Gedanken zur Fastenzeit

von Karl Brodschneider

Mit dem Aschermittwoch begann die 40-tägige Fastenzeit. Was ist von der ursprünglichen Bedeutung und wohl auch Strenge dieser Zeit geblieben? Nur noch die wenigsten unter uns können sich daran erinnern, wie ernst Christen diese Zeit genommen haben. Und sie verbinden damit die Gebote und Verbote vor allem hinsichtlich des Fleischgenusses. Mancherorts erzählt man sich, dass man beispielsweise die Faschingskrapfen, die von den fröhlichen Tagen übrig geblieben waren, aufgeschnürt auf dem kalten und luftigen Dachboden bis zum Osterfest aufbewahrt hat, weil man sich gescheut hat, die im Schmalz herausgebackenen Köstlichkeiten in der Fastenzeit zu essen.

Im innerkirchlichen Sprachgebrauch ist heute von der vorösterlichen Bußzeit die Rede. Christen sollen und wollen sich auf Ostern, das Fest aller Feste, gebührend vorbereiten. Die Kirche erinnert uns an das 40-tägige Fasten Jesu in der Wüste, einem Ort der Leere, der Armut, des Hungers und des Durstes, aber auch der Freiheit und inneren Klärung. Für Jesus war es eine Zeit der Vorbereitung auf seine Sendung, den Menschen zu verkündigen: „Kehrt um, das Reich Gottes ist nahe!“

Für diese Botschaft auch heute ein offenes Ohr und Herz zu haben, lädt die Fastenzeit ein. Dabei merken wir, welch schillernde Bedeutung mit Fasten verbunden wird. Außerkirchlich boomt ein Markt von Fastenkuren, Frühjahrsdiäten, Abspeck- und Schlankheitsprogrammen. Mag sein, dass dieses und jenes mit dem Aufruf umzukehren zu tun hat. Ja, wenn dir deine Gesundheit etwas wert ist, musst du anders leben als bisher. Du musst Maß halten und den Gürtel enger schnallen. Und es wird dir gut tun, auf manches zu verzichten. Aber dass Gottes Reich nahe ist, hat wohl wenig damit zu tun.

Christliches Fasten im traditionellen Sinn hat gewiss weiterhin eine Bedeutung. Der Verzicht auf bestimmte Genussmittel, auf Alkohol, Süßigkeiten, auf Fleischspeisen am Freitag oder anderen Tagen mag spürbar sein und weh tun. Aber sollte darüber hinaus dieser Verzicht nicht durch eine neue Sinngebung ergänzt werden? Etwa durch die freiwillige Bereitschaft, Gutes zu tun? Beispielsweise bei Verzicht auf eine unterhaltsame Fernsehsendung sich bewusst für ein gutes Gespräch Zeit zu nehmen? Oder ein Stück Freizeit zu opfern zugunsten eines Engagements in der Nachbarschaft, in der Gemeinde, in der Pfarre?

Vielleicht würde das Reich Gottes, auch wenn es uns nicht gleich bewusst ist, uns dann näher rücken und die kleine Welt rings um uns ein wenig schöner sein. Und die Fastenzeit könnte zu einer Zeit vorösterlicher Freude werden.

 

Von Konsistorialrat Alois Strohmaier, Geistlicher Assistent der Katholischen Arbeitnehmerbewegung

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