Armin Deutz, Amtstierarzt in Murau und Sachverständiger für Veterinärwesen, über den Wildbretmarkt und die Direktvermarktung in Corona-Zeiten.
NEUES LAND: Die Corona-Krise macht auch vor der heimischen Jagd nicht halt. Welche Auswirkungen gibt es auf dem Wildbretmarkt?
Armin Deutz: Gastronomie und Hotellerie sind wichtige Abnehmer für heimisches Wild. Durch die Corona-Krise fiel dieser Absatzweg fast komplett weg. Die Lager sind noch mit Tiefkühlware gefüllt, das frische, heimische Wildbret drängt mit Mai auf den Markt und die Konkurrenz aus dem Ausland ist stark. Viele Wildbrethändler kaufen daher sehr zögerlich ein und als logische betriebswirtschaftliche Konsequenz sinkt der Preis.
Alternativen finden
NL: Was bedeutet das konkret für die einzelnen Jagdgesellschaften?
Deutz: In einigen Revieren wird versucht, die Abschüsse etwas hinauszuzögern. Das funktioniert aber nur bedingt, weil irgendwann die Abschusszahlen erfüllt werden müssen. Es ist auch noch unklar, wie lange diese Situation andauern wird und ob die Gastronomie überhaupt noch ihr übliches Potential erreicht. Für viele Jäger ist der Absatz über den Wildbrethändler sehr bequem. Werden die schlechteren Preise nicht akzeptiert, müssen Alternativen gefunden werden.
NL: Welche Alternativen könnten das sein?
Deutz: In Österreich gibt es etwa 130.000 Jägerinnen und Jäger. Im Durchschnitt produziert jeder von ihnen etwa 30 Kilogramm küchenfertiges Wildbret pro Jahr. Es geht hier also um überschaubare Mengen und viele könnten einfach selbst verstärkt zum Wildbret greifen. Gibt es in der Jagdgesellschaft zu viel für den Eigenbedarf, liegt auch noch gutes Potential in der Direktvermarktung. Im Schnitt verzehren Österreicher nur 0,7 Kilogramm Wildfleisch pro Kopf und Jahr, es gibt also viel Luft nach oben.
NL: Worauf müssen Jäger bei der Direktvermarktung besonders achten?
Deutz: Generell gilt bei Schalenwild, dass vom Erlegen bis zur Abgabe nicht mehr als sieben Tage verstreichen dürfen. Eine kundige Person muss das Stück untersucht haben, das Fleisch muss auf unter sieben Grad Celsius gekühlt werden und darf nicht tiefgekühlt sein. Danach gibt es unterschiedliche Vorgaben, beispielsweise ob das Stück in der Decke (Anm. d. Red. mit Fell) oder zerlegt abgegeben wird. Fleischerzeugnisse wie Selchwaren, die länger als sieben Tage in der Produktion benötigen, sind bei der Lebensmittelbehörde zu melden und fallen nicht mehr unter die Direktvermarktung.
NL: Welche Tipps haben Sie für Konsumenten von Wildbret?
Deutz: Es existieren teils immer noch Fehlinformationen, nach denen man Wildbret angeblich immer beizen müsste. Das kommt aus einer Zeit mit fehlenden Kühlmöglichkeiten und ist falsch. Die Zubereitung ist nicht schwieriger als bei anderen Fleischarten – Angst davor ist also unbegründet. Das Fleisch sollte allerdings nicht zu stark gewürzt werden und es gilt Finger weg von gekauften Fertigwürzen für Wild. Es sollte außerdem schonend gegart werden, im Idealfall nicht über 140 Grad Celsius, denn es darf auf keinen Fall austrocknen.
NL: Wie wertvoll ist Wildbret aus ernährungstechnischer Sicht?
Deutz: Es hat einen interessanten Eiweiß- und Vitamingehalt, vor allem der B-Gruppe. Feldhasen haben eine auffallend hohe Menge an Omega-3-Fettsäuren, die immer wieder als besonders wertvoll angesehen werden. Ansonsten ist es nicht wesentlich gesünder als andere Fleischarten. Wild aus freier Wildbahn ernährt sich natürlich etwas anders als Farmwild. Beide sind aber qualitativ hervorragend.
Zur Person
- Armin Deutz ist Amtstierarzt in seinem Heimatbezirk Murau und Sachverständiger für Veterinärmedizin, Tierschutz, Jagd, Fütterung und Wildbret.
- Er ist außerdem Universitätsdozent für das Fach Wildtierbiologie an der Veterinärmedizinischen Universität Wien.
- Er gibt österreichweit Seminare und Kurse und verfasste acht Jagdfachbücher.
- Im Jahr 2017 verlieh ihm die Steirischen Landesjägerschaft das Goldenen Verdienstzeichen.
Beitragsfoto: Der Anblick