Rudolf Hornich, Hochwasser-Koordinator des Landes Steiermark, zur neuen Hochwasser-Website, Bodenversiegelung und den Klimawandel.
NEUES LAND: In der Steiermark hat die Zahl der Naturkatastrophen und Überschwemmungen in den letzten Jahren massiv zugenommen. Erst Mitte September gab es in Gasen zum wiederholten Mal gewaltige Unwetterschäden. Wie sieht Ihre Zwischenbilanz aus?
Rudolf Hornich: Heuer gab es in der Steiermark schon zahlreiche Hochwasser-Ereignisse, die meist aber lokal begrenzt waren. In der Summe waren es rund 20. Auffallend ist, dass sich die Hochwasser-Saison immer mehr verlängert. Das erste Hochwasser gab es heuer schon am 16. April und das bislang letzte am 14. September in Gasen. Früher gab es solche Ereignisse vor allem in den Monaten Juli und August. Jetzt ist es schon eine sehr, sehr lange Periode mit Hochwassser-Ereignissen.
NL: Ganz neu ist die Hochwasser-Website des Landes Steiermark. Warum wurde diese geschaffen?
Hornich: Nur wer die Gefahren kennt, kann sich darauf einstellen! Für viele Steirerinnen und Steirer wird es immer wichtiger zu wissen, ob sie von einem möglichen Hochwasser-Ereignis betroffen sein könnten. Um diese Frage bestmöglich beantworten zu können, wurden alle wichtigen Daten in einer interaktiven Karte zusammengeführt. Diese Website findet man unter hochwasser.steiermark.at und sie erlaubt es den Bürgern, alle Informationen zu Hochwasserschutz und aktuellen Wetterdaten in Sekundenschnelle abzurufen.
NL: Ein Herzstück der Website ist die Frage „Bin ich gefährdet?“ Wie viele Steirer sind tatsächlich von einem möglichen Hochwasser betroffen?
Hornich: Es gibt verschiedene Hochwasserabflussbereiche. Einer davon ist der sogenannte HQ-Bereich. Dieser Wert sagt, dass eine Überflutung alle 100 Jahre auftreten kann. Im HQ 100-Bereich wohnen etwa sieben bis acht Prozent der steirischen Bevölkerung. Dazu kommen auch Hangrutschungen infolge von Starkregen, auch sie gefährden die Wohnbereiche.
Ratschläge
NL: Was raten Sie jemanden, der in einem hochwassergefährdeten Gebiet wohnt?
Hornich: Grundsätzlich gibt es verschiedene Arten, wie man sich vor einem Hochwasser schützen kann. Die Bandbreite an möglichen Schutzmaßnahmen ist groß. Sie beginnt beim Gebäudebau und schließt auch permanente oder mobile Maßnahmen am Objekt mit ein.
NL: Haben die Steirer schon realisiert, dass der Klimawandel massive Auswirkungen auf ihr Lebensumfeld hat?
Hornich: Ich glaube schon, weil in den letzten zehn Jahren hat es in der Steiermark jedes Jahr Hochwasser gegeben. Das heißt, dass diese Naturkatastrophen in den Medien immer präsent gewesen sind und daher von der Bevölkerung ernst genommen werden. Aber wir müssen die Menschen ständig darauf aufmerksam machen, weil die Vergessenheitskurve geht sehr schnell wieder nach unten, wenn es längere Zeit kein Hochwasser-Problem gegeben hat.
NL: Österreich gilt als Rekordinhaber bei der Bodenversiegelung, die auch ein Grund für Hochwasser ist.
Hornich: Ja, das stimmt! Die Bodenversiegelung führt zu verstärktem Abfluss und wird zunehmend im urbanen Raum zum Problem. Wir haben nämlich auch ein Hochwasser, das nicht aus Flüssen und Bächen kommt, sondern in Verbindung mit Starkregen und versiegelten Flächen Schäden verursacht.
Zur Person
Seit 2019 ist der Grazer Rudolf Hornich der Hochwasser-Koordinator des Landes Steiermark. Er ist Vorsitzender der Plattform „Naturgefahren der Alpenkonvention“ und Mitglied in der Arbeitsgruppe „Hochwasser“ der Europäischen Kommission.