durch die Zusammenführung mit der dreijährigen Fachschule Oberlorenzen werden auch neue Klasen, Internats- und Praxisräume geschaffen.
NL: Apropos Internat – werden Internate von den jungen Menschen noch gerne angenommen?
Hütter: Das ist recht interessant. In der Fachrichtung Landwirtschaft werden sie sehr gerne angenommen und sind im heurigen Schuljahr komplett voll. Das hat es eigentlich noch nie gegeben, dass wir keine freien Betten und Zimmer mehr haben. Wir haben heuer in der Fachrichtung Landwirtschaft 50 Internatsschüler mehr als im Vorjahr. In den Fachschulen für Land- und Ernährungswirtschaft war die Anzahl der Internatsschüler immer auf einem niedrigeren Niveau. Ich sehe da aber keinen eklatanten Rückgang.
Zur Person
Der gebürtige Fürstenfeld Johannes Hütter (59) absolvierte die HBLA Raumberg. Danach erfolgte in Wien-Ober St. Veit seine Ausbildung zum Landwirtschaftslehrer. Im Jahr 2010 wechselte Hütter nach 27-jähriger Lehrer-Tätigkeit in der Land- und forstwirtschaftlichen Fachschule Hatzendorf in die Schulaufsicht und wurde drei Jahre später Landesschulinspektor. Hütter ist verheiratet, Vater von drei erwachsenen Kindern und wohnt am landwirtschaftlichen Betrieb seiner Frau in der Marktgemeinde Ilz.
Beitragsfoto: Brodschneider